Carsten Garbers, Portfoliomanager und Fondsberater des HP&P Euro Select UI Fonds, bei Habbel, Pohlig & Partner: „Der Trump-Jump an den Märkten ist eine noch größere Überraschung als die eigentliche Wahlentscheidung für den Republikaner. So hatten im Vorfeld die meisten Marktteilnehmer bei einer Wahl von Donald Trump mit einem deutlichen Kurseinbruch an der Börse gerechnet. Das Gegenteil war der Fall, vor allem seine Ankündigung für ein Fiskalprogramm immensen Ausmaßes wurde als deutlicher Wachstumsimpuls an den Märkten gefeiert und führte zu einer großen Rotation bei den verschiedenen Anlageklassen. Banken, zyklische Unternehmen und die konjunktursensibleren Nebenwerte profitierten vom Wahlausgang mit zweistelligen Zuwachsraten. Der Rentenmarkt hingegen litt unter einem deutlichen Zinsanstieg im Zuge der gestiegenen Hoffnungen auf eine Konjunkturbelebung in den USA. Qualitätsaktien, die vor allem in den nicht-zyklischen Sektoren zu finden sind, verbüßten sogar einen Rücksetzer. Dies hat dazu geführt, dass Qualitätsaktien nochmals deutlich attraktiver geworden sind. Auf Basis des Kurs-Gewinn-Verhältnisses und den Gewinnschätzungen für das neue Geschäftsjahr, ist der Bewertungsaufschlag der vergleichsweise konjunkturunabhängigen Unternehmen zuletzt deutlich gesunken. Aktuell liegt dieser sogar unter den Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Somit hat sich die relative Attraktivität von Qualitätsaktien aus den nicht-zyklischen Sektoren wieder deutlich erhöht. Wir würden auf dem aktuellen Erwartungsniveau Abstand nehmen von sehr zyklischen Sektoren und wieder verstärkt in Qualitätsaktien investieren.
Stephen Mitchell, Head of Strategy, Global Equities, beim britischen Investmentmanager Jupiter Asset Management: „Investoren bleiben unterm Strich vorsichtig bezüglich potenzieller Auswirkungen der Präsidentschaft Trumps – zurückgehalten oder besänftigt durch das dortige politische checks-and-balances-System. Schließlich haben die drei unabhängigen Gewalten Exekutive, Legislative und Judikative das letzte Wort darüber, welche Maßnahmen Trump tatsächlich umsetzen kann.
Es sieht derzeit danach aus, als würde es zu einer Rückführung von im Ausland gelagertem Kapital kommen sowie zu einer Senkung der Unternehmenssteuern. Allerdings macht es das Ausmaß der Staatsschulden unwahrscheinlich, dass Trump überall seinen Willen durchsetzen kann. Er wird zwar auf offene Ohren für Deregulierung stoßen, insbesondere im Finanzsektor. Die Planungen für Infrastrukturmaßnahmen bewegen sich aber nur langsam vorwärts. Meiner Ansicht nach haben Investoren bereits zu viele positive Nachrichten eingepreist.
Indem er Druck auf Firmen ausübte, Jobs zu schaffen, hat Trump das Selbstbewusstsein der US-Wirtschaft insgesamt gestärkt. Dies könnte zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden: Eine der entscheidenden Zutaten, die in der wirtschaftlichen Erholung nach 2009 fehlte, waren Unternehmensinvestitionen, bedingt durch einen Mangel an Vertrauen. Laut US-Banken sind die Unternehmen nun bereit zu investieren. Deshalb müssen Anleger die Zinsstrukturkurve im Auge behalten. Sollte sie weiterhin steiler werden, zeigt dies, dass Investoren glauben, dass Trump seine Versprechen halten kann.“
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