50 Jahre G.U.B. Analyse – Marktreport: Wann platzt der Knoten?

Neubau Mehrfamilienhäuser
Foto: Bildagentur PantherMedia / gemenacom
Immobilien bleiben das größte Segment der Sachwertanlagen (Symbolbild).

Der Zinsanstieg setzt der Sachwertbranche zu, anderseits verbessern bröckelnde Assetpreise die Konditionen für neue Fonds. Noch ist die Zahl der Neuemissionen gering. Aber das könnte sich bald ändern. Die G.U.B. hat derweil ein weiteres Analyse-Geschäftsfeld wiederbelebt.

Eigentlich, so sollte man meinen, kann es nicht schwer sein, die Anzahl der neuen alternativen Investmentfonds (AIFs) für Privatanleger in den ersten sieben Monaten 2023 exakt zu ermitteln. Doch ganz so einfach ist es nicht. Fest steht lediglich: Es waren nur wenige.

Insgesamt zehn neue Publikums-AIFs haben zwischen Januar und Ende Juli öffentlich, also in der Regel per Pressemitteilung, ihren Startschuss gegeben und damit die aktive Platzierungsphase eingeläutet. In vier dieser Fälle erfolgte die Vertriebszulassung der Finanzaufsicht BaFin gemäß deren Datenbank jedoch bereits 2022, davon für zwei Fonds schon im September beziehungsweise Oktober. „Echte“ 2023er-Emissionen gab bislang also nur sechs?

Das wären äußerst wenig, stimmt aber auch nicht. Denn die BaFin-Datenbank weist drei weitere Fonds mit „Auflegungsdatum/Vertriebsbeginn“ zwischen Februar und Juli 2023 aus, die wiederum ihren Vertriebsstart noch nicht öffentlich verkündet haben und sich anscheinend tatsächlich noch nicht in der aktiven Platzierung befinden.

Nicht alle Häuser posaunen ihre Vertriebsstarts hinaus

Solche Verzögerungen von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten zwischen Genehmigung und aktivem Vertriebsbeginn sind bei AIFs nicht ungewöhnlich. Die meisten Häuser drucken vor dem Startschuss noch die Unterlagen, finalisieren das Begleitmaterial erst nach der BaFin-Genehmigung oder warten, bis die wesentlichen Vertriebspartner das Material geprüft haben. Manchmal, so ist zu hören, kommt das Go der BaFin auch schneller als angenommen (ja, auch das gibt es wohl), doch der Anbieter beendet zunächst die Platzierung der Vorläuferemission oder wartet das Ende der Sommerferien ab.

Wie auch immer: Gemessen an der BaFin-Datenbank wären es also insgesamt neun Fonds, die in den ersten sieben Monaten 2023 die Vertriebserlaubnis erhalten haben. Ob das die endgültige Zahl sein wird, ist indes ebenfalls nicht sicher. Denn die BaFin-Datenbank ist zwar grundsätzlich ein guter und meistens auch recht schneller Service. Sie ist aber doch nicht immer ganz aktuell und auch nicht immer vollständig. So sind schon Fonds am Markt aufgetaucht, die nie oder erst sehr viel später in der BaFin-Liste zu finden waren.

Anders herum posaunen nicht alle Häuser ihre Vertriebsstarts öffentlich hinaus. Nicht ausgeschlossen ist, dass weitere Fonds die Zulassung erhalten und unbemerkt ohne großes Brimborium sofort losgelegt haben, aber noch nicht in der BaFin-Datenbank eingetragen sind.

So oder so: Es ist davon auszugehen, dass in den ersten sieben Monaten 2023 insgesamt nur etwa zehn Publikums-AIFs neu auf den Markt gekommen sind, vielleicht ein oder zwei mehr. Das ist im Vergleich mit den Vorjahren wenig, wobei 2022 ähnlich schwach war.

Noch keine neue Vermögensanlage in 2023

Der Grund liegt auf der Hand: Die dramatischen Veränderungen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022, allen voran der steile Anstieg der Fremdkapitalzinsen. Dabei macht es nicht nur die Höhe, sondern auch die Geschwindigkeit der Veränderungen und der ungewisse Ausgang nicht leicht, neue Fonds zu kalkulieren.

Noch schwerer als die AIF-Konzeptionäre haben es die Anbieter von Emissionen auf Basis des Vermögensanlagengesetzes: In den ersten sieben Monaten 2023 ist – mit Ausnahme von Crowdinvestments ohne umfangreichen Prospekt – keine einzige Vermögensanlage mit Marktbedeutung neu aufgelegt worden. Der Bundesanzeiger, in dem der Vertriebsstart einer Publikums-Vermögensanlage vorher bekannt gemacht werden muss und der daher eine verlässliche Quelle ist, weist von Januar bis Juli 2023 lediglich öffentliche Angebote von vier Bürgerwindparks und die Genussrechts-Emission eines Stadtwerks aus.

Grund dafür ist indes nicht das allgemeine Umfeld, sondern das Verbot von Blindpools in diesem Segment, das seit August 2021 für Publikums-Emissionen gilt. Die Übergangsfrist lief spätestens ein Jahr später aus. Das Blindpool-Verbot trifft alle bisherigen Anbieter von Vermögensanlagen mit Marktbedeutung. Sie müssen ihre Konzepte anpassen, doch die BaFin ist höchst restriktiv.

Bislang hat die Behörde seit August 2021 nur im Jahr 2022 drei relevante Angebote genehmigt: Containerinvestments von Solvium und Buss sowie eine Kapitalerhöhung des US-Spezialisten TSO für seine Emission Active Property III. Alle drei sind inzwischen platziert, so dass sich derzeit keine prospektpflichtige Vermögensanlage im überregionalen Vertrieb befindet.

Noch kein Run auf Sachwerte

Doch auch die Publikums-AIFs können von Inflationsangst, die eigentlich einen Run auf Sachwerte zu erwarten ließe, bislang noch nicht profitieren. Obwohl trotz des geringen Zulaufs neuer Angebote weiterhin ausreichend viele gute Fonds in der Platzierung sind, ist die Verunsicherung vieler Anleger offenbar groß. Darauf jedenfalls lassen die Platzierungszahlen im Jahr 2022 schließen, die Cash. erhoben hat.

Demnach ist das Publikumsgeschäft mit den Sachwertanlagen 2022 gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent geschrumpft. Insgesamt rund 1,95 Milliarden Euro Kapital sammelten die Anbieter im vergangenen Jahr von Privatanlegern ein. Mit rund 1,24 Milliarden Euro entfiel der mit Abstand größte Teil davon auf Publikums-AIFs. Das entspricht 63,5 Prozent oder fast zwei Dritteln des Gesamtmarkts der Sachwertanlagen. In der absoluten Höhe ist das Volumen dieses voll regulierten Segments allerdings gegenüber 2021 um 16 Prozent zurückgegangen.

Noch schärfer fiel der Einbruch bei Vermögenanlagen aus: Minus 31,6 Prozent auf nur noch 281 Millionen Euro. Die Emissionen, die bis Mitte 2022 noch unter die Übergangsfrist fielen und die drei Neu-Billigungen konnten das Wegbrechen eines Großteils des Segments nicht auffangen. Dass der Gesamtmarkt nur um zehn Prozent zurückgegangen ist, liegt an den Crowdinvestings über Online-Plattformen (darin enthalten sind auch Vermögensanlagen, sofern sie als „Schwarmfinanzierungen“ ohne Prospekt erlaubt sind, sowie einige Wertpapiere).

40 Prozent mehr Crowd-Volumen gemeldet

Das gemeldete Crowd-Volumen stieg 2022 gegenüber dem Vorjahr um gut 40 Prozent auf rund 391 Millionen Euro. Das tatsächliche Wachstum ist wahrscheinlich geringer, denn fünf Plattformen mit insgesamt 134 Millionen Euro haben für 2022 erstmals oder nach einer Pause wieder ihre Zahlen gemeldet; Schätzungen nimmt die Cash.-Redaktion grundsätzlich nicht vor. Auf der anderen Seite fehlt eine Plattform, die für 2021 noch 13 Millionen Euro beigetragen hatte. Der Vorjahresvergleich hinkt also etwas, ein spürbares Wachstum hatte das Crowd-Segment aber sicherlich zu verzeichnen.

Wie geht es nun weiter? Nach der Umfrage unter den Anbietern, die im Rahmen der Markterhebung im Januar und Februar 2023 vorgenommen wurde, ist die Stimmung der Branche insgesamt als allenfalls verhalten positiv einzustufen. Auf die Frage nach den generellen Erwartungen für 2023 entschieden sich zwar 70 Prozent (27 der 39 Unternehmen, die hierauf geantwortet haben) für „positiv“. Doch lediglich ein Anbieter sah die Zukunft „sehr positiv“, der Rest „neutral“.

Für das Platzierungsvolumen von Sachwertanlagen im Gesamtmarkt im Jahr 2023 hielten sich die Erwartungen zudem exakt die Waage: Jeweils 24 Prozent der Antworten entfielen auf „steigen“ und „fallen“, der Rest – also gut die Hälfte – auf „gleich bleiben“.

Weiter: Unterschiedliche Signale aus dem Vertrieb

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

1 2 3Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments