Aktien: „Die Quartalszahlen sind diesmal mehr als Routine“

Jan Viebig, Oddo BHF
Foto: Frank Blümler, Frankfurt, Germany
Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der Oddo BHF SE: "Künstliche Intelligenz wird aber nicht nur die Geschäftsmodelle von Big Tech verändern, sondern den gesamten Bereich rund um diese Unternehmen: Das Geschäft mit der Cloud wird besonders für Unternehmen wie Google und Microsoft stark an Bedeutung gewinnen."

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der Oddo BHF SE, kommentiert wöchentlich was die Märkte bewegt. An der Technologiebranche und des Bankensektors zeigt er, warum die Berichtssaison in diesem Jahr eine besonders aufmerksame Betrachtung verdient.

„Für Konzerne wie den Google-Mutterkonzern Alphabet, Microsoft oder Meta wird entscheidend sein, wie rasch sie den Sprung in die Künstliche Intelligenz schaffen und wie schnell sie ihr Geschäftsmodell an diese neue Ära anpassen…

Künstliche Intelligenz wird aber nicht nur die Geschäftsmodelle von Big Tech verändern, sondern den gesamten Bereich rund um diese Unternehmen: Das Geschäft mit der Cloud wird besonders für Unternehmen wie Google und Microsoft stark an Bedeutung gewinnen. Das erfordert Investitionen in die Cloud-Infrastruktur, in Datenzentren und Netzwerke. Davon können viele Unternehmen aus dem weiteren Umfeld der Tech-Konzerne profitieren. Künstliche Intelligenz kann so zu einem neuen Investitionszyklus führen…

Vor den Tech-Aktien waren die Banken in Europa und den USA an der Reihe, über den Geschäftsverlauf im ersten Quartal zu berichten. Die vier großen in den USA – Bank of America, JP Morgan, Morgan Stanley und Goldman Sachs – vermeldeten Gewinne, die zum Teil deutlich, zum Teil aber immerhin noch knapp über den Erwartungen der Analysten lagen…

Damit sind die Sorgen über den Zustand der amerikanischen Banken noch nicht überwunden. Denn gerade in den USA haben die Quartalsberichte aus dem Bankensektor eine starke Diskrepanz zwischen großen und kleinen Finanzinstituten gezeigt. Größere Banken haben im Trend sogar Zuflüsse bei den Kundeneinlagen verzeichnen können. Regionalbanken dagegen waren eher von Abflüssen betroffen. So hat die First Republic Bank einen starken Rückgang der Kundeneinlagen vermeldet – ein Trend, der alle Banken in den kommenden Monaten noch stärker treffen dürfte. Darin drückt sich zum einen sicherlich mangelndes Vertrauen in die Stabilität kleinerer Banken aus. Zum anderen bieten Geldmarktfonds in diesem Zinsumfeld wieder häufig eine attraktivere Verzinsung.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass der Bankensektor sich als recht stabil erwiesen hat. Zumindest hat er sich so stabil gezeigt, dass der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank in den USA wie auch der Kollaps der Credit Suisse in Europa keine systemischen Verwerfungen im Bankensektor ausgelöst hat.

Durch das gestiegene Zinsniveau wird es für Banken teurer, Kundeneinlagen zu halten oder gar neue anzuziehen. Das dürfte die Bankkunden freuen, wird aber die Gewinne der Finanzinstitute belasten. Die Fed und die EZB werden voraussichtlich die Leitzinsen im Laufe dieses Jahres weiter anheben. Das ist im Prinzip eine gute Nachricht für Banken, da sie bei höheren Zinsen tendenziell ihre Zinsmarge ausweiten können. Doch rechnen wir mit Belastungen vor allem im Kreditgeschäft der Banken. Von daher bleiben wir bei Bankenaktien auch weiterhin zurückhaltend.“

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