50 Jahre G.U.B. Analyse – Rückblick: Die richtigen Lehren der Geschichte

Blick über Berlin
Foto: PantherMedia / Frank Peters
Blick über Berlin. Die Stadt war einst Hotspot geschlossener Fonds.

Die Historie der Sachwertanlagen gleicht einer Achterbahnfahrt und war nicht immer ruhmreich. Doch sie war auch Basis für die Regulierung 2013 – und der Gesetzgeber hat erstaunlich präzise auf die Vergangenheit reagiert. Die G.U.B. hat die Branche 50 Jahre begleitet. Ein Rückblick.

Das Jahr 1973: Der zweite Weltkrieg liegt noch keine 30 Jahre zurück. Deutschland ist in zwei Staaten geteilt. In der Bundesrepublik heißt der Kanzler Willy Brandt (SPD), in der damaligen „DDR“ leitet Willi Stoph (SED) den Ministerrat, Erich Honecker ist schon Chef der Einheits-Partei SED. In den USA wehrt sich Präsident Richard Nixon noch gegen die „Watergate“-Vorwürfe. 

Die Bundesrepublik hat nach dem „Wirtschaftswunder“ der 1950er und 60er Jahre wieder einen relativen Wohlstand erreicht, rutscht im Herbst 1973 aber in eine tiefe Krise: Die OPEC dreht den Ölhahn zu. Die Bundesregierung verhängt an drei Sonntagen im November ein Fahrverbot für PKW. Die Autobahnen sind gähnend leer. 

So findet eine Meldung besondere Beachtung: Die Eröffnung der „Transgas-Pipeline“ im Oktober 1973. Sie liefert erstmals Erdgas aus der damaligen Sowjetunion (UdSSR) direkt nach Westeuropa, speziell Deutschland und Österreich. Das Gas stammt aus Russland und der damals zur UdSSR gehörenden Ukraine. Die Bundesregierung will mit dem schon Jahre zuvor gestarteten Projekt die Abhängigkeit von Öl-Importen verringern. Heute wissen wir, dass dies wiederum der Beginn einer neuen, fatalen Abhängigkeit war. 

Das Kürzel G.U.B. ist geboren

Was in den Geschichtsbüchern erwartungsgemäß nicht vermerkt ist: In Hamburg gründet Dr. Dieter E. Jansen in jenem Jahr ein Unternehmen namens G.U.B. Gesellschaft für Unternehmensanalyse und Beteiligungsmanagement. Mit zwei Mitstreitern entwickelt er eine Systematik zur Analyse und Bewertung von Beteiligungs- und Investitionsangeboten im privaten Kapitalmarkt, also außerhalb von Banken und Börsen. Zielsetzung ist ursprünglich auch die Durchführung beziehungsweise Vermittlung entsprechender Investitionen. Das Geschäftsfeld „Beteiligungsmanagement“ bleibt indes ohne große Bedeutung, doch das Kürzel G.U.B. ist geboren. 

So konzentriert sich das Unternehmen auf die Bewertung von Anlageangeboten als Dienstleistung für Dritte: Für Anleger, Vertrieb und die Anbieter selbst. Es ist Deutschlands erstes Analysehaus dieser Art in der damals nur wenig entwickelten Marktnische, die auch „kleiner Kapitalmarkt“ genannt wird. 

1973 gibt es für die Produkte kaum Regeln, keine Marktstandards, keine Spezialgesetze etwa für Prospekte und erst recht keine Aufsicht. Jeder mit einem vermeintlich oder tatsächlich lukrativen Investitionsvorhaben darf sich, auch auf Basis nur rudimentärer Informationen, auf die Suche nach Kapitalgebern machen. Mit Ausnahme des generellen Verbots von Betrug gibt es noch nicht einmal eine Vorschrift, die Anlageinteressenten vollständig zu informieren oder gar auf Risiken hinzuweisen. 

Ein breites Betätigungsfeld

Die G.U.B. hat also ein breites Betätigungsfeld vor sich, auch weil der Markt unübersichtlich und ziemlich „grau“ ist. Vielfach geht es um sogenannte Bauherrenmodelle oder erste gesellschaftsrechtliche Konzepte, also Fonds. Zielsetzung fast immer: Steuern sparen. Im Visier ist hauptsächlich ein Kundenklientel, das nicht selten als „Zahnwälte“ bezeichnet wird, also Zahnärzte und Anwälte stellvertretend für vermögende Privatkunden, die hohe Steuern zahlen. 

So stehen bei den meisten Angeboten nicht etwa Gewinne im Vordergrund, sondern das Gegenteil: Verluste. Genauer gesagt: Steuerliche Verlustzuweisungen. Dabei handelt es sich meistens nicht um „echte“ Verluste, sondern in erster Linie um Abschreibungen auf die erworbenen Vermögensgegenstände. Das bringt dem Segment auch die Bezeichnung als „Abschreibungsbranche“ ein.

Der Clou: Verluste einer Personengesellschaft, also zum Beispiel einer Kommanditgesellschaft (KG), können den Gesellschaftern entsprechend ihrem Anteil am Eigenkapital direkt zurechnet werden. Sie reduzieren damit auf dem Papier ihr zu versteuerndes Einkommen und damit ihre Steuerlast – ein gewaltiger Anreiz, der sich durch den Einsatz von Fremdkapital noch hebeln lässt. 

Anfangs in „WiWo“, „Capital“ und „WamS“

Dafür gehen die Anleger oftmals ein persönliches Haftungsrisiko ein, sei es durch individuelle Kredite oder durch die Beteiligung an einer GbR oder OHG, also mit unbegrenzter Haftung. Wer auf das falsche Pferd setzt, muss unter Umständen sehr lange daran knabbern. Und längst nicht alle Angebote halten, was sie versprechen. 

So wird die G.U.B. schnell zu einer wichtigen Institution. Zwar kann auch sie keine Garantien übernehmen oder in die Zukunft sehen. Doch sie kann auf den einen Seite unzulängliche Angebote aussortieren oder auf spezielle Defizite und Risiken hinweisen, auf der anderen Seite zum Beispiel prüfen, ob das Management sein Handwerk versteht, das Investitionsvorhaben Hand und Fuß hat, es zum Marktumfeld und den -aussichten passt, Chancen und Risiken in einem angemessenen Verhältnis stehen, die wesentlichen Risiken so weit wie möglich abgesichert sind, das Vertragswerk fair gestaltet ist und die Anleger die branchenüblichen Informationen erhalten. Bis heute sind dies die wesentlichen Elemente einer G.U.B. Analyse. 

Bundesweite Bekanntheit erlangt die G.U.B. schnell dadurch, dass sie ihre Ergebnisse in überregionalen Medien veröffentlicht: Zunächst in der „Wirtschaftswoche“, dann eine zeitlang in „Capital“ und von 1976 bis August 1983, also sieben Jahre lang, in der „Welt am Sonntag“. Markenzeichen: Der Cäsarendaumen, also eine stilisierte Faust mit gehobenem oder gesenktem Daumen, anfangs „nackt“, dann ergänzt durch bis zu drei Pluszeichen oder ein Minus. 

Weiter: „Nicht platzierungsreif“

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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