Felix Herrmann, Chefvolkswirt und Portfoliomanager bei Aramea Asset Management:
„Sollte Europas Wirtschaft im bevorstehenden Winter tatsächlich in die Rezession abrutschen und wäre „antizipieren“ ein Adjektiv, das sich zum Superlativ steigern ließe, wäre diese Rezession womöglich die „antizipierteste“ aller Zeiten. Bereits seit mehr als sechs Monaten sind sich Volkswirte im Prinzip einig, dass Europa ein Schrumpfen der Wirtschaft nicht wird vermeiden können.
Viel wurde in den vergangenen Monaten über die Gründe und die daraus abgeleitete hohe Wahrscheinlichkeit einer Rezession geschrieben und debattiert. Allein erreicht hat sie uns in Europa bislang noch nicht – zumindest offiziell beziehungsweise beim Blick auf die harten Wirtschaftszahlen. Entpuppt sich der Rezessionsteufel, den Experten bereits seit langem an die Wand malen, am Ende also als weit weniger hässlich als noch vor kurzem gedacht? Nicht ausgeschlossen!
Dennoch werden wir im bevorstehenden Winter klare konjunkturelle Bremsspuren erkennen. Hierfür ist vor allem die historisch starke Straffung der Geldpolitik verantwortlich, welche die Investitionsfreude erheblich einbremsen wird. Neben dem schwachen Konsum wird dies der Hauptgrund dafür sein, dass die Rezession in Europa letztlich eben doch Realität werden dürfte.
Für die Finanzmärkte ist allein die Tatsache, dass wir mehr und mehr über die Konjunktur und weniger über steigende Inflationsraten diskutieren, ein Schritt nach vorne – wenn auch nicht notwendigerweise für alle Anlageklassen ein Fortschritt. Da wir auch in Europa bald sinkende Inflationsraten sehen sollten, die Konjunktur hingegen schwächelt, dürften die nächsten Quartale ein Umfeld mit sich bringen, in dem Anleihen besser abschneiden als Aktien.
Gerade bei Bonds von Emittenten mit guter bis sehr guter Bonität, die selbst in unruhigem wirtschaftlichem Fahrwasser über jeden Zweifel erhaben sind, ist eine Outperformance zu erwarten. Bei diesen Emittenten sollte man sich auch gerne in den Nachrang begeben, wo es aktuell ansprechende Renditeaufschläge im Vergleich zu den klassischen Unternehmensanleihen gibt. Entsprechend heißt das beliebteste Mädchen in der Klasse ab sofort auch nicht mehr TINA, sondern seit neustem BARB: „Bonds Are Back!“