Die Branche ist auch selber schuld

Besonders problematisch ist die durchaus übliche Praxis, dass in Prognosen und wAI kommentarlos geringere geplante Kosten zugrunde gelegt werden, als nach den Anlagebedingungen maximal zulässig wären.

Das wird – neben der Mehrwertsteuer – vermutlich auch der wesentliche Grund für die von Loipfinger festgestellten Diskrepanzen sein und kann auch in Hinblick auf die Plausibilitätsprüfung des Vertriebs fatal sein – vor allem dann, wenn der Prospekt keine Detail-Prognoserechnung und allenfalls rudimentäre Erläuterungen zu den Gesamtrückfluss-Szenarien enthält, die in den wAI vorschrieben sind.

Hinzu kommt ein Punkt, den auch die „Marktwächter“ – zu recht – kritisieren: Die externen Kosten, die während der Laufzeit neben den prozentual gedeckelten Vergütungen von dem Fonds zu tragen sind, werden so gut wie nie beziffert.

Zehn bis 15 Extra-Positionen

Dabei handelt es sich regelmäßig um Positionen wie externe Bewertung, Steuer- und Rechtsberatung, Jahresabschlussprüfung oder Kosten der Gesellschafterversammlung. In der Regel werden in den Anlagebedingungen etwa zehn bis 15 solcher Positionen aufgeführt, die zumindest in der Summe durchaus ins Gewicht fallen können. Auch zu diesem Punkt gibt es keine einheitliche Handhabung – außer ihn meistens unter den Tisch fallen zu lassen.

So hat sich die Branche die Kritik auch selbst zuzuschreiben. Fast fünf Jahre nach dem Start des KAGB hat sie es noch immer nicht geschafft, einen einheitlichen Standard für die Prospekte zu entwickeln. Hier rächt sich auch, dass sich der damalige Sachwerteverband BSI vehement – und aus seiner Sicht erfolgreich – dagegen gewehrt hat, dass bei der Neufassung des Prüfstandards des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) weiterhin auch adäquate Anforderungen an die Prospektinhalte festgelegt werden.

Stattdessen begnügen sich nicht wenige KVGen mit den gesetzlichen Mindest-Formalien und scheinen sich allein durch ihren Status als regulierte Unternehmen und das (aufsichtsrechtliche) Okay der BaFin für die Prospekte unangreifbar zu fühlen.

Über Kritik nicht wundern

Sie berücksichtigen weder, welche Folgen dies für die Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit ihrer Unterlagen hat, noch welche Risiken sich daraus vielleicht in Hinblick auf die zivilrechtliche Prospekthaftung ergeben können. Über Kritik an ihren Prospekten dürfen sich diese Häuser zumindest nicht wundern.

Festzuhalten bleibt: Die Kritik der Verbraucherschützer ist in mehreren Punkten schwammig und kann ohne das vollständige Loipfinger-Gutachten nicht im Detail nachvollzogen werden. Auch ist es inakzeptabel, dass die staatlich geförderten „Marktwächter“ das Gutachten nicht herausrücken, zumal ein Großteil der bemängelten Abweichungen auch aus den unpassenden gesetzlichen Regelungen resultieren dürfte.

Das jedoch ändert nichts daran: Bei den AIF-Prospekten im Allgemeinen und den Kostenklauseln im Speziellen liegt noch immer einiges im Argen.

Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse und betreut das Cash.-Ressort Sachwertanlagen. Er beobachtet den Markt der Sachwert-Emissionen als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt schon seit mehr als 25 Jahren. G.U.B. Analyse gehört wie Cash. zu der Cash.Medien AG.

Foto: Florian Sonntag

 

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