Ablenkung am Steuer ist ein ernstzunehmendes Problem im Straßenverkehr. Gegenwärtig ist bei jedem dritten tödlichen Verkehrsunfall Ablenkung die Ursache. Insbesondere in den beginnenden Sommerferien drängt sich die Unfallgefahr mehr als sonst in den Vordergrund – Millionen Deutsche fahren mit Familie, Freunden und voll gepacktem Auto in den Urlaub: viele Menschen im Auto, unbekannte Strecken und Länder, dazu lange Fahrtzeiten. Die Gefahr abgelenkt zu werden, steigt deutlich an.
DA Direkt weist darauf hin: „Unaufmerksamkeit durch Ablenkung hat fatale Folgen. Verursacht man dadurch einen Unfall, kann man unter Umständen den Versicherungsschutz verlieren. Das heißt, man muss für etwaige Schäden oder für Verletzungen Dritter selber, mitunter auch ein Leben lang, aufkommen“, sagt Christian Scholz, DA Direkt KFZ-Versicherungsexperte.
„absolut unterschätzte Unfallgefahr“
„Die Ablenkung am Steuer ist eine absolut unterschätzte Unfallgefahr. Auch weil Ablenkung als Unfallursache für viele noch nicht ins Bewusstsein gerückt ist. In der öffentlichen Wahrnehmung überwiegt beispielsweise das Thema Alkohol am Steuer – dabei steigt schon bei einer kurzen Unaufmerksamkeit des Fahrers das Unfallrisiko.
Ein Fünftel der Fahrzeit verläuft bei ablenkenden Tätigkeiten. Diesen Trend beobachten Experten mit steigender Tendenz. Sie schätzen, dass Ablenkung im Straßenverkehr bereits Ursache für jeden dritten tödlichen Verkehrsunfall ist“, so Scholz.
Zwei Sekunden Ablenkung bei 80km/h bedeuten 40 Meter Blindflug
Bereits wenige Sekunden Ablenkung haben starke negative Auswirkung auf die Konzentration am Steuer. Bei Tempo 80 legen Autofahrer in zwei Sekunden mehr als 40 Meter Wegstrecke zurück. Fünf Sekunden bei 100Km/h bedeuten weit mehr als 130 Meter Blindfahrt.
In 2018 starben in Deutschland 3.265 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr. Man geht davon aus, dass jährlich rund 500 Verkehrstote durch Ablenkung und Unaufmerksamkeit verursacht werden. Praxisbeispiele belegen die unendlichen Möglichkeiten, sich beim Autofahren ablenken zu lassen: Kleine Streitigkeiten mit dem Beifahrer über die Navigation zum richtigen Ferienziel, der schweifende Blick in die Landschaft, in der man gerade ist oder der mittlerweile routinierte Griff zum Smartphone, um die eigenen Social-Media Kanäle zu checken.
Es sind die scheinbar harmlosen Dinge, die Autofahrer während der Fahrt machen, diese sorgen aber oft für Unaufmerksamkeit und Ablenkung. Die Folge: ein stark gesteigertes Unfallrisiko. Die Zahl der Ablenkungsimpulse wird unterschätzt, Nebentätigkeiten gelten für viele als Routine. Sie verkennen die davon ausgehende Gefahr. Egal ob man isst oder trinkt, Gegenstände umräumt oder sich um das quengelnde Kind auf der Rückbank kümmert.
Smartphone-Nutzung verantwortlich für steigende Anzahl schwerer Verkehrsunfälle
Grundsätzlich gilt: Das Telefonieren mit dem Smartphone am Ohr ist verboten. Ist das Smartphone oder das Navigationssystem in einer entsprechenden Halterung montiert, heißt es im aktuellen Gesetzestext, darf der Blick des Fahrers nur kurz auf dem Gerät verweilen, soweit es die Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnisse erlauben.
Die entsprechende Gesetzesneuregelung in 2017 hat das Bußgeld für Telefonieren am Steuer zudem von 60 auf 100 EUR erhöht. Zusätzlich gibt es einen Punkt in Flensburg. Geraten andere Verkehrsteilnehmer in Mitleidenschaft, zum Beispiel, weil der telefonierende Fahrer Schlangenlinien fährt, erhöht sich das Bußgeld auf 150 EUR.
Ein wichtiges Signal für mehr Verkehrssicherheit. Dennoch gilt das Smartphone unter Experten als verantwortlich für die steigende Anzahl schwerer Verkehrsunfälle. Die Smartphone-Nutzung während der Fahrt steht unter dem Verdacht, Hauptursache für Unaufmerksamkeit zu sein.
Irrglaube, der Mensch sei multitaskingfähig
Im Auftrag von DA Direkt begleitet Fahrsicherheits-Expertin Dipl.-Psych. Lisa Falkenberg, die Verkehrssicherheits-Initiative. Sie ergänzt die praktische Perspektive mit wichtigen Erfahrungswerten und nützlicher Theorie aus ihrem Traineralltag.
„Das Reaktionsvermögen von Menschen verschlechtert sich drastisch, sobald sie versuchen, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun“, sagt Lisa Falkenberg. „Auch wenn wir manchmal den Eindruck haben, mehrere Handlungen gleichzeitig mit hoher Aufmerksamkeit verfolgen zu können, springt unsere Aufmerksamkeit tatsächlich ständig zwischen beiden Tätigkeiten hin und her. Wir teilen also die Aufmerksamkeit. Dabei sinkt die Leistung in jeder Einzeltätigkeit.“
„Untersuchungen zeigen, dass Testpersonen im Stadtverkehr beim Telefonieren bis zu zehnmal häufiger Lenkkorrekturen ausführen müssen, um auf dem rechten Weg zu bleiben. Je schwieriger das Telefonat wurde, je weniger wurde in den Rückspiegel geschaut“, so Falkenberg weiter.
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