Wie nachhaltiger Kapitalaufbau trotz Inflation gelingt

Lennard Paul Naumann
Foto: Valuniq
Lennard Paul Naumann

Die Unternehmer blicken verunsichert in die Zukunft, Prognosen sind schwierig. Dennoch gibt es Möglichkeiten, aktiv vorzusorgen und Kapital aufzubauen. Gastbeitrag von Lennard Paul Naumann, Valuniq Business Consulting

Die Inflation in Deutschland ist nach wie vor hoch: Laut Statista stieg im Jahr 2022 die Inflationsrate auf durchschnittlich 6,9 Prozent – der höchste Wert in der deutschen Volkswirtschaft seit der Nachkriegszeit. In den ersten Monaten des Jahres 2023 stiegen die Verbraucherpreise im Vorjahresvergleich weiter an, überwiegend ausgelöst durch die Folgen des Ukraine-Kriegs und den anhaltend hohen Energiepreisen. Spätestens jetzt geraten viele Unternehmen unter Druck – die Liquiditätsreserven wurden bereits durch die Coronajahre strapaziert. Die Europäische Zentralbank reagiert seitdem mit einer schrittweisen Anpassung des Leitzinses, was das Problem bislang aber nicht löst, sondern die Preise lediglich weiter in die Höhe treibt. Die Unternehmer blicken verunsichert in die Zukunft, Prognosen sind schwierig. Dennoch gibt es Möglichkeiten, aktiv vorzusorgen und Kapital aufzubauen.

Holding als Grundstein

Einfach betrachtet gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, als Unternehmen mehr Geld zur Verfügung zu haben: mehr Umsatz und das Gewinnmanagement. Aber nicht jeder kann einfach den Umsatz steigern. Zumal die Kapitalbildung nicht in gleichem Maße mitwachsen muss. Gerade das Ertragsmanagement scheint daher ein großes Potenzial zu haben – doch leider sind Unternehmen hier oft schlecht beraten. Ein beliebtes Vorgehen von Unternehmen ist zum Beispiel, Gewinne direkt wieder zu investieren, um Steuern zu sparen. Aus meiner Sicht macht das aber wenig Sinn: Die Liquidität geht sofort verloren, die steuerliche Absetzbarkeit erstreckt sich aber über mehrere Jahre. Konkret bedeutet dies, dass Gewinnvorträge gebildet werden, die nicht durch liquide Mittel gedeckt sind. Diese erhöhen dennoch das Haftungsvolumen, weil auch Gewinnvorträge faktisches Eigenkapital darstellen.

Besser ist es, bei den Unternehmensstrukturen anzusetzen, um die Gewinne besser verwalten zu können. Insbesondere, wenn langfristiges Wachstum geplant ist, kann sich eine Holdingstruktur lohnen. Bei der Gründung einer Holding werden mindestens zwei GmbHs miteinander verbunden. Dadurch entsteht eine Verbindung zwischen operativem Unternehmen und vermögensverwaltender Holding-GmbH. Ziel ist es, (steuerbegünstigtes) Kapital aus der operativen Gesellschaft in die Holding zu transferieren. Konkret beträgt die Besteuerung etwa 1,6 Prozent – ein gewaltiger Unterschied zur privaten Ausschüttung mit 25 Prozent Kapitalertragssteuer plus Solidaritätszuschlag. Unter dem Strich bleibt also mehr vom Gewinn übrig, sodass Kapital schneller aufgebaut werden kann.

Verschiedene Möglichkeiten

Neben der Wahl der richtigen Unternehmensstruktur ist es wichtig, das Ersparte sinnvoll anzulegen. Dazu gibt es auch als Unternehmer verschiedene Möglichkeiten. Die einfachsten Varianten sind ein Tagesgeldkonto oder ein Cashkonto. Sie bieten einen flexiblen Zugriff auf Liquidität, die Rendite ist aber aufgrund der niedrigen Zinsen meist sehr gering und kann mit anderen Anlageformen nicht mithalten. Die Inflation frisst das Vermögen buchstäblich auf.

Eine weitere Möglichkeit ist die Eröffnung eines Depots für den Handel mit Aktien, ETFs und Wertpapieren. Dieses ist im Gegensatz zu einem Sparkonto nicht von Bankzinsen abhängig und kann somit der hohen Inflation trotzen. Allerdings bedeutet ein Depot für ein Unternehmen einen sehr hohen Verwaltungsaufwand, da der Wert für die Bilanzierung stichtagsgenau erfasst werden muss. Das Depot stellt den Unternehmer aber vor eine noch größere Herausforderung: Der Depotinhaber kann nachträglich nicht gewechselt werden, d.h. das Geld aus dem Depot kann nicht ohne weiteres in die Holding übertragen werden. Ein Unternehmer muss also zuerst die Wertpapiere verkaufen, um dann den finanziellen Gegenwert mit 1,6 Prozent Steuern in die Holding zu transferieren. Das bedeutet auch, dass das Vermögen den laufenden Kursschwankungen unterliegt, da das Depot zum Stichtag der Übertragung in die Holding verkauft werden muss.

Diese Herausforderung löst die dritte Variante: die Fondspolice. Sie ist im Grunde ein Wertpapierdepot im Mantel eines Versicherungsprodukts. Wie bei einem Wertpapierdepot werden regelmäßig Beträge für den Kapitalaufbau eingezahlt. Die Versicherung wiederum investiert diese Gelder nach den Wünschen des Kunden in verschiedene Aktien, Fonds oder ETFs. Der Clou: Bei dieser Art von Versicherungsprodukt kann der Versicherungsnehmer nachträglich wechseln. Konkret bedeutet dies, dass die Fondspolice steuergünstig und ohne großen bürokratischen Aufwand auf die Holding übertragen werden kann.

Bei einer Fondspolice fallen im Vergleich zu einem „normalen“ Depot zwar in den ersten Jahren höhere Gebühren für die Verwaltung des Versicherungsproduktes an – jedoch können im Gegensatz zu den Gebühren eines Depots selbst im unwahrscheinlichen Fall einer ausbleibenden Wertentwicklung die Kosten gewinnmindernd steuerlich geltend gemacht werden, da alle Kosten vollumfänglich absetzbar sind. Zudem sind – anders als in einem Depot – in einer Fondspolice keine Ausgabeaufschläge fällig. Unter dem Strich kann also ein deutliches Plus durch die steuerbegünstigte Übertragung an die Holding bleiben. Klar ist, dass die Fondspolice keine kurzfristige Maßnahme zur Kapitalbildung ist, da sich die finanziellen Vorteile erst über die Laufzeit summieren. Somit lässt sie sich im Ergebnis perfekt mit einer Holding kombinieren, die ebenfalls auf langfristige Effekte setzt.

Unternehmerische Ziele weisen den Weg

Wie bei allen strategischen Maßnahmen gibt es natürlich immer Vor- und Nachteile. Insbesondere das Tagesgeldkonto, das Cashkonto und die Fondspolice haben aber entscheidende Vorteile. Das Tagesgeld- und Cashkonto ermöglichen dem operativen Unternehmen einen schnellen Zugang zu Liquidität, während die Fondspolice insbesondere für den langfristigen Kapitalaufbau vorteilhaft ist.

Wie die obigen Beispiele zeigen, kann strategischer Kapitalaufbau auch in Zeiten der Inflation gelingen. Und ein strategischer Kapitalaufbau ist für jedes Unternehmen unerlässlich, um langfristig erfolgreich zu sein. Dabei gilt es abzuwägen, welche Strategie am besten zum Unternehmen passt und welches Ziel verfolgt wird. Je früher sich Unternehmen mit ihren Strukturen und individuellen Zielen auseinandersetzen, desto früher kann strategisch gehandelt werden – unabhängig davon, ob es um den Aufbau von Kapital oder gar um einen Verkauf geht. Eine gründliche Analyse der eigenen Finanzsituation und die Beratung durch Experten können helfen, den richtigen Weg zu finden.

Lennard Paul Naumann ist Geschäftsführer der Valuniq Business Consulting.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments