Der Handelskonflikt zwischen den USA und China scheint beinahe täglich größere Kreise zu ziehen und Anleger immer stärker zu verunsichern. Cash. sprach mit Thomas Lehr, Kapitalmarktstratege beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch, wie sich Anleger jetzt verhalten sollen und welcher Ausgang des Konflikts realistisch ist.
Viele Anleger machen sich Sorgen, wie es mit dem Handelskonflikt zwischen den USA und China weitergeht. Haben Sie eine Antwort parat?
Lehr: Aus unserer Sicht erscheint es beinahe unmöglich, den Fortgang dieses Konfliktes seriös zu prognostizieren. Zumal wir es hier nicht mit einem klassischen Handelskonflikt zu tun haben. Tatsächlich verfolgt Trump wohl eher das Ziel, die Hegemonie der USA, insbesondere deren technologische Vorherrschaft zu verteidigen und China solange wie möglich auf Abstand zu halten. Andererseits hat eben dieser Präsident seiner Wählerschaft Wohlstand und Jobs versprochen. Ein Konjunktureinbruch und ein Kurssturz am Aktienmarkt würden die Bilanz seiner Amtszeit zerstören und Trumps Wiederwahl gefährden.
Das heißt, Sie gehen davon aus, dass sich der Konflikt in Bälde lösen lassen wird?
Lehr: Nein, im Gegenteil. Die Erwartung, dass es eines Tages einen „Deal“ gibt, der diesen Konflikt löst, ist unseres Erachtens naiv. Das Kräftemessen wird sich fortsetzen und uns die nächsten Jahre begleiten. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass es zu einer Eskalation und zu einem globalen Handelskrieg kommen muss.
Woran können sich Anleger denn orientieren, die derzeit besonders verunsichert sind?
Lehr: An die Fakten. Die Zinsen – so viel ist inzwischen doch den meisten Anlegern klar – bleiben absehbar tief. Wer mittel- bis langfristig sein Kapital real erhalten möchte, kommt an der Beteiligung an guten Unternehmen gar nicht vorbei. Wer wie wir aber nicht ausschließen möchte, dass das konjunkturelle Umfeld unsicher bleibt, setzt tendenziell auf solche Unternehmen, die von dem taktischen Zoll-Hick-Hack des US-Präsidenten weniger stark betroffen sind. Deutsche Anleger schauen hingegen gerne auf den Dax, der sehr viel anfälliger ist. Dass dessen Schwankungen dann verunsichern, ist gut nachvollziehbar.
Wie gehen Sie bei Flossbach von Storch mit der Situation um?
Lehr: Ganz einfach: Wir spekulieren nicht. Weder auf den Brexit, noch auf den nächsten Schritt im Handelskonflikt und erst recht nicht auf die nächste Welle am Aktienmarkt. Die Beteiligung an einem Unternehmen ist – ähnlich wie der Kauf einer Immobilie – idealerweise ein langfristiges Engagement. Kursschwankungen werden Sie nicht vermeiden können. Aber sie können sie nutzen. Das gelingt nur dann, wenn man eine klare Idee davon hat, was ein Unternehmen tatsächlich wert ist. Dieser Wert ist sehr viel stabiler als die Aktienkurse, die ständig in Bewegung sind. Aber genau das eröffnet Ihnen als gut kalkulierender Anleger in jeder Delle gute Chancen.