AIFM-Richtlinie: „30-Prozent-Regelung nicht praktikabel“

Die im Rahmen der AIFM-Richtlinien-Umsetzung in deutsches Recht geplante 30-Prozent-Obergrenze für die Aufnahme Fremdkapital bei Immobilienfonds ist in der Praxis nicht umsetzbar.

Gastkommentar von Dr. Jürgen Gerber, Jamestown. 

Jürgen Gerber, Jamestown US-Immobilien

Bekanntlich ist im Zusammenhang mit der Umsetzung der AIFM-Richtlinie in deutsches Recht eine Obergrenze von 30 Prozent für die Aufnahme von Fremdkapital vorgesehen. Eine solch niedrige Obergrenze gibt es bislang weder für private noch für institutionelle Produkte in anderen Ländern. Erst jetzt wird deutlich, warum eine solche Obergrenze in der Praxis nicht funktionieren wird: Die Obergrenze für die Aufnahme des Fremdkapitals gilt nicht nur zum Zeitpunkt der Auflage eines Fonds, sondern während der gesamten Fondslaufzeit, wie Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen erklärten. Das Argument leuchtet ein: Würde sich die Obergrenze nur auf den Stichtag der Fondsauflage beziehen, hätte sie keinen Sinn, denn dann könnte eine Gesellschafterversammlung wenige Tage nach Fondsschließung die Erhöhung der Quote beschließen.

Was heißt es jedoch in der Praxis, dass die Quote auch für die Folgejahre einzuhalten ist? Nach der AIFM-Richtlinie müssen die Assets in einem Fonds, also beispielsweise die Immobilien, jährlich von unabhängigen Gutachtern neu bewertet werden. In besonderen Fällen, wenn es überraschende Wertminderungen gibt, müssen auch unterjährige Neubewertungen erfolgen. Stellen die Gutachter nunmehr eine dauerhafte Wertminderung bei einem Fondsobjekt fest, dann sinkt dadurch die Eigenkapitalquote – und umgekehrt steigt die Fremdkapitalquote. Damit würde der der Fonds nicht mehr die im Entwurf zum sogenannten Kapitalanlagegesetzbuch festgeschriebenen Vorgaben erfüllen. Doch was soll der Fonds tun? Eine Nachschusspflicht für Anleger ist ausdrücklich ausgeschlossen. Auf diesem Wege kann also kein neues Eigenkapital aufgenommen werden, um die Fremdkapitalquote wieder auf den Höchstwert von 30 Prozent zu drücken.

Der Gesetzgeber hat dieses Thema nicht zu Ende durchdacht. Die Höchstquote von 30 Prozent Fremdkapital kommt aus dem Investmentgesetz, wo sie nach den Problemen offener Immobilienpublikumsfonds von 50 auf 30 Prozent reduziert wurde. Ein offener Immobilienpublikumsfonds besteht jedoch aus einem ganzen Portfolio von dutzenden Immobilien. Hier gilt nur der Durchschnittswert. Die Fremdkapitalquote kann leichter austariert werden, wenn etwa bei Gefahr einer Unterschreitung des Durchschnittswertes neue Immobilien nur mit Eigenkapital erworben werden. Dies ist aber bei einem geschlossenen Fonds, der nur eine oder wenige Immobilien enthält, nicht möglich.

Eine Obergrenze für die Aufnahme von Fremdkapital ist auch im deutschen REIT-Gesetz vorgesehen – allerdings liegt diese bei 55 Prozent des unbeweglichen Vermögens, was angemessener erscheint als die 30 Prozent, die nunmehr im Kapitalanlagegesetzbuch vorgesehen sind. Die Rechtsfolge bei einer dauerhaften Überschreitung dieses Wertes ist in diesem Fall klar: Der REIT würde seine Steuerprivilegien verlieren.

Was hingegen bei einer dauerhaften Überschreitung der Fremdkapitalquote während der Fondslaufzeit – insbesondere durch Objektabwertungen – geschehen würde, bleibt gänzlich unklar. Das führt zu erheblichen Unsicherheiten nicht nur für den Initiator, sondern auch für die Anleger. Dies kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Die 30-Prozent-Regelung sollte also dringend korrigiert werden, da sie nicht nur wirtschaftlich unsinnig ist, sondern eben auch für einen geschlossenen Fonds in der Praxis nicht anwendbar ist und zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit führt.

Der Autor Dr. Jürgen Gerber ist Geschäftsführer der Jamestown US-Immobilien GmbH.

Foto: Jamestown

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