Die globalen Aktienmärkte waren in der letzten Woche in guter Stimmung. Um zwischen 1,5% und 2% legten die meisten größeren Indizes zu, Asien noch etwas stärker. Auf der Suche nach Gründen wird man schnell fündig. Ein Kommentar von Dr. Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Osteuropa bei BlackRock.
Die globalen Aktienmärkte waren in der letzten Woche in guter Stimmung. Um zwischen 1,5% und 2% legten die meisten größeren Indizes zu, Asien noch etwas stärker. Auf der Suche nach Gründen wird man schnell fündig.
Denn gerade die Entwicklung von Risikoanlagen ist zurzeit stärker als im langfristigen Vergleich von Ereignissen an der politischen Front geprägt, zu messen etwa an dem Performancebeitrag, der aus anderen Quellen als Gewinnwachstum – mithin aus politischer Unsicherheit – gespeist wird.
Just diese Unsicherheit hat in der letzten Woche abgenommen, und zwar in Italien und auf der britischen Insel. Die neue Regierung in Rom, bestehend aus Fünfsternepartei und Sozialdemokraten, dürfte einen weniger radikalen Konfrontationskurs zur EU steuern als ein von Lega-Chef Matteo Salvini geführtes rechtsnationales Bündnis, das zwischenzeitlich gedroht hatte.
Harter Brexit eher unwahrscheinlich
Und in London hat der neue Premierminister Boris Johnson seine No-Deal-Brexit-Rechnung ohne das Parlament gemacht, so dass ein hartes Ausscheiden Großbritanniens aus der EU zunächst
unwahrscheinlicher geworden ist.
Die Märkte honorieren derartige Nachrichten mit steigenden Aktienkursen, niedrigerer Volatilität (für Europa letzte Woche zurück auf unter 15, also in die Nähe des Durchschnitts der letzten Jahre) und leicht nachgebenden Gold- und Anleihepreisen.
Allerdings scheint den Marktteilnehmern bewusst zu sein, dass die Entwarnung nur vorübergehend sein könnte, und zwar sowohl in Italien als auch in Großbritannien. Nach wie vor drohen Neuwahlen in beiden Ländern, und die könnten dann doch noch zu Konstellationen führen, die aus Marktsicht negativ wären.
Kommt es nämlich in Großbritannien zu einer Neuwahl noch im Oktober, könnte sogar das Gesetz wieder rückgängig gemacht werden, welches letzte Woche zur Verhinderung eines harten Brexits verabschiedet wurde. Dann hätte Boris Johnson doch noch gewonnen.
Bedeutung für Anleger
Dass vor dem Hintergrund der vielen politischen Unsicherheiten die Risikomärkte überhaupt so gut laufen, liegt vor allem an den Zentralbanken. Und in diesem Zusammenhang ruhen diese Woche alle Augen auf der EZB, die früher im Jahr weitere Expansion angekündigt hatte und vermutlich nun auch liefern wird.
Die Frage scheint eigentlich nur, ob es eine weitere Zinssenkung und neuerliche Asset-Käufe im Paket gibt, oder nur eines von beiden. Wir denken, dass Mario Draghi auf seiner vorletzten Pressekonferenz als EZB-Präsident die Senkung des Einlagezinses um 10, maximal 20 Basispunkte bekanntgeben, den Ankauf weiterer Finanztitel aber zunächst nur in Aussicht stellen wird, ohne ihn zu präzisieren.
Dafür rechnen wir mit Maßnahmen, um die negative Wirkung des ‚Strafzinses‘ auf die Banken abzumildern, etwa ein Staffelungssystem. Weitere Lockerung könnte dann später im Jahr bekanntgegeben werden.
So sichert die EZB sich selbst und den Märkten die Aussicht auf positiven Newsflow Richtung Jahresende, was auch mit Blick auf die neue Präsidentin Christine Lagarde erwünscht sein kann. Für Risikoanlagen wären dies in jedem Fall gute Nachrichten. Solange es dann aus London, Washington, Peking etc. keine dramatischen Störgeräusche gibt, bleiben fürs erste die Signale auf grün.
Foto: Blackrock