Dieses Inflationsrisiko – in Kombination mit einer so niedrigen Arbeitslosigkeit wie seit Jahrzehnten nicht mehr – begrenzt die Möglichkeiten der US-Notenbank (Fed), die negativen Folgen von Handelszöllen durch eine Lockerung der Geldpolitik zu kompensieren. Obwohl Präsident Trump beharrlich Druck auf die Fed ausübt, die Zinsen zu senken, hat diese kürzlich bekräftigt, sie werde bei der Beurteilung der Inflationsrisiken an ihrem geduldigen, datenbasierten Kurs festhalten.
China kennt derlei Beschränkungen nicht
Bei den Ausfuhren in die Volksrepublik liegen die USA auf Platz 3 hinter Japan und Südkorea. Güter aus den USA haben insofern weniger Einfluss auf die Inflation in China als die Warenströme in umgekehrter Richtung. Die People‘s Bank of China kann dadurch auch in stärkerem Maße zum Mittel einer expansiveren Geldpolitik greifen, sodass Peking neben der Erhöhung der staatlichen Ausgaben ein weiteres Instrument zur Verfügung steht.
US-Treasurys als Waffe.
Bei seiner Bewerbung um eine zweite Amtszeit möchte Trump für sich reklamieren können, derjenige zu sein, der China für langjährige unfaire Handelspraktiken – wie Diebstahl geistigen Eigentums und erzwungene Weitergabe von Technologie – zur Verantwortung gezogen hat. Wichtig ist für Trump auch ein fortgesetzter Anstieg des S&P 500. Unglücklicherweise sind beide Ziele schwer miteinander vereinbar. Durch die Eskalation des Handelsstreits macht der US- Präsident zwar auf seine Anhänger den Eindruck des knallharten Machers, er entfacht aber zugleich Gegenwind für die US-Börse.
Verzögert Peking absichtlich?
Das weiß auch China. Peking kann den Handelskrieg in die Länge ziehen und damit vielleicht die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass es am Ende die USA sind, die Zugeständnisse machen müssen. Bei diesem Szenario wäre Geduld aus chinesischer Sicht eine Tugend. Neben dem Einsatz geld- und haushaltspolitischer Waffen wird China möglicherweise auch seine Käufe und Bestände von US-Staatsanleihen reduzieren (müssen), um ein Konjunkturprogramm zu finanzieren. Das wäre für Washington ein weiterer harter Schlag, der die Möglichkeiten der USA einschränken würde, Schulden und Konsum zu finanzieren.
Die positive Seite einer längeren Auseinandersetzung mit China bestünde darin, dass es dann immer unwahrscheinlicher würde, dass Trump eine Ausweitung der Handelsstreitigkeiten auf Partnerländer in anderen Teilen der Welt riskiert – den europäischen Autobauern hatte er ja kürzlich bereits via Twitter mit Strafzöllen gedroht. Diese Einschätzung stimmt mit Signalen von den Optionsmärkten überein, wonach für Aktien in großen exportorientierten Volkswirtschaften wie Japan und Europa das Gewinnpotenzial größer ist als das Verlustrisiko.
Oberflächlich betrachtet werden höhere Zölle, die über einen längeren Zeitraum auf eine noch größere Zahl von Gütern erhoben werden, China vielleicht mehr schaden als den USA. Es wäre indessen nicht verwunderlich, wenn der Handelskrieg kurzfristig weitertoben oder China langfristig mit seinem überlegenen Arsenal an „Waffen“ am längeren Hebel sitzen würde.
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