Die G.U.B. begleitet den Markt der Sachwertanlagen nun seit fünf Jahrzehnten mit all seinen Höhen und Tiefen. Seit 2022 ist das Marktumfeld einmal mehr sehr anspruchsvoll. Wie ist die aktuelle Lage?
Grundler: Bevor ich auf die Frage eingehe, möchte ich der G.U.B. herzlich zu ihrem Jubiläum gratulieren. 50 Jahre sind ein wirklich beachtlicher Zeitraum, damals sah die Welt noch völlig anders aus, und das Segment der Sachwertanlagen steckte noch in den Kinderschuhen. Primus Valor wurde 2007 gegründet, ich selbst bin seit rund 30 Jahren in der Branche tätig und habe die G.U.B. und Cash. stets als sehr fachkundige, manchmal kritische, aber immer faire Begleiter der Branche und unseres Unternehmens wahrgenommen. Das ist heute eine absolute Ausnahme.
Danke.
Grundler: Zu Ihrer Frage: In der Tat befindet sich der Immobilienmarkt, vor allem durch den starken Anstieg der Zinsen seit Frühjahr 2022, in einer schwierigen Phase, weil sich die Refinanzierung entsprechend verteuert hat und dadurch auch Druck auf die Preise entstanden ist. Die Situation ist paradox: Obwohl Wohnraum in Deutschland ein extrem knappes Gut ist, fallen die Preise dafür. Das widerspricht eigentlich dem Prinzip der Marktwirtschaft und wird sich sicherlich bald wieder ändern, zumal der Neubau eingebrochen ist. Aber zunächst hat der Zinsanstieg zu einer Art Schockstarre geführt.
Die Hypothekenzinsen sind vor allem bis Herbst 2022 rapide gestiegen. Seit Ende des Jahres bewegen sie sich etwa auf dem gleichen Niveau. Gleichzeitig sind die Immobilienpreise teilweise spürbar gefallen. Ist der Zinsanstieg also mittlerweile verarbeitet und der Preisrückgang beendet?
Grundler: Die Banken haben schon ab Frühjahr 2022 sehr schnell nicht nur die tatsächlich beschlossenen, sondern auch die erwarteten Zinserhöhungen der Zentralbank vorweggenommen und die Hypothekenzinsen überproportional stark erhöht. Anders übrigens als die Guthabenzinsen, die sehr viel später angehoben wurden und teilweise noch immer nicht gezahlt werden. Seit Ende 2022 ist das Niveau der Hypothekenzinsen in der Tat weitgehend stabil und im Augenblick sieht es so aus, dass die Zinserhöhungen der Zentralbank bald ein Ende finden, so dass auch keine weitere Erhöhung der Hypothekenzinsen mehr notwendig ist.
Welche Folgen hat das für den Immobilienmarkt?
Grundler: Wir erleben seit einigen Wochen, dass sich der Transaktionsmarkt etwas aus seiner Schockstarre löst. Die meisten Verkäufer sind aber nach wie vor nicht bereit, so weit im Preis nachzugeben, wie die Käufer verlangen beziehungsweise wie notwendig wäre. Wer nicht verkaufen muss, verkauft weiterhin nicht. Vielleicht kann man mittlerweile auch sagen: nur selten. Auch wir haben bei zwei Fonds, die jetzt eigentlich in die Auflösungsphase kommen sollten, die Laufzeit verlängert. Die Mieten steigen schon jetzt kräftig und es ist davon auszugehen, dass sie noch weiter steigen werden, weil zum einen Wohnraum sehr knapp bleiben wird, zum anderen aber auch wegen der hohen Lohnabschlüsse, so dass die Mieter die höheren Mieten dann auch tragen können. In zwei oder drei Jahren können wir mit ziemlicher Sicherheit besser verkaufen als heute. Wegen der erhöhten Refinanzierungskosten kommen aber immer mehr Eigentümer oder auch Projektentwickler, die zudem vielfach ihre ursprünglich kalkulierten Preise nicht mehr durchsetzen können, unter Druck und müssen verkaufen. Daraus ergeben sich dann wiederum gute Ankaufsmöglichkeiten. Denn auf dieser Seite stehen wir ja auch.
Wie läuft der Vertrieb Ihres neuen Fonds, den Sie im April 2023 in die Platzierung gegeben haben?
Grundler: Auch auf Seiten der Anleger spüren wir durchaus Zurückhaltung. Aber wir haben für den ImmoChance Deutschland 12 Renovation Plus – kurz ICD 12 – bis Ende Juli über zehn Millionen Euro eingeworben. Das ist mehr als erwartet und damit sind wir unter den gegebenen Umständen sehr zufrieden. Auch von unseren Wettbewerbern hören wir von Zurückhaltung der Anleger, gerade in den vergangenen Wochen, seit die Banken Zinserhöhungen endlich auch auf Guthaben vorgenommen haben. Teilweise zahlen sie inzwischen drei oder 3,5 Prozent Zinsen auf Festgeld. Das liegt schon recht nahe an der Ausschüttungsprognose vieler Fonds. Wir haben den ICD 12 in der zweiten Jahreshälfte 2022 konzipiert und in der Kalkulation die erhöhten Fremdkapitalzinsen bereits berücksichtigt, aber keinen Rückgang der Kaufpreise unterstellt. Der Ankauf wird also voraussichtlich zu deutlich besseren Konditionen erfolgen können als geplant. Zudem steigen die Mieten wahrscheinlich schneller als im Prospekt angenommen. Aus heutiger Sicht werden wir die Prognose also schlagen können.
Welche Rolle spielt für Sie die umstrittene Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), auch bekannt als Heizungsgesetz?
Grundler: Das geplante GEG spielt für uns eine große Rolle. Wir investieren in den Gebäudebestand, meistens in ältere Wohnhäuser. Schon seit vielen Jahren führen wir in aller Regel auch eine energetische Sanierung durch. Dabei hat die Heizung natürlich eine zentrale Bedeutung.
Wie bewerten Sie das Gesetz?
Grundler: Eine abschließende Bewertung des GEG ist noch nicht möglich, weil es noch nicht verabschiedet wurde. Wir gehen davon aus, dass am Ende eine praktikable Lösung herauskommen wird, die im Rahmen der heutigen technischen Möglichkeiten sowie der Material- und Personalkapazitäten auch umsetzbar ist. Denn niemand kann an der Realität vorbeiregieren. Auch wie die angekündigten Förderungen im Detail aussehen werden, bleibt abzuwarten. Generell sind Profis aber in der Regel besser in der Lage als Privatleute, solche Förderungen zu nutzen. Positiv ist auch die Forcierung der kommunalen Wärmeplanung in Bezug auf Fernwärmeheizungen zu sehen. Bisher bremsen viele Gemeinden dabei, oder ihre Planung ist nicht konsequent. Im Augenblick bremst das geplante Gesetz und das Hickhack allerdings einige unserer Vorhaben und Planungen. Nach dem aktuellen Stand ist zudem nicht ausgeschlossen, dass wir auch an Gebäuden Maßnahmen vornehmen müssen, deren Mieter sich die dann erforderliche Mieterhöhung gar nicht leisten können. Ich denke aber, dass es für diese Fälle noch eine Förderung geben wird. Generell ist zu erwarten, dass das Gesetz in vielen Details noch ergänzt wird. Ziel der Bundesregierung ist schließlich die möglichst schnelle Modernisierung möglichst vieler Gebäude. Das geht nur mit einem praktikablen Gesetz und nur dann, wenn die Wohnungen bezahlbar bleiben.
Kommen wir zu einem anderen Gesetz und einem anderen Jubiläum: Im Juli 2013 trat das Kapitalanlagegesetzbuch KAGB in Kraft. Wie bewerten Sie dieses nach zehn Jahren?
Grundler: Ich bin ein großer Fan des KAGB. Es ist eine Erfolgsgeschichte. Durch die hohen Anforderungen und die Aufsicht der BaFin sind viele unseriöse Anbieter und Praktiken vom Markt verschwunden. Für uns ist das KAGB vor zehn Jahren genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen, weil wir schon einige Jahre am Markt waren und die Regulierung deshalb gut bewältigen konnten. Wir waren damals aber noch nicht so groß, dass wir eine riesige, eingefahrene Organisation hatten, die nur mit hohem Aufwand hätte umgebaut werden können Auch mussten wir die Altbestände nicht an die Regulierung anpassen.
Insgesamt ist nach 2013 sowohl die Zahl der Anbieter als auch das platzierte Kapital der Branche gegenüber der unregulierten Zeit spürbar geschrumpft. War es das wert?
Grundler: Das nehmen wir gar nicht so wahr und es hat sicherlich auch andere Gründe, zum Beispiel den kompletten Wegfall der Schiffsfonds nach der Schifffahrtskrise. Zudem ist es kein Nachteil, dass viele unseriöse Anbieter den Markt verlassen mussten. Unser Fokus liegt hauptsächlich auf der Entwicklung unseres Unternehmens und diese ist mit dem KAGB außerordentlich positiv. Dazu hat sicherlich auch beigetragen, dass wir seitdem nicht mehr ständig von Pleiten und Skandalen begleitet werden, mit denen wir überhaupt nichts zu tun hatten, die aber dem Image aller Unternehmen der Branche angelastet wurden.
Sind solche Vorbehalte manchmal noch zu hören?
Grundler: Das ist sehr selten geworden und kommt, wenn überhaupt, vielleicht mal vom Vertrieb. Ein Großteil der Vertriebspartner ist über 50 Jahre alt und viele werden mit den früheren geschlossenen Fonds auch schlechte Erfahrungen gemacht haben. Aber wer nach zehn Jahren immer noch nicht begriffen hat, dass wir in einer völlig anderen Welt leben, hat die Branche wahrscheinlich schon längst verlassen. Auf Kundenseite ist derlei nie zu hören. Dort ist eher die geringe Bekanntheit von Publikums-AIFs die Herausforderung. Wir haben mittlerweile viele Bestandskunden, die uns kennen und schätzen. Aber bei Neukunden hat die AIF-Branche meistens gar kein Image, weder ein gutes noch ein schlechtes. Sie ist schlicht unbekannt. Ich freue mich, wenn G.U.B. und Cash. auch in den nächsten Jahren daran mitwirken, das zu ändern.
Das Interview führte Stefan Löwer, G.U.B. und Cash., Ende Juli 2023
Dieser Artikel stammt aus dem Cash. SPECIAL „50 Jahre G.U.B. Analyse“ in der Cash.-Ausgabe 9/2023.