„Vermittler werden vom Markt verschwinden“

Werden vor diesem Hintergrund alternative Vergütungsmodelle attraktiver?

Natürlich sind alternative Vergütungsmodelle immer zu hinterfragen. Dabei ist es allerdings wichtig, mit Augenmaß auch einen Sinnzusammenhang herzustellen. Dieser ist derzeit nicht immer festzustellen. Insbesondere die Diskussion um Provisionsvergütung und Honorar wird nach meinem Empfinden zum Kampf zweier unterschiedlicher ideologischer Strömungen hochstilisiert. Schwarz-Weiß-Malerei hat aber selten zu sinnvollen Lösungen geführt. Auf Versicherungsseite sind Bereiche erkennbar, die über ein Honorarsystem nicht auskömmlich bearbeitet werden können. In anderen Bereichen, insbesondere der Anlagenvermittlung oder -beratung sind Honorar- oder Servicegebührenmodelle sehr wohl vorstellbar.

[article_line tag=“Honorarberatung“]

Ein europaweites Provisionsverbot scheint vom Tisch. Dennoch fordern Verbraucherschützer hierzulande die Abschaffung der „Provisionsberatung“. Glauben Sie, dass ein Verbot in Deutschland kommen wird?

In der Tat scheint die größte Gefahr für ein Provisionsverbot von der nationalen politischen Landschaft auszugehen. Die landauf landab diskutierten Sorgen, dass einem großen Teil der Bevölkerung damit die Möglichkeit der Beratung entzogen wird und darüber hinaus von einem großflächigen Vermittlersterben auszugehen ist, werden von mir im Wesentlichen geteilt. Aspekte dieser Auswirkungen sind im Ausland bereits zu beobachten.

Wenn jemand der Überzeugung ist, dass hinter jedem Provisionsberater ein habgieriger Verkäufer steckt, der grundsätzlich unter Betrugsverdacht stehen muss, werden ihn diese Szenarien allerdings nicht davon abbringen, weiterhin ein generelles Provisionsverbot zu fordern. Auch hier tritt der Streit der Ideologien wieder deutlich zutage. Vielfältige Betrugsfälle selbst in hochregulierten Honorarsystemen zeigen, dass nicht per se das Vergütungssystem, sondern der Charakter und die Einstellung des Leistungserbringers für die Seriosität der Dienstleistung verantwortlich sind. Langfristig orientierte Provisionsberater sind auf das dauerhafte Vertrauen ihrer Kunden angewiesen und werden alleine deswegen nach bestem Wissen und Gewissen eine qualitativ hochwertige Beratung anbieten, die nicht von kurzfristigen Provisionsinteressen unterminiert wird.

Ein Berater hingegen, der lediglich seine eigenen Einkommensinteressen im Auge hat und bereit ist, diese zu Lasten seiner Kunden zu verfolgen, wird dazu auch in wie auch immer gearteten Honorarsystemen Wege finden. Ich hoffe, dass die Politik mit Augenmaß handelt und beide Vergütungssysteme oder aber auch Mischmodelle auf Dauer zulässt.

Interview: Julia Böhne

Foto: Stephanie Eckgold

1 2Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
3 Comments
Inline Feedbacks
View all comments