Damit erreichte die Allianz den oberen Bereich ihrer Zielspanne und übertraf die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten klar. Für das neue Jahr fasst Vorstandschef Oliver Bäte einen operativen Gewinn zwischen 13,2 und 15,2 Milliarden Euro ins Auge, wie der Konzern am Freitag in München mitteilte. Für die Allianz-Aktie ging es an der Börse jedoch deutlich abwärts.
Am Vormittag verlor das Papier mehr als drei Prozent auf 214 Euro und war damit der größte Verlierer im Dax. Die Allianz-Aktie hatte in diesem Jahr stellenweise bereits elf Prozent gewonnen und den Branchenindex Stoxx Europe 600 Insurance damit etwas abgehängt.
Analysten zeigten sich am Morgen von den Jahreszahlen positiv überrascht. Branchenexperte Philip Kett vom Analysehaus Jefferies lobte vor allem das Ergebnis der Lebens- und Krankenversicherung. Im Schaden- und Unfallgeschäft hatten sich Analysten hingegen mehr erwartet. Zudem hatte Analyst Michael Huttner von der Privatbank Berenberg Anlegern noch am Donnerstag Hoffnung auf einen weiteren größeren Aktienrückkauf gemacht. Diese wurde nun nicht erfüllt.
Unter dem Strich verdiente die Allianz 2022 gut 6,7 Milliarden Euro und damit knapp zwei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In beiden Jahren hatte der Konzern infolge des Anlageskandals von AGI milliardenschweren Schadenersatz und Strafen zu schultern. Die Gesellschaft hatte sich in den USA eines Wertpapierbetrugs schuldig bekannt, nachdem Großanleger wie Pensionsfonds mit AGI-Hedgefonds zu Beginn der Corona-Pandemie Verluste in Milliardenhöhe erlitten hatten. In der Folge musste sich die Fondsgesellschaft zudem vom Großteil ihres US-Geschäfts trennen.
Ende 2022 zehrte zudem der eingeleitete Teilverkauf seines Russland-Geschäfts am Ergebnis des Konzerns: Die Allianz verbuchte dafür wie angekündigt eine Belastung von rund 400 Millionen Euro.
Die Anteilseigner sollen unterdessen nicht darben. Für 2022 winkt ihnen eine Dividende von 11,40 Euro je Aktie, 60 Cent mehr als ein Jahr zuvor. Die Allianz hat die Ausschüttungen in den vergangenen Jahren immer weiter angehoben. Zudem kauft der Konzern immer wieder eigene Aktien vom Markt zurück. Derzeit läuft noch ein Rückkaufprogramm über eine Milliarde Euro, das die Allianz im Herbst gestartet hatte.
Im abgelaufenen Jahr steigerte die Allianz ihren Umsatz vor allem dank Preiserhöhungen und zusätzlichen Verträgen im Schaden- und Unfallgeschäft um knapp drei Prozent auf fast 153 Milliarden Euro. Dabei verdiente der Konzern in beiden Versicherungssparten mehr als im Vorjahr.
Im Schaden- und Unfallgeschäft zog der operative Gewinn um mehr als acht Prozent auf 6,2 Milliarden Euro an, nachdem er im Jahr 2020 unter den Folgen der Corona-Pandemie und 2021 unter der verheerenden Flutkatastrophe in Deutschland gelitten hatte. Analysten hatten jedoch einen stärkeren Anstieg erwartet.
In der Lebens- und Krankenversicherung stieg das operative Ergebnis überraschend um fünf Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Analysten hatten hier einen Rückgang erwartet. Doch im vierten Quartal profitierte die Allianz stark von einer höheren Marge aus Kapitalanlagen in Deutschland und positiven Ergebnissen bei Altersvorsorgeverträgen in den USA. Zudem wirkte sich die Übernahme des Lebensversicherungsgeschäfts des Konkurrenten Aviva in Polen den Angaben zufolge positiv aus.
In der Fondssparte bekam die Allianz jedoch die allgemeine Marktentwicklung und die erzwungene Trennung von AGI-Geschäftsteilen in den USA zu spüren. Einerseits zogen Anleger im Gesamtjahr mehr als 81 Milliarden Euro aus den Fonds der Konzerntöchter Pimco und AGI ab. Vor allem die Übertragung des US-Geschäfts von AGI an den Geschäftspartner Voya ließ das von den Allianz-Gesellschaften verwaltete Vermögen um weitere 30 Milliarden Euro schrumpfen. Ende 2022 verwalteten die Allianz-Fondstöchter für Dritte insgesamt noch Vermögen von 1,6 Billionen Euro, 331 Milliarden weniger als ein Jahr zuvor.
Der Rückgang hatte negative Folgen für die Fondssparte: Ihr Umsatz ging im Gesamtjahr um rund zwei Prozent auf 8,2 Milliarden Euro zurück. Der operative Gewinn schrumpfte um acht Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Die Strafen und der Schadenersatz aus dem Anlageskandal in den USA sind in diesen Zahlen nicht enthalten.(dpa-AFX)