Abruptes Ende der EZB-Anleihekäufe

Europas Währungshüter machen endgültig Schluss mit zusätzlichen Anleihenkäufen: Nur noch bis zum Ende dieses Jahres steckt die Europäische Zentralbank (EZB) frische Milliarden in den Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen. Das beschloss der EZB-Rat in Frankfurt.

Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), verkündet ein Auslaufen des Anleihekaufprogramms.

Eine unvermittelte Kehrtwende nach Jahren im Anti-Krisen-Modus ist dennoch nicht zu erwarten: Den Leitzins im Euroraum hält die EZB auf dem Rekordtief von null Prozent, Geschäftsbanken bekommen somit Zentralbankgeld weiterhin zum Nulltarif. Sparer leiden unter der Zinsflaute.

Zinswende erst im Herbst 2019

Die Wende hin zu höheren Zinsen wollen die Währungshüter frühestens im Herbst 2019 einläuten. Die EZB bekräftigte, dass die Zinsen bis „mindestens über den Sommer 2019“ auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Möglicherweise erfolgt eine Zinserhöhung also erst unter dem Nachfolger von EZB-Präsident Mario Draghi – eventuell sogar erst 2020. Die achtjährige Amtszeit des Italieners läuft Ende Oktober 2019 aus. Volkswirte rechnen damit, dass die EZB in einem ersten Schritt zunächst die Strafzinsen für Kreditinstitute verringern wird. Derzeit sind für geparktes Geld bei der EZB 0,4 Prozent Strafzinsen fällig.

Sparer müssen sich noch gedulden, ehe es wieder höhere Zinsen gibt. Weil zugleich die Inflation tendenziell wieder anzieht, verlieren Sparer auf mickrig verzinsten Tages- oder Festgeldkonten bares Geld. Andererseits profitieren beispielsweise Hausbauer von vergleichsweise günstigen Kreditkonditionen.

Wiederanlage auslaufender Anleihen geplant

Am Anleihenmarkt wird die EZB noch lange ein großer Spieler bleiben, denn Gelder aus auslaufenden Papieren will die Notenbank wieder investieren – und zwar über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung hinaus. Das Kaufvolumen seit Beginn des Programms im März 2015 bis zum Jahresende beläuft sich auf insgesamt rund 2,6 Billionen Euro.

Ziel ist, auf diesem Weg der Konjunktur in den 19 Euroländern auf die Sprünge zu helfen und zugleich die zwischenzeitlich bedenklich niedrige Teuerung anzuheizen. Mittelfristig strebt die EZB Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben – das könnte die Konjunktur bremsen. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im November um 2,0 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Grundsätzlich könnten die Währungshüter im Krisenfall erneut wieder Anleihen erwerben. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind die umstrittenen Käufe erlaubt. (dpa-AFX)

Foto: Arne Dedert/dpa

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