Kundenbeschwerden bei Versicherern werden nach einer Einschätzung des Beratungsunternehmens MSR Consulting sehr unterschiedlich gehandhabt. Dabei sei ein gutes Beschwerdemanagement ein wichtiger Stellhebel zur Kundenbindung und zur Wahrung einer guten Reputation.
Aktuelle Studien von MSR Consulting hätten gezeigt, dass Kunden, die unzufrieden mit der Beschwerdeabwicklung sind, im Durchschnitt mit acht bis zehn Personen über diese Negativerfahrung sprechen.
Social Media verbreitet Negativerfahrungen weiter
Angesichts zunehmender Vernetzung über Internet und Social Media könnten sich diese Zahlen leicht multiplizieren, warnen die Berater. Oft brauche es nur einen gewichtigen Anlass und der „Shitstorm“ breche über das Unternehmen herein.
Zwar könne nicht jede Beschwerde zur vollständigen Zufriedenheit des Kunden behandelt werden. In diesem Fall sei es aber umso wichtiger, dass der Kunde sich trotzdem ernst genommen fühle und dass die Erklärung „verständlich und plausibel“ sei, erklären die Kommunikationsexperten von MSR Consulting.
Kundenperspektive bei Prozesssteuerung berücksichtigen
Darüber hinaus sei es wichtig, die Kundenperspektive bei der Steuerung der Beschwerdeprozesse mit einzubeziehen, da diese „weichen“ Faktoren sich nicht aus der internen Datenlage ableiten ließen. Die Kombination aus internen Kennzahlen und einer Beschwerdekundenbefragung liefere ein vollständiges Bild und biete Versicherern konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen. So beantworte die Erhebung auch die Frage, ob der Kunde das gleiche meine, was der Mitarbeiter in der Beschwerdebearbeitung versteht und dokumentiert.
„Bei der Klassifizierung der Beschwerdegründe kommt es oftmals zu Diskrepanzen. Aber nur wenn ich die tatsächlichen Ursachen verstehe, die zu einer Beschwerde führen, kann ich als Organisation daraus lernen“, sagt Michael Schulte, Client Manager bei MSR Consulting.
Aufsichtsbehörden erhöhen Druck auf Versicherer
Zusätzlicher Handlungsdruck kommt nach Ansicht der Berater von der europäischen Aufsichtsbehörde Eiopa, die Mitte Juni Leitlinien zum Beschwerdemanagement von Versicherungsunternehmen sowie Best Practice Empfehlungen zum Beschwerdemanagement verabschiedet hatte.
MSR Consulting verweist zudem auf eine Aussage von Felix Hufeld, Executive Director der Finanzaufsichtsbehörde BaFin, vom April 2013. Demnach wolle die BaFin, dass alle Versicherer ihre Beschwerdemanagement-Prozesse klar definieren und schriftlich festlegen. Zu diesem Zweck habe die Behörde diesen Juli einen Entwurf für ein Rundschreiben mit den Mindestanforderungen an die Beschwerdebearbeitung durch Versicherungsunternehmen vorbereitet.
Die Berater bewerten den Schritt der Finanzaufsicht als Ansporn für die Versicherungswirtschaft: „Wer diesen Anstoß als Chance begreift und konsequent den Weg in Richtung lernende Organisation beschreitet, kann sich wertvolle Wettbewerbsvorteile erarbeiten“, so Schulte. (lk)
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