Cash hat mit Norman Wirth, Vorstand des AfW, über die Bestrebungen der EU die Provisionsoffenlegung zu etablieren, gesprochen.
Das Interview führte Julia Böhne, Cash.
Cash.: Wie beurteilen Sie den Entwurf zur Überarbeitung der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie?
Wirth: Der Entwurf ist – wie der Name schon sagt – bisher nur ein Entwurf, der zur Diskussion gestellt ist, in 27 EU-Staaten. Zudem ist er in diesem Umfang nicht mehr als Überarbeitung zu bezeichnen. Das ist eine völlig neue Richtlinie.
Viele Punkte sind zu begrüßen, wie beispielsweise die Einbeziehung der Direktversicherer in die Regelungen der bisherigen Richtlinie. Diverse Punkte sind jedoch äußerst problematisch und diskutabel, wie die Weiterbildungspflicht und die Provisionsoffenlegung in Euro und Cent.
Cash.: In den Niederlanden und Großbritannien gelten ab 2013 Provisionsverbote. Wäre eine solche Regelung auch in Deutschland denkbar?
Wirth: Denkbar ist alles. Wünschenswert kann eine daraus entstehende Honorarberatungspflicht-Regelung jedoch nicht sein. Einkommensschwächere Bevölkerungsschichten, welche am meisten auf private Altersvorsorge angewiesen sind, werden keine Honorarberatung abrufen.
In den europäischen Ländern herrschen unterschiedliche Beratungsbedingungen. Gleichmacherei sollte auch seine Grenzen haben – in diesem Falle Ländergrenzen. Verbraucherschutz erreicht man nicht mit einer vom Gesetzgeber oktroyierten Änderung des Vergütungssystems, sondern durch angemessene Transparenz, Finanzbildung der Bevölkerung und Qualifikation der Berater und Vermittler.
Cash.: Viele Versicherer weisen mittlerweile die Gesamtkostenquote aus. Inwieweit ist Ihrer Meinung nach die zusätzliche Offenlegung von Provisionen erforderlich?
Wirth: Die Provisionsoffenlegung ist nicht erforderlich. Es nutzt dem Kunden nichts, wenn er erfährt, wie viel oder wenig der Vermittler vor ihm am Tisch erhält, wenn er nicht weiß, wie viel bei gegebenenfalls vorhandenen Strukturen darüber verbleibt. Und dann stellt sich die Frage, was der Kunden mit der Informationsüberflutung anstellen kann.
Zu viel Transparenz ist kontraproduktiv. Kein Mensch liest doch die vielen, inzwischen verpflichtenden Verbraucherinformationen mehr durch.
Foto: Christof Rieken