Nicht nur deshalb wird es wohl Monate dauern, bis sie das Paragrafen-Gestrüpp bis in die letzten Verästelungen durchdrungen und etwaige Stolperdrähte oder Sprengfallen aufgespürt haben. Eine Zumutung ist insofern auch, dass das Finanzministerium nur bis zum 28. Oktober Zeit für Stellungnahmen gibt, also gerade einmal drei Wochen. Die ESMA ist kulanter und räumt eine Frist bis zum 5. Januar 2017 ein.
Die neuen Vorschriften beziehen sich in erster Linie auf den Vertrieb, vor allem durch Banken. Sie müssen einen großen Teil ihrer Abläufe neu organisieren. Unter anderem ist künftig statt des Beratungsprotokolls eine “Geeignetheitsprüfung” notwendig und die gesamte Kommunikation mit den Anlegern muss aufgezeichnet werden. Daneben sind umfangreiche Änderungen auch in anderen Bereichen wie dem Börsenhandel enthalten.
Doch auch die Produktanbieter sind betroffen. Zum einen gilt ein Teil der neuen Vorschriften auch für die „Konzepteure“ von Finanzinstrumenten, zu denen auch alternative Investmentfonds (AIF) und Emissionen nach dem Vermögensanlagengesetz zählen. Zum anderen müssen die Anbieter ihre Organisation und die Informationen über die Emissionen an die Bedürfnisse des Vertriebs anpassen, um ihre Produkte noch verkaufen zu können.
Zielmarkt, Produktüberwachung, Zuwendungen
Dabei geht es etwa um die Definition eines „Zielmarkts“ für jedes Angebot, eine „Produktüberwachung“ sowie die Gestaltung von Provisionen (im Behörden-Sprech: „Zuwendungen“).
Letztere sind künftig nur noch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wenn sie „die Qualität der jeweiligen Dienstleistung für den Kunden verbessern“. Kriterien dafür enthält die Verordnung WpDVerOV, deren ausgeschriebener Titel sich über mehrere Zeilen erstreckt und die komplett neu gefasst wird. Vermutlich wird die Branche damit leben können, muss aber entsprechende Anpassungen und Dokumentationen vornehmen.
So lästig das alles sein mag: Auch die Anbieter müssen sich also mit dem Paragrafen-Salat beschäftigen. Lamentieren hilft nicht. „Als Betroffene müssen wir uns dem stellen“, sagte etwa Gunnar Dittmann, Chef des Hamburger Emissionshauses HEH, auf dem Cash.-Branchengipfel Anfang September. Eine andere Wahl bleibt nicht.
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