Bei Nettokaltmieten im Geschosswohnungsbau von 13 bis 15 Euro für Neubauten sind selbst Zweizimmerwohnungen für diese Gruppe kaum erschwinglich. Ganz abgesehen von einem Kauf, für den sie aufgrund der Wohnimmobilienkreditrichtlinien keine Finanzierung mehr erhalten.
Bei attraktiven Angeboten wäre manch Senior interessiert, seine zu große Wohnung in eine kleinere, barrierefrei Wohnung zu tauschen und so dem Markt freiwerdenden Bestandswohnraum, beispielsweise für Familien zuzuführen.
„Graue Wohnungsnot“ droht
Wenn dieser Trend anhält, droht schon in wenigen Jahren eine erhebliche „graue Wohnungsnot“. Um dies zu verhindern, müssen die Länder und Kommunen dringend Anreize zum Bau seniorengerechter Wohnungen und Entlastung für den Wohnungsmarkt insgesamt schaffen.
Möglichkeiten dazu gibt es: Soweit Grundstücke im Eigentum der Kommunen sind, können diese etwa speziell für den Bau altersgerechter Wohnungen bzw. Quartiere z.B. mittels Erbbau zur Verfügung gestellt werden. Eine andere Variante wäre, Baugenehmigung mit einer Zweckbindung zu erteilen, die jedoch nicht mit einer Sozialquote gleichzusetzen ist.
Denn viele Senioren möchten sich eine Wohnung leisten können, ohne Wohngeld oder Sozialhilfe, die die Kommune zu tragen hat. Auch das Baurecht bietet gewisse Hebel: Durch ihre Zuständigkeit für die Bauleitpläne im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung haben die Städte und Gemeinden einen wirksamen Steuerungsmechanismus in der Hand, um bedarfsgerechte Wohnstrukturen zu schaffen und Spekulation einzudämmen.
Entlastung durch Nahverdichtung in die Höhe
Parallel dazu wären alle Maßnahmen hilfreich, die insgesamt zur Entspannung des Wohnungsmarkts beitragen. Ein gutes Beispiel ist Nahverdichtung in die Höhe, die auch ohne Baugrund funktioniert:
In vielen Fällen erlaubt die Statik, bereits bestehende Gebäude aufzustocken. Auf diese Weise lassen sich etwa auf Einzelhandelsimmobilien in zentralen Lagen oder Parkhäusern Wohnungen errichten.
Quartiersentwicklung erhält Selbständigkeit
Auch eine vorausschauende Stadtentwicklung ist hier gefordert: Wenn Senioren länger eigenständig in ihren eigenen vier Wänden wohnen können, erhält das deren Selbständigkeit und entlastet der Gesellschaft in vielen Bereichen.
Einige Kommunen haben dies erkannt und entwickeln Quartiere mit integrierten Dienstleistungen- und Unterstützungsangeboten für Senioren. Diese Aktivitäten müssen dringend gefördert und ausgebaut werden.
Die Aufgabe eine „graue Wohnungsnot“ zu verhindern ist groß, und sie ist dringlich: Die Zahl der 65-Jährigen in Deutschland wird bis 2040 von derzeit 17,3 Mio. Menschen auf 23,5 Mio. anwachsen.
Sie alle brauchen bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum. Die aktuelle Marktentwicklung zeigt: Ohne gezielte Steuerungsanreize der Politik wird diese Aufgabe kaum zu lösen sein.
Carsten Brinkmann ist Aufsichtsrat von TERRANUS, einer der führenden Spezialmakler und Beratungsgesellschaften für Sozialimmobilien.
Foto: Terranus