Auch jungen Arbeitnehmern erschwert die WIKR den Zugang zu einer Baufinanzierung. Die Vorausberechnung von Gehalt und Rente erfasst bei ihnen nicht mögliche Gehaltssteigerungen und Beförderungen. Die Berechnung der Rente gleicht einem Blick in die Glaskugel. Neben der gesetzlichen Rente werden private Altersvorsorgeinstrumente wie Riester, Lebensversicherung und Betriebsrenten berücksichtigt.
Der Prüfprozess wird so sehr zeitintensiv, ohne an Präzision zu gewinnen. Hinzu kommt, dass Baufinanzierungskunden
über ausreichend Eigenkapital verfügen müssen.
WIKR mit komplizierten Anforderungen
Der Wert der Immobilie verliert nämlich bei der Beurteilung der Kreditentscheidung an Bedeutung. Eine weitere Gruppe , die zukünftig keinen Zugang mehr zu Baufinanzierungen haben wird, sind Pendler, die in Deutschland leben, aber im angrenzenden Ausland ihr Gehalt in einer anderen Währung als dem Euro erhalten, beispielsweise in der Dänischen Krone. In der Regel handelt es sich hier um Gutverdiener. Doch die Anforderungen der WIKR sind so konzipiert, dass Banken dieser eigentlich interessanten Zielgruppe lieber kein Darlehen anbieten. Diese Auswirkung der WIKR ist insofern absurd, als dass die Politik Arbeitnehmer zur privaten Altersvorsorge auffordert.
Der Klassiker der privaten Vorsorge ist schließlich das Eigenheim. Verstärkt wird seine Bedeutung, da es angesichts des niedrigen Zinsniveaus kaum attraktive alternative Anlagemöglichkeiten gibt. Ein Problem stellt auch die vom Gesetzgeber zum Teil unkonkret formulierte Immobiliardarlehensvermittlungsverordnung (ImmVermV) dar.
Zahl der Baufinanzierungsberater wird sinken
Eine uneinheitliche, mit Unsicherheit verbundene Auslegung ist damit programmiert. Die Umsetzung der WIKR wird zu einer Marktbereinigung führen. Die Zahl der Baufinanzierungsberater wird sinken. Gelegenheitsvermittler und nicht spezialisierte Makler, die die umfangreichen Beratungs- und Dokumentationspflichten nicht umsetzen können oder die Qualifikationsanforderungen des Paragrafen 34i GewO nicht erfüllen, werden die Branche verlassen oder als Tippgeber tätig sein.
Qualifizierte Akteure und spezialisierte Maklerpools hingegen werden sich behaupten und wachsen. Denn einzelne, nicht spezialisierte Makler und kleine Vertriebe können den hohen Verwaltungsaufwand infolge der verschärften Beratungs- und Dokumentationspflichten nicht leisten, ohne ihre Kernkompetenz – die Kundenberatung und Vermittlung von Immobiliendarlehen – zu vernachlässigen. Zudem können sie keine juristisch wasserdichte Beratungsdokumentation gewährleisten.
Seite vier: Cross-Selling-Chancen für Berater
Den Trend dieser Makler, sich zunehmend Maklerpools anzuschließen, spüren wir bereits heute. Pools stellen den angebundenen Vertriebspartnern mit ihrem Backoffice und ihren Plattformlösungen rechtlich einwandfreie Checklisten und Beratungsdokumentationen zur Verfügung. Qualitypool hat beispielsweise die Anforderungen der WIKR in den Beratungsprozess integriert, indem Präferenzen des Kunden sowie die Empfehlungen des Beraters abgefragt werden.
Vorvertragliche Informationen und der Darlehensvermittlungsvertrag werden automatisch generiert. Am Ende der Beratung kann der Vermittler seinem Kunden einen Finanzierungsvorschlag mit integrierter Beratungsdokumentation aushändigen. Der Makler gewinnt so Zeit und Rechtssicherheit. Neben den aufgeführten Herausforderungen bietet die WIKR aber auch eine enorme Chance: Der regulierte Berufszugang mit einheitlichen Qualifikationsstandards und die Standardisierung der Baufinanzierungsberatung werden die Professionalisierung der Branche vorantreiben.
Cross-Selling-Chancen für Berater
So kann eine nachhaltige Finanzierungsberatung etabliert und das Vertrauen der Verbraucher gestärkt werden. Eine weitere Chance, die sich im Beratungsdialog bei der obligatorischen Ansprache möglicher Risiken ergibt, ist die des „Cross Selling“. Hier kann der Makler entweder selbst die passende Versicherung wie beispielsweise eine Risikolebens- oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung anbieten – sofern er Paragraf 34d GewO besitzt – oder als Tippgeber fungieren.
Eine dritte Chance liegt in der Beschleunigung von Automatisierungsprozessen: Marktakteure können die WIKR als Treiber und Anstoß nutzen, ihre internen Prozesse weiter zu optimieren und Digitalisierungsmaßnahmen voranzutreiben. Kurzum: Die Verpflichtungen der WIKR mögen eine Bürde sein – sie stoßen aber zugleich Veränderungsprozesse an und setzen ein paar gute Impulse, die die Marktakteure für sich nutzen sollten.
Autor Jörg Haffner ist Geschäftsführer der Qualitypool GmbH.