Europa? Nein Danke! Dachten Anleger in den letzten Jahren an den Alten Kontinent, entwickelten sich sogleich Horrorszenarien vor ihrem inneren Auge: Hohe Arbeitslosigkeit, hohe Staatsverschuldung, eine oftmals unentschlossene europäische Politik und strukturelle Probleme zu Hauf.
Gastbeitrag von Alexander Lehmann, Invesco
Hinzu kamen negative Schlagzeilen aus mehreren Peripherieländern, die dringend auf Rettungspakete angewiesen waren und teilweise bis heute sind. Alles in allem gute Gründe, die Finger von europäischen Aktien zu lassen. Aber ist diese Sichtweise noch immer gerechtfertigt?
Strukturelle Defizite deutlich verringert
Fakt ist, dass weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit viel getan wurde, um die Probleme zu lösen. Zwar wollen die Stimmen nicht verstummen, nach denen in Europa der Schuldenabbau, die Sparprogramme und die strukturellen Schwächen die Konjunktur und die Unternehmensgewinne noch viele Jahre dämpfen werden.
Aber der Kontinent hat bei seinem Kampf gegen wichtige Ungleichgewichte große Fortschritte gemacht. Viele der Reformen in den Peripherieländern zeigen jetzt Wirkung.
Nach drastischen Steuererhöhungen und Staatsausgabenkürzungen haben sich die strukturellen Defizite deutlich verringert und aus Leistungsbilanzdefiziten sind Überschüsse geworden. Die unumgänglichen staatlichen Sparprogramme sind weitgehend abgeschlossen, die Liquiditätssituation verbessert sich.
Zudem zielen viele der Reformen und Gesetze in den Peripherieländern auf eine Stimulation des Wachstums. Dazu zählen insbesondere Arbeitsmarktreformen, die zu einem Rückgang der Lohnstückkosten geführt haben. Es wird bereits wieder mehr exportiert, und es gibt deutliche Anzeichen für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.
Günstige Rahmenbedingungen, attraktive Bewertungen
Neben den nun wieder deutlich positiveren volkswirtschaftlichen Daten sollten die attraktiven Bewertungen an den Aktienmärkten die Albträume potentieller Investoren über Europa allmählich beenden.
Europa ist einer der weltweit am niedrigsten bewerteten Märkte. Trotz der sehr guten Aktienmarktentwicklung seit Juli 2012 sind europäische Aktien gemessen an vielen Kennziffern sogar noch immer unterbewertet.
Das aktuelle Shiller-KGV für den europäischen Aktienmarkt, bei dem die Gewinne um Konjunktureinflüsse bereinigt werden, liegt noch immer um 24 Prozent unter dem langfristigen Durchschnitt.
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