Allianz PKV-CEO Jan Esser: „Wir haben im Moment das leistungsstärkste Produkt am Markt“

Dr. Jan Esser, Vorstandsvorsitzender Allianz PKV
Foto: Allianz
Jan Esser: "Im Vergleich zur GKV muss sich die PKV nicht verstecken."

EXKLUSIV Die Nachfrage nach Gesundheitsabsicherung ist hoch. Dabei verbuchen die PKV-Anbieter insbeson- dere in der betrieblichen Krankenversicherung extrem starke Zuwächse. Aber auch in der Kranken- Vollversicherung läuft es inzwischen wieder gut. Cash. sprach mit dem Allianz PKV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Jan Esser über Wachstumspotenziale, Gesundheitstrends, die Digitalisierung im Gesundheitswesen, die Bezahlbarkeit der PKV im Alter und das schwierige Vertriebsthema Pflegeversicherung.

Herr Dr. Esser, Gesundheit liegt hoch im Kurs. Wie haben sich die Zahlen in der Krankenvollversicherung bei Ihnen entwickelt, wie in der Zusatzversicherung?

Esser: Die Pandemie hat das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Notwendigkeit einer hochwertigen Gesundheitsversorgung noch einmal deutlich verstärkt. Und offenbar überzeugen wir mit unseren Produkten, denn das Neugeschäft läuft in allen unseren drei Bereichen sehr gut. Nämlich in der Vollversicherung, der Zusatzversicherung und dem Firmengeschäft, also insbesondere der betrieblichen Krankenversicherung (bKV). Zurückblickend waren 2021 und 2022 schon Rekordjahre im Neugeschäft, mit jeweils zweistelligen Wachstumsraten. 2023 haben wir nochmals ordentlich zugelegt, mit in Summe ungefähr 25 Prozent Neugeschäft über dem Vorjahr. In der Vollversicherung konnten wir den Absatz gegenüber 2022 nochmals um zwölf Prozent und in der Zusatzversicherung um 40 Prozent steigern; besonders stark waren dabei die Zahnzusatzversicherung und die bKV. Das Schöne ist, dass es auch 2024 wirklich gut läuft. Im ersten Quartal haben wir ein Wachstum in ähnlicher Größenordnung gehabt, ein Plus von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Sie sehen an diesen Zahlen: Unsere leistungsstarken und flexiblen Produkte bei einem Unternehmen – der Allianz – , das ein Garant für Sicherheit ist, kommen an.

Lassen Sie uns kurz auf die Krankenvollversicherung zurückkommen. Wir sehen einen kontinuierlichen Anstieg der JAEG. 2023 lag sie bei 66.600 und in diesem Jahr bereits bei 69.300 Euro. Wie groß ist trotz der Hürde das Interesse an der Vollversicherung?

Esser: Generell sehen wir ein wachsendes Interesse an der privaten Krankenversicherung. Fast jeder zweite Bundesbürger ist mittlerweile privat versichert – etwa 10 Prozent der Bevölkerung in der Vollversicherung und zudem rund 30 Millionen in der Zusatzversicherung. Aus meiner Sicht sprechen gerade jetzt starke Gründe für die Vollversicherung. Zum einen hat der GKV-Höchstbeitrag Mitte vergangenen Jahres die 1.000 Euro Schallmauer durchbrochen. Das ist eine Größenordnung und eine psychologische Grenze, bei der viele freiwillig Versicherte anfangen zu überlegen, ob es Alternativen gibt. Zum anderen messen die Menschen einer hochwertigen Gesundheitsversorgung eine sehr große Bedeutung bei, und da kommen natürlich auch die Diskussionen über die Leistungs- und Beitragsentwicklung in der GKV ins Spiel. Denn anders als in der GKV ist in der PKV der einmal gewählte Leistungsumfang lebenslang vertraglich garantiert. Darüber hinaus haben die Menschen unterschiedliche Bedürfnisse, und da ist ein flexibles System wie die PKV sehr interessant.

Die Kölner Ratingagentur Assekurata hatte im Juni den Marktausblick PKV vorgestellt. Da zeigte sich, dass die Leistungsausgaben im vergangenen Jahr um rund neun Prozent gestiegen sind. Haben Sie eine Erklärung, welches die Treiber sind?

Esser: Wir haben eine immer bessere medizinische Versorgung, die viel mehr leistet, aber auch mehr kostet. Viele Krankheiten sind heute durch Hightech-Verfahren, mit neuen Therapien und mit neuen Medikamenten behandelbar. Das heißt, auf der einen Seite ist die Medizin leistungsfähiger denn je, aber auf der anderen Seite auch dementsprechend teurer.

Wenn die Leistungsausgaben steigen, dann müssen natürlich auch die Beiträge steigen. Wie sieht das denn mit den Beitragsanpassungen bei Ihnen aus? Wie hoch waren die im vergangenen Jahr?

Esser:  Wenn die Leistungen infolge des medizinischen Fortschritts steigen, spiegelt sich das in den Beiträgen. Denn das Leistungsversprechen in der PKV schließt auch den medizinischen Fortschritt ein. Bei der APKV betrug die Beitragsanpassung zum 1. Januar 2024 durchschnittlich vier Prozent.

Thema Bezahlbarkeit der Tarife im Alter. Hier werden immer wieder auch Ängste geschürt. Sind die Vorwürfe aus Ihrer Sicht berechtigt? 

Esser: Definitiv nein. Als Krankenversicherer tun wir viel dafür, Anpassungen im Alter abzufangen oder abzumildern. Zu den Besonderheiten der privaten Krankenversicherung gehört, dass wir einen großen Teil der Beiträge in den ersten Jahren der Versicherung als Vorsorge ansparen – gerade für die mit dem Alter ansteigenden medizinischen Kosten. Durch diese so genannte Alterungsrückstellung wirkt sich dann die individuelle Alterung und der veränderte persönliche Krankheitszustand des Einzelnen nicht auf die Beitragshöhe aus. Darüber hinaus gibt es weitere Maßnahmen: Zum einen den gesetzlich vorgeschriebenen Beitragszuschlag von zehn Prozent zwischen dem 21. und 60. Lebensjahr. Er entfällt nach dem 60 Geburtstag, und die angesparten Gelder sowie die Mittel aus Zinsüberschüssen werden ab dem 65. Geburtstag genutzt, Beitragserhöhungen abzumildern. Zum anderen kann auch jeder selbst vorsorgen. Wir bieten zum Beispiel eine Vorsorgekomponente an. Damit lassen sich die Beiträge im Alter um eine vorher festgelegte Summe reduzieren.

Wie muss ich mir das vorstellen?

Esser: Bei unserer Vorsorgekomponente zahlen Sie als PKV-Versicherter zusätzliche Summen ein, die wir gewinnbringend anlegen und ab dem 65. Geburtstag nutzen, um die monatlichen Beiträge zu reduzieren. Das funktioniert übrigens auch mit Einmalbeiträgen – zum Beispiel kann man eine Beitragsrückerstattung auf diese Weise anlegen.

Das klingt gut. Allerdings wissen wir, dass sich zahlreiche Kunden beschweren, wenn die Mitteilungen mit den Beitragsanpassungen verschickt worden sind.

Esser: Ich möchte das gerne mit ein paar – öffentlich zugänglichen – Zahlen aus dem PKV-Verband konkretisieren. Danach haben 2022 gerade einmal 2,3 Prozent der Privatversicherten einen Beitrag über dem Höchstbeitrag der GKV bezahlt, also über 769 Euro. Beiträge von über 1.000 Euro finden Sie bei 0,07 Prozent der Versicherten. Das sind wenige tausend Personen. Das zeigt: Die Maßnahmen, die ich eben genannt habe, wirken.

Es gibt immer wieder Kritik an schlagartig deutlich steigenden Beiträgen. Eine Reform des auslösenden Faktors wird immer wieder gefordert, gelöst wurde das Problem bislang aber nicht.

Esser: In der Vergangenheit hatte auch das sinkende Zinsniveau Einfluss auf die Anpassungen. Wenn der auslösende Faktor, der im Wesentlichen von den Leistungsausgaben abhängt, eine Zeit lang nicht anspringt und sich gleichzeitig andere Rechnungsgrundlagen, wie eben das Zinsniveau, weiterentwickeln, dann kommen bei einer Anpassung mehrere Effekte zusammen. Eine Lösung, die diese Ausschläge glättet, wäre daher gut: Regelmäßigere und niedrigere Anpassungen sind meiner Meinung nach auch aus der Kundenperspektive besser als seltenere und dafür höhere. Insgesamt gilt: Im Vergleich zur GKV muss sich die PKV nicht verstecken. In den letzten 20 Jahren sehen wir laut Wissenschaftlichem Institut der PKV branchenweit in der PKV eine Steigerung der Beitragseinnahmen von rund 2,8 Prozent pro Jahr. Bei der GKV waren es im gleichen Zeitraum 3,2 Prozent.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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