Alternativ versuchen Deutschland und Europa jetzt, stärkere Handelsbeziehungen mit Japan, den Schwellenländern und China aufzubauen. Aber auch die haben ihre Haken. So will Japan als großer US-Exporteur den amerikanischen Adler nicht über Gebühr reizen. Und viele Schwellenländer wollen ihre militärische Schutzmacht nicht verprellen. Und sich in Handels-Notlage bedenkenlos China anzuvertrauen, wäre so, als würde man sich einen Alligator als Haustier zulegen. Um ihn gewogen zu stimmen und um seinen Hunger zu stillen, wird er verlangen, unsere industriellen Know-how-Träger großflächig auffressen zu dürfen. Auch China „trumpt“, denkt bei seiner volkswirtschaftlichen Weiterentwicklung nur an einen, an sich. Nennen wir es China First-Politik.
Amerikas neue heile Wirtschaftswelt droht Europas alte kaputt zu machen
Auf Europa und vor allem Deutschland kommt aber noch ein viel größeres, strukturelles Wirtschaftsproblem zu. Wir werden von Amerika dort angegriffen, wo wir uns bisher sicher fühlten, nämlich in den Kernkompetenzen der klassischen Industrie und im Fahrzeugbau. Die nächste industrielle Revolution der Digitalisierung macht es möglich. Bei Autos z.B. geht es zwar auch zukünftig noch um Schönheit, Leistungsstärke oder Design und diese old economy-Anforderungen werden deutsche Autobauer auch morgen und übermorgen noch großartig erfüllen. Doch werden die Anteile der wirtschaftlichen Wertschöpfung beim Auto zügig immer mehr Richtung social media-Schnick Schnack verschoben. Und da sind uns die USA mit Intel, Facebook, Google, Apple, Amazon usw. weit überlegen. Diese Unternehmen werden – auch mit Donalds Gnaden – noch mehr an Marktmacht gewinnen. In der digitalisierten Industrie 4.0 sind sie die neuen Rockefellers. Die Gefahr ist groß, dass sie hier ähnlich dominierende Standards setzen wie früher Microsoft mit Windows. Der Vorsprung durch Technik, die new economy, droht, immer mehr in Übersee betrieben zu werden.
Wer sichert Europas Industriestandorte?
Und was machen die europäischen Politiker? Wie verteidigen sie den Erhalt unserer Industrie mit seiner Masse an Arbeitsplätzen, die vielfach wegdigitalisiert werden? Auch auf der CeBIT in Hannover spricht man zwar von den großen Herausforderungen der Digitalisierung für die europäischen Wirtschaftsstandorte. Aber eigentlich wird das Thema nur politisch moderiert. Wo ist die Umsetzung? Wo ist die Digitalisierungs-Agenda 2020 bis 2030? Dagegen ist man bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit deutlich konkreter. Doch leider kann man das Fell des Bären erst dann verteilen, wenn er erlegt ist.
The Donald Horror Picture Show kann Europa nicht mit Moral bekämpfen. Wir brauchen unsere eigene Perspektiven schaffende Wirtschafts-Show. Welche Bedeutung hat ansonsten die EU als europäischer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der jetzt bei einem Auffahrunfall der USA seinen Versicherungsschutz nicht gewährt? Europa und Deutschland müssen zügig aufhören, Amboss zu sein. Zeigen wir Donald unseren Hammer. Der Besuch von Frau Merkel im Eispalast des Weißen Hauses sollte jedem die Augen geöffnet haben, dass es keine Alternative dazu gibt.
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Mit Wertpapieranalyse und Anlagestrategien beschäftigt er sich seit Abschluss seines betriebswirtschaftlichen Studiums 1990. Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator. Er ist aus Funk und Fernsehen bekannt und schreibt regelmäßig für Cash.
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