Statistiken zeigen, dass die US-Unternehmen mit den höchsten Aktienrückkaufsquoten die großen, seit langem etablierten Gesellschaften aus dem Technologie- und Pharmasektor sind. Sie generieren aus ihrem Kerngeschäft hohe Cash-Flows und geben diese nun über Buybacks teilweise an ihre Aktionäre weiter. So erwarb Apple in den vergangenen vier Jahren rund 20 Prozent der eigenen Aktien, IBM hat die Anzahl der ausstehenden Aktien über 25 Jahre um 50 Prozent gesenkt – in diesem Fall leider in Verbindung mit einer ansteigenden Verschuldung. Unter den Top Ten der US-Aktienrückkäufer befanden sich 2018 Exxon, Microsoft, Oracle, Cisco, Walmart, Wells Fargo, Pfizer und Procter & Gamble. Die Schlusslichter sind hingegen die Branchen, in denen traditionell hohe Dividenden gezahlt werden, wie Versorger, Rohstoffförderer und Immobilienwerte. Hier sind Buybacks weniger üblich.
Was spricht für, was gegen Aktienrückkäufe?
Wenn ein Unternehmen einen Aktienrückkauf durchführt, sinkt die Anzahl seiner am Markt ausstehenden Aktien, der Gewinn je Aktie steigt also tendenziell. In der Regel steigt daher der Kurs unmittelbar nach der Ankündigung eines Rückkaufprogramms – in gewisser Weise also ein technischer Effekt. Ob ein Buyback wirklich sinnvoll ist, sollte man daher an anderen Kriterien festmachen. Manchen Konzernen geht es darum, die Kapitalkostenstruktur zu optimieren – angesichts der niedrigen Renditen bei Unternehmensanleihen ist diese Form des „Financial Engineering“ auch aus Aktionärssicht nicht verkehrt, da Kosten minimiert und der Gewinn pro Aktie gesteigert werden.
Manche Management-Teams handeln dabei allerdings auch im Eigeninteresse, denn sie halten selbst Aktien und profitieren vom Rückkauf. Schließlich stellt sich noch die Frage: Fehlen alternative, attraktive Investitionsmöglichkeiten? Aktieninvestoren mögen nämlich Konzerne mit starkem Wachstumsprofil, idealerweise organisch, aber auch durch Zukauf. Wenn der Vorstand wirklich keine bessere Idee hat, als eigene Aktien zu kaufen, dann kann das durchaus auch ein Hinweis auf begrenzte Perspektiven sein.
Blick auf den Einzelfall
Gut oder schlecht, das lässt sich also nicht so einfach beantworten. Rückkaufprogramme können ein sinnvoller Bestandteil der Shareholder-Value-Politik sein, unter der Bedingung, dass sich ein Unternehmen den Buyback auch wirklich leisten kann. Doch ist es kritisch, wenn dieses Instrument nur als „Strohfeuer“ zur kurzfristigen Steigerung des Aktienkurses genutzt wird – vor allem wenn die Verschuldung des Unternehmens in unverantwortlichem Ausmaß steigt.
Wie so oft gilt es also, den Einzelfall genau anzuschauen. Gelegenheit wird es dafür in naher Zukunft noch oft geben: Wir rechnen mit zahlreichen weiteren Programmen. Die abgeklungene Berichtssaison sowie die Aussicht auf niedrige Renditen am Corporate-Bond-Markt dürften weitere Aktienrückkäufe auslösen.
Autor Benjardin Gärtner ist Leiter Portfoliomanagement Aktien bei Union Investment.
Foto: Union Investment