Brexit oder nicht – Brüssel hat ein ernstes Problem

All das böte grundsätzlich Möglichkeiten des Herauswindens aus der Brexit-Falle. Aus der Scheidung könnte die anschließende Wiederannäherung werden. Erneute spätere Hochzeit nicht ausgeschlossen. It’s not over until it’s over.

Argument 3: Britische Hängepartie schädlich, aber ein Zeitgewinn ist auch im Interesse der „Rest-EU“

Der Brexit sorgt einerseits natürlich für politische und finanzwirtschaftliche Verunsicherung, da man nicht weiß, wie es weitergeht. Andererseits, käme es jetzt Ruck Zuck zum Brexit, wäre die „Austreteritis“ ein Eisen für EU-feindliche Parteien, das man schmieden muss, solange es politisch heiß ist. In den Niederlanden reichen 300.000 Unterschriften, um ein nationales Referendum einzuleiten. Auch in Dänemark und Italien ist die Neigung für Europa-feindliche Abstimmungen hoch. Und so hat auch Bundeskanzlerin Merkel keine Eile, die Briten schnell vom EU-Hof zu jagen. In ihrer unnachahmlich nach allen Seiten offenen – Entschuldigung, flexiblen – Art will sie den Brexit aus den Schlagzeilen und aus den Köpfen der Europäer entfernen. Die Kanzlerin will überhaupt erst mit Großbritannien über Brexit reden, wenn die offizielle Austrittsmitteilung aus London vorliegt.

Was hart klingt, ist nicht hart gemeint. Was sie sagen will, ist: Lass Dir Zeit David, weil ich Zeit brauche! Gras soll über die Brexit-Sache wachsen. Ruhe im EU-Karton und an der deutschen Exportfront sind ihr viel näher als der Hosenanzug. Im Übrigen weiß sie, dass Deutschland nach britischem Exodus zur noch stärkeren Führungsmacht in der EU aufsteigen würde. Aber sie weiß auch, dass Deutschland dort nicht unbedingt everybody’s darling ist.

Und eindeutig legt sie Wert darauf, einen marktwirtschaftlichen Verbündeten gegen die schuldenverliebten, stabilitätslosen Brüder und Schwestern in der EU irgendwie zu behalten gemäß dem Motto „Freiheit statt Sozialismus“.

Seite vier: Unnötige neue politische Großbaustelle

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