Alina vom Bruck im Exklusiv-Interview: „Jedes Unternehmen braucht einen klaren, strategischen Fokus“

Themenwechsel: Wie bewerten Sie die Ergebnisse der Fokusgruppe Private Altersversorgung und das Rentenpaket II? Das Thema Altersarmut klang in unserem Gespräch ja bereits an.  

vom Bruck: Ich würde das Thema zweiteilen: Einerseits die gesetzliche Altersversorgung, die wir nicht beeinflussen können und andererseits die Versicherungswirtschaft. Bei der gesetzlichen Rente ist die Untergrenze von 48 Prozent ein positiver Schritt, aber nicht ausreichend. Jeder muss auch privat vorsorgen. Persönlich finde ich die zehn Milliarden Euro, die ab 2036 kapitalgedeckt angelegt werden sollen, keine beeindruckende Zahl. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei den jährlichen Rentenerhöhungen von teilweise über zehn Milliarden Euro ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Grundsätzlich ist der Weg zur Kapitaldeckung richtig, aber es muss in Zukunft deutlich mehr passieren, um die gesetzliche Rente stabil zu halten. Was die private Altersvorsorge betrifft, finde ich das Ergebnis gut. Vor allem der Gedanke, Riester-Produkte mit weniger Garantien anzubieten, ist sinnvoll. Riester ist hauptsächlich wegen der staatlichen Förderung interessant, während das Produkt selbst mit einer 100-Prozent- Garantie wenig Renditechancen bietet. Daher ist der Ansatz, weniger Garantien zu geben und damit höhere Renditeaussichten zu ermöglichen, ein guter Weg, um das Produkt attraktiver zu gestalten, ohne sich allein auf die Förderung zu verlassen.

Sie sprachen gerade Riester an. Es gibt Anbieter, die diskutieren über das Produkt oder planen die Wiedereinführung. Wie sehen ihre Pläne aus?

vom Bruck: Wir beobachten die Marktentwicklung. Allerdings sehe ich das Produkt als problematisch, da es hauptsächlich auf der staatlichen Förderung basiert. Für bestimmte Kundengruppen, wie Menschen mit geringem Einkommen oder Alleinverdiener mit Kindern, kann es attraktiv sein, da die Förderung allein einen Vorteil bietet. Allerdings verhindert die 100 Prozent Beitragsgarantie, dass darüber hinaus noch nennenswerte Renditen erzielt werden können.

Wäre eine fondsgebundene Variante für Sie die Alternative?

vom Bruck: Die Beitragsgarantie stellt tatsächlich eine Herausforderung dar, da die 100 Prozent abgesichert werden müssen. Diese 100 Prozent kann man mit einem Prozent diskontieren, solange keine zusätzlichen Rückstellungen gebildet werden. Wenn man einen höheren Zinssatz annimmt, um eine höhere Garantie zu bieten, muss das bilanziell berücksichtigt werden, was die Kosten beeinflusst. Bei einem kostengünstigen Produkt mit einem Prozent Kosten führt dies dazu, dass der Garantiezins minus Kosten genau null ergibt. Das bedeutet, dass kaum etwas übrigbleibt, um zusätzliche Mittel aus dem Sicherungsvermögen in Fonds zu investieren. Hier liegt das Problem.

Die bAV-Absatz entwickelt sich aktuell gut. Allerdings wünschen sich die Versicherer mehr Impulse, weil das ja ein guter Baustand ein notwendiger Baustein gegen die Altersarmut. Was muss sich ändern?

vom Bruck: Das Modell der betrieblichen Altersvorsorge ist gut und bleibt erhalten. Beim Thema Betriebsrentenstärkungsgesetz 2 und dem Rentenwerk waren wir sehr aktiv, jedoch hat das wenig Fahrt aufgenommen. Es gibt kaum Modelle, die in der Industrie zum Einsatz kommen. Eine mögliche Anpassung wäre, dieses Modell auch außerhalb von Tarifparteien anzubieten, etwa als reine Beitragsorientierung. Allerdings würde das über private Altersvorsorgemodelle laufen, da es von der bAV nicht abgedeckt werden kann. Es gibt Arbeitnehmer, die eine Beitragsorientierung fordern, um mehr Rendite zu erzielen, was wir als sinnvoll erachten.

Braucht es da von Seiten der Politik einen Neuansatz?

vom Bruck: Ich würde sagen, Nacharbeit wäre notwendig, um das Modell attraktiver zu machen.

Es gibt immer wieder Kritik an Versicherungslösungen für die Altersvorsorge, auch den fondsgebundenen. Bis hin zum Vorwurf, die Lebensversicherung sei staatlich legalisierter Betrug. Wie bewerten Sie das?

vom Bruck: Den Betrugsvorwurf möchte ich unkommentiert stehen lassen. Insgesamt halte ich die Aussage für unzutreffend, da fondsgebundene Lösungen durchaus sinnvoll sind und Vorteile für den Kunden bieten. Wichtig ist eine gute Beratung. Der Mehrwert für den Kunden entsteht schon durch die Beratung, denn viele kennen sich kaum mit Fonds aus und treffen ohne Unterstützung möglicherweise falsche Entscheidungen. Über lange Zeiträume kann man je nach Entscheidung viel gewinnen oder verlieren. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass das Produkt kostengünstig sein muss, damit der Kunde von der positiven Produktentwicklung profitiert. Fondsgebundene Rentenversicherungen bieten zudem den Vorteil einer lebenslangen Rente, was bei anderen Sparplänen nicht gewährleistet ist.

„Oft diskutiert man, ob das Geld bis 85 reicht, aber viele Menschen leben länger.“

Alina vom Bruck

Oft diskutiert man, ob das Geld bis 85 reicht, aber viele Menschen leben länger. Es ist daher wichtig, die Rentenzahlung bis ins hohe Alter sicherzustellen. Um 90 Prozent der Menschen bis ans Lebensende abzusichern, muss man bis etwa 95 Jahre planen. Vielen ist das nicht bewusst. Hinzu kommt schlussendlich noch der steuerliche Aspekt. Fondsgebundene Rentenversicherungen profitieren von Steuervorteilen, da die Besteuerung während der Ansparphase entfällt und in der Auszahlungsphase reduziert ist. Dies führt zu einem Renditevorteil durch den Zinseszinseffekt: Während bei Fonds fortlaufend Steuern abgeführt werden müssen, bleiben diese in der Rentenversicherung länger im Produkt und können weiter mitverzinst werden. Dieser Effekt gleicht auch die Kosten aus, die in solchen Produkten anfallen.

Als Gegenentwurf werden immer ETFs für die private Altersvorsorge empfohlen. Was sagt die Expertin?

vom Bruck: Ich selbst nutze sowohl ETFs als auch aktiv gemanagte Fonds für meine Altersvorsorge. ETFs sind kostengünstig und bieten eine Rendite, die sich an Indizes orientiert, was eine solide Wahl darstellt. Aktiv gemanagte Fonds können besser oder schlechter abschneiden, oft werden ETFs als Benchmark verwendet. Es gibt jedoch Fonds mit einem guten Track Record, die die Benchmark auch nach Abzug der Kosten schlagen. Letztlich sollte jeder das wählen, womit er sich wohlfühlt. Für Anleger, die sich nicht intensiv mit der Auswahl von Fonds beschäftigen möchten, sind ETFs oft die bessere Wahl. Mit einem guten Berater bieten auch aktiv gemanagte Fonds Vorteile.

Ich war im Februar auf einer Run-Off-Konferenz, an der auch Viridium CEO Thilo Dresen teilnahm. Eine seiner Aussagen fand ich sehr spannend. Er sagt, dass die Modernisierung der IT einige Versicherer an ihre finanziellen Grenzen bringe und eventuell auch zur Geschäftsaufgabe. Wie groß sind die Herausforderung bei der Gothaer? Auch vor dem Hintergrund, des Zusammenschlusses mit der Barmenia.

vom Bruck: Das ist definitiv ein wichtiges Thema, das wir lösen müssen. Eine Fusion bietet langfristig klare Vorteile, da die Digitalisierung Skaleneffekte ermöglicht. Ob ein System für wenige oder viele Verträge genutzt wird, macht keinen großen Unterschied – der Hauptaufwand liegt im Aufbau des Systems selbst. Größere Versicherer haben da Vorteile, und durch Fusionen entsteht ein größeres Budget für digitale Lösungen. Hinzu kommt, dass die Geschwindigkeit der Entwicklungen zunimmt. Es geht nicht nur um Bestandsführungssysteme, sondern auch um erste sinnvolle KI-Lösungen, die ein neues Feld eröffnen.

Im Austausch mit Vertriebspartnern zeigt sich, dass das Produkt zwar weiterhin wichtig ist, aber der Fokus verstärkt auf Service und digitale Prozesse gelegt wird. Digitale Prozesse und schnelle Antwortzeiten sind zu einem Wettbewerbsvorteil geworden. Versicherer müssen in Digitalisierung und schnelle Prozesse investieren, um den Anforderungen der Kunden und Vertriebspartner gerecht zu werden. Heute, wo alles digital ist, wird vom Versicherer erwartet, dass er digital und schnell antwortet. Und dafür brauchen wir Digitalisierung, schnelle Prozesse und müssen investieren. Und das tun wir auch.

Sie erwähnten gerade die Künstliche Intelligenz. In welchen Bereichen der Lebensversicherung sehen Sie die Einsatzmöglichkeiten? 

vom Bruck: Langfristig sehe ich großes Potenzial, besonders angesichts der schnellen Entwicklungen. Vor zwei bis drei Jahren waren KI-Experimente oft noch von mäßiger Qualität und die Ergebnisse nicht zufriedenstellend. In den letzten Monaten hat sich das jedoch rasant verbessert. Wenn man die nächsten fünf bis zehn Jahre betrachtet, wird KI in fast allen Bereichen unterstützend eingesetzt werden, auch wenn sie Vieles nicht vollständig ersetzen kann. Wir arbeiten derzeit an KI-Lösungen für die Risikoprüfung und danach auch für die Leistungsprüfung. KI kann dabei helfen, unstrukturierte Anfragen und Informationen, wie Risikovoranfragen oder Arztberichte, zu strukturieren und so den Arbeitsaufwand zu reduzieren.

Die eigentliche Entscheidungsfindung bleibt jedoch weiterhin beim Menschen, da die KI dafür noch nicht ausgereift ist. Dennoch erleichtert sie die Vorarbeit erheblich. Auch in anderen Bereichen, wie Vertrieb und Operations, wird KI zunehmend zum Einsatz kommen, insbesondere bei der strukturierten Suche und Zusammenfassung von Informationen. Wir haben umfangreichste Bedingungswerke über Tarifgenerationen die schon Jahrzehnte in die Vergangenheit gehen. Und wenn eine konkrete Frage kommt, was der Vertrag vorsieht oder welche Regelung gilt, dann ist es natürlich schön, wenn man nicht selbst suchen muss, weil das System es aufbereitet.

Vor dem Hintergrund: Wie viel Mensch ist in der Beratung in der Lebensversicherung künftig noch nötig?

vom Bruck: Ich glaube, der menschliche Faktor ist extrem wichtig. KI kann jedoch eine große Unterstützung bieten und die Arbeit erheblich erleichtern. Besonders im Vertrieb macht sich der demografische Wandel bemerkbar, und es wird zunehmend schwieriger, qualifizierte Nachfolgelösungen zu finden. Hier kann KI helfen, den Fachkräftemangel abzufedern, indem sie Aufgaben übernimmt, die nicht zum Kerngeschäft des Vertriebs gehören, wie zum Beispiel die Bearbeitung von Schadensmeldungen. So kann sich der Vertrieb wieder stärker auf seine Kernaufgaben, wie Beratung und Verkauf, konzentrieren. Allerdings glaube ich auch, dass das Vertrauen in eine rein maschinelle Beratung noch nicht ausreichend ist.

Alina vom Bruck: „Wenn es kompliziert wird und es um langfristige Verpflichtungen geht, möchten die Kunden jemanden haben, dem sie vertrauen können und der ihnen persönlich versichert, dass sie die richtige Entscheidung treffen.“ Foto: Frank von Groen Photography

Besonders bei komplexen Themen wie Altersvorsorge oder Biometrie, die langfristige und existenzielle Entscheidungen betreffen, wollen die Menschen immer noch mit einem Berater sprechen. Wenn es kompliziert wird und es um langfristige Verpflichtungen geht, möchten die Kunden jemanden haben, dem sie vertrauen können und der ihnen persönlich versichert, dass sie die richtige Entscheidung treffen. In anderen Bereichen, wie der Sachversicherung, zum Beispiel bei Kfz-Versicherungen, funktioniert der Online-Vertrieb hingegen sehr gut. Diese Versicherungen lassen sich einfacher digital abwickeln, und KI kann in solchen Fällen eine wertvolle Unterstützung bieten.

Lassen Sie uns zum Megatrend Nachhaltigkeit kommen. Wie reagieren die Kunden aktuell auf das Thema?

vom Bruck: Beim Produktangebot ist es mir wichtig, nachhaltige Optionen anzubieten, und darauf steuern wir gezielt hin. Bei den Altersvorsorgeprodukten haben wir erreicht, dass immer nachhaltige Lösungen zur Verfügung stehen. Manchmal sind diese grundsätzlich nachhaltig, oft gibt es aber auch parallele Varianten, die sowohl nachhaltige als auch nicht-nachhaltige Optionen bieten. Im Vertrieb schulen wir umfassend, sowohl in Bezug auf die Nachhaltigkeitsaspekte der Produkte als auch zur optimalen Beratung, um dem Kunden die beste Lösung zu bieten. Wichtig ist, dass der Kunde am Ende selbst entscheidet, ob er nachhaltige Produkte möchte oder nicht. Interessanterweise wählen etwa drei Viertel der Kunden beim Lead-Altersvorsorgeprodukt „Garantierente Index“ eine nachhaltige Lösung. Das zeigt, dass die Beratung greift und viele Kunden diese Option schätzen. Im Konzern haben wir eine klare Nachhaltigkeitsstrategie, die auch Produkte und Kapitalanlagen umfasst. Daher setzen wir einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit, aber die Entscheidung, welche Lösung der Kunde wählt, liegt letztlich immer bei ihm.

Mein Eindruck ist, dass das vor dem Hintergrund von Krieg Unruhen und Konflikten aktuell ein wenig aus dem Fokus geraten ist.

vom Bruck: In der Gesellschaft hat das Thema Nachhaltigkeit in der Tat an Sichtbarkeit verloren, da andere Krisen in den Vordergrund gerückt sind und der Klimawandel eher an zweiter Stelle wahrgenommen wird. Nachhaltige Anlageoptionen sind renditetechnisch gleichwertig zu anderen Lösungen, und Kunden entscheiden nicht zwischen Rendite und Nachhaltigkeit, sondern nach persönlichen Schwerpunkten. Daher kann man nicht sagen, dass das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung verliert. In fondsgebundenen Versicherungen mit vielen Artikel 8- und Artikel 9-Fonds bleibt das Interesse konstant. Allerdings spüren wir, dass das Mindset in der Gesellschaft weniger auf Nachhaltigkeit fokussiert ist, was sich auch in der Nachfrage im Vertrieb widerspiegelt. Kunden fragen seltener danach, aber wenn sie beraten werden, schließen sie ab.

Wo steht die BarmeniaGothaer als Versicherungskonzern bei dem Thema?

vom Bruck: ESG ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie, mit Fokus auf drei Bereiche: Kapitalanlage, Produkte und unsere eigenen Maßnahmen an den Standorten. In der Kapitalanlage sind wir besonders stark in erneuerbaren Energien engagiert, ein Bereich, den wir bereits vor über zehn Jahren begonnen haben auszubauen. Wir investieren etwa das Vierfache des Marktdurchschnitts in erneuerbare Energien, bei Lebensversicherungen sogar das Sechs- bis Siebenfache. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie umfasst verschiedene Aspekte, darunter die Konformität unseres Sicherungsvermögens mit Artikel 8.

Ein wichtiger Ansatz sind Ausschlüsse, um problematische Investments wie kohlebasierte Projekte und bestimmte Länder zu meiden. Gleichzeitig fördern wir Impact-Investments, etwa in Naturkapital und erneuerbare Energien, mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 200 Millionen Euro. Diese Investments unterstützen CO2-Bindung, Biodiversität und nachhaltige Unternehmen. Zusätzlich integrieren wir Nachhaltigkeit als gleichwertigen Bestandteil der Finanzanalyse und streben eine CO2-Reduktion an. Nachhaltigkeitsziele sind dabei fest in unseren Unternehmenszielen verankert und beeinflussen sogar die Vergütung von Vorstand, Führungskräften und Mitarbeitenden.

Sie sagten gerade, dass sie in gewisse Länder nicht investieren. Welche sind auf der schwarzen Liste?

vom Bruck: Wir verfolgen zwei unterschiedliche Ansätze. Zum einen haben wir strikte Ausschlusskriterien, die unabhängig von anderen ESG-Kriterien definiert sind. Aktuell schließen wir Russland und Belarus kategorisch aus. Seit Beginn des Krieges haben wir entschieden, dass Investitionen in diese Länder, unabhängig von anderen Faktoren, für uns nicht infrage kommen. Darüber hinaus investieren wir nicht in Staaten mit dem Status „Not Free“ im Freedom House Index.

Zum anderen nutzen wir einen sogenannten Staatenindex, der Länder auf Basis verschiedener ESG-Kriterien bewertet – von ökonomischen über soziale bis hin zu Governance-Kriterien. Die Länder werden auf einer Skala von 1 bis 5 eingestuft. Länder mit der Note 5 schließen wir konsequent aus, und Länder mit der Note 4 faktisch ebenfalls. Zwar wären Investitionen in Note-4-Länder mit guter Begründung möglich, jedoch sind diese in der Praxis selten. Statt pauschal Länder auszuschließen, bewerten wir auf Basis der spezifischen Kriterien, wie gut oder schlecht ein Land insgesamt abschneidet, und schließen es entsprechend aus.

Stichwort Rüstung. Investitionen in Rüstung galten vor dem Ukraine-Krieg als Ausschlusskriterium. Seit dem Beginn am 22. Februar 2022 hat die Einstellung hierzu dramatisch geändert. Wie bewerten Sie das?

vom Bruck: Früher hatten wir Waffen- und Rüstungsinvestitionen vollständig ausgeschlossen; sie standen auf unserer Ausschlussliste. Mit dem Beginn des Krieges haben wir jedoch unsere Position überdacht, da sich sowohl die gesellschaftliche als auch die geopolitische Lage verändert hat. Plötzlich gewannen Waffen und Rüstung für die eigene Verteidigung an Bedeutung. Infolgedessen haben wir die Ausschlüsse gelockert und festgelegt, dass Investitionen in deutsche, europäische oder amerikanische Rüstungsunternehmen möglich sind, sofern keine weiteren Verstöße vorliegen. Faktisch haben wir solche Investitionen jedoch nicht umgesetzt.

Wie bereiten Sie den Vertrieb auf das vielschichtige Thema Nachhaltigkeit vor?

vom Bruck: Wir haben früh damit begonnen, vor allem durch Schulungen vor Ort und in Webkonferenzen. Zunächst ging es darum, den Beratern grundlegendes Wissen zu vermitteln: Worauf müssen sie in der Beratung achten, und wie können sie Kunden gut zum Thema Nachhaltigkeit beraten? Aufbauend darauf ist das Thema Nachhaltigkeit fester Bestandteil unserer Produktschulungen. Bei der Einführung neuer Produkte oder bei Schulungen erklären wir, wie Nachhaltigkeit abgebildet wird und welche Optionen es gibt, nachhaltig oder nicht nachhaltig zu investieren. Zudem unterstützt der Anlagekonfigurator bei der Auswahl von Artikel 8- und Artikel 9-Fonds. Insbesondere bei der Fondsrente gibt es sehr viele Fonds in der Auswahl und nicht jeder Berater kann sich alles im Einzelnen merken und hat hier die Möglichkeit, nachzuschauen.

Wer trägt die Kosten für die aufwendige Beratung?

vom Bruck: Wir haben das Thema Nachhaltigkeit in die Beratungsprozesse integriert. Dadurch wird die Beratung bestenfalls nicht aufwendiger, sondern bezieht verschiedene Aspekte im Beratungsprozess mit ein. Neben klassischen Faktoren wie Risiko und Rendite wird nun auch Nachhaltigkeit als weiterer Faktor einbezogen.

Abschließende Frage: Was sind Ihre Erwartungen für das Jahresendgeschäft 2024.

vom Bruck: Die betriebliche Altersversorgung läuft schon extrem gut und wir sind für das Jahr sehr gut aufgestellt. Nun müssen wir abwarten, welche Auswirkungen die Änderung des Höchstrechnungszinses haben wird. Für BU-Kunden bieten wir jedoch die Möglichkeit, sich die Vorteile der Höchstrechnungszinsanhebung im kommenden Jahrs durch eine Umstellaktion zu sichern. Wir senden ihnen Alternativangebote, damit sie prüfen können, ob die Höchstrechnungszinsänderung für sie vorteilhaft ist. Es besteht aber Unsicherheit, wie das zweite Halbjahr verlaufen wird.

Aber wir haben gemeinsam mit der Barmenia eine neue Fondrente entwickelt, die in ihren Features, wie dem fondsgebundenen Rentenbezug, sehr stark ist und zudem kostengünstig angeboten werden kann. Diese neue Fondrente ist seit Oktober verfügbar. Das Besondere: Kunden, die ihr Leben lang in Fonds sparen, müssen zur Rente nicht in ein klassisches Produkt wechseln, sondern können weiter von den Renditechancen des Kapitalmarkts profitieren. Das Produkt wird zudem hohe Flexibilität bieten, wie Zuzahlungen, Teilauszahlungen und eine breite Fondpalette. Es wird kostengünstig und gut positioniert sein, mit typischen Features wie Anlauf- und Ablaufmanagement.

Das Interview führte Cash. Redakteur Jörg Droste

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