Till Christian Budelmann, Chief Investment Officer der Schweizer Privatbank Bergos AG:
„Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wird 2023 ein eher schwieriges Jahr. An den Kapitalmärkten sollte diese schlechte Entwicklung allerdings schon größtenteils eingepreist sein. Nach den kräftigen Zinsanstiegen sind Anleihen wieder Portfolio-tauglich. Ebenso wie Aktien sollten sie 2023 am Ende ein Plus abliefern – allerdings unter kräftigen Schwankungen.
Für uns waren Aktien lange attraktiver als Bonds und daher relativ stärker gewichtet. Das hat sich jetzt geändert. Nachdem wir Anleihen 2020 und 2021 durchgehend im Untergewicht hatten, haben wir die Asset-Klasse jetzt auf neutral hochgestuft. Auf Basis des sogenannten Yield Gaps sind Aktien fundamental nicht mehr attraktiver als Anleihen. Wir denken dabei weniger an Staatsanleihen, sondern vor allem an Unternehmensanleihen guter Qualität, die wieder anständige Renditen bieten. An eher kurzen Durationen halten wir jedoch noch immer fest, auch wenn diese Positionierung inzwischen weniger prononciert ausfällt. Regional sehen wir größere Chancen in den USA als in Europa. Dort ist das Zinsniveau höher und die voraussichtliche Zinsentwicklung vorteilhafter. Als Portfoliobeimischung können gewisse Emerging-Markets-Anleihen dienen.
Auch im Aktienbereich bevorzugen wir weiterhin die USA gegenüber Europa. Die makroökonomischen Daten sind in den USA stabiler und zudem ist der Markt sehr Growth-lastig. Wachstumsaktien hoher Qualität zählen zu seinen Favoriten. 2022 haben Growth-Aktien historisch schlecht gegenüber Value-Werten abgeschnitten. Wir denken, da hat der Markt übertrieben. Zudem halten wir an einer Übergewichtung in Japan fest – mit Absicherung der Währung. Das Land punktet mit einer verhältnismäßig niedrigen Inflation und einer vergleichsweise expansiven Notenbankpolitik. In China und den Emerging Markets ist hingegen weiter Vorsicht angebracht.
Bei Alternativen Investments bleiben wir im Übergewicht. Gold ist für uns als Krisen-Absicherung ein wichtiger Baustein in einem Multi-Asset-Portfolio. Zudem sehen wir für 2023 wieder Potenzial für Wandelanleihen, die 2022 enorm unter die Räder gekommen sind.“