LV-Widerruf ist keine Wunderwaffe

Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht. Potreck hat beobachtet, dass die meisten Versicherer nicht auf die Widerspruchsschreiben reagieren. Somit sei neben dem bürokratischen Aufwand auch eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung sehr wahrscheinlich. „Damit es möglichst zu keiner Niederlage kommt, ist die Abwicklung über Experten mit spezialisierten Rechtsanwälten empfehlenswert. Von oft angebotenen Musterschreiben für Widerrufe, wie sie im Internet zu finden sind, können wir aus Erfahrung nur abraten“, betont er.

Auch Ingo Wichelhaus, Vorstand beim Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL), weist darauf hin, dass ein Widerruf ohne rechtlichen Beistand kaum durchführbar sei: „Es fängt schon damit an, dass sich die Möglichkeit auf Rückabwicklung nur auf solche Policen beschränkt, die zwischen 1994 und 2007 abgeschlossen wurden und bei denen der Versicherte nachweislich nicht richtig über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt wurde, was es zu beweisen gilt.“ In einigen Fällen könne der Prozess recht lange dauern, da es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen könne.

Prozesskostenrisiko berücksichtigen

Hinzu komme, dass Auszahlungen aus der Rückabwicklung gegebenenfalls steuerschädlich seien und Verbraucher in diesem Punkt ebenfalls Beratung benötigten. Wer seine Lebensversicherung vorzeitig auflöse, brauche das Geld in der Regel aber relativ schnell. Ein Policenverkauf sei daher eine gute Alternative, da der Kaufpreis innerhalb weniger Wochen ausgezahlt werde, so Wichelhaus.

Die Rechtsanwältin Petra Brockmann rät im „Spiegel“ ebenfalls zur Vorsicht: „Nicht jeder Fall ist eindeutig.“ Auch das Prozesskostenrisiko müsse berücksichtigt werden. Außerdem lohne es sich zuweilen, einen alten Vertrag weiterzuführen, schreibt das Nachrichtenmagazin: „Wegen der hohen Garantiezinsen oder weil das Produkt mit einer guten Berufsunfähigkeitsversicherung gekoppelt ist, die bei einer Rückabwicklung ebenfalls ihre Gültigkeit verlieren würde.“ Eine Wunderwaffe ist der Widerruf also nicht. Und in manchen Fällen nicht einmal die beste Lösung. (kb)

Foto: Shutterstock

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