Studie: Junge Menschen von Sparentscheidung überfordert

Nur vier von zehn Deutsche zwischen 17 und 27 Jahren sorgen regelmäßig für ihr Alter vor – schauen aber dennoch optimistisch in die Zukunft. Das ergab eine repräsentative Befragung von 2.500 Jugendlichen und Erwachsenen durch TNS Infratest im Auftrag des Versorgungswerks MetallRente.

„Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland blicken so optimistisch wie schon lange nicht mehr in die Zukunft“, so das Fazit der Studienmacher. Zwar schätzten sie die wirtschaftlichen Aussichten durchaus skeptisch ein, doch Arbeitslosigkeit fürchten sie nicht. So gehen 95 Prozent der Befragten davon aus, in zehn bis fünfzehn Jahren ein gutes Leben zu führen, 91 Prozent sind sich sicher, beruflich erfolgreich zu sein. „So optimistisch war schon lange keine junge Generation mehr“, sagt Studienleiter Klaus Hurrelmann von der Berliner Hertie School of Governance. Die gute wirtschaftliche Lage sei im Bewusstsein der jungen Frauen und Männer angekommen, freut sich der Jugendforscher.

Junge Frauen besonders von Altersarmut bedroht

Ein Ergebnis macht Hurrelmann aber große Sorge: Nur 38 Prozent der jungen Leute zwischen 17 und 27 Jahren sorgen regelmäßig zusätzlich zur Gesetzlichen Rentenversicherung für ihr Alter vor. „Die jungen Leute fühlen sich bei dieser elementaren Frage der Zukunftssicherung überfordert, schlecht informiert und von Staat und Politik im Stich gelassen“, konstatiert der Wissenschaftler. Damit laufe die Mehrheit von ihnen Gefahr, im Alter arm zu sein. Besonders junge Frauen seien mit dem Risiko der Altersarmut konfrontiert.

Heribert Karch, MetallRente

Heribert Karch, Geschäftsführer des Versorgungswerks MetallRente, ergänzt: „Die Rentenreformen der letzten Jahre haben ihre hochgesteckten Ziele bisher weitgehend verfehlt. Das in den kommenden Jahrzehnten deutlich sinkende Rentenniveau wird nicht in ausreichendem Maß durch zusätzliche Vorsorge abgefangen. Alarmierend ist: Die jungen Menschen sind die Hauptbetroffenen der Reformen. Ausgerechnet sie drohen deren große Verlierer zu werden“.

Junge wollen vorsorgen, wissen aber nicht wie

Wie die Studie weiter zeigt, sind sich die befragten Angehörigen der jungen Generation in Deutschland mehrheitlich bewusst, dass sie etwas für ihre Altersvorsorge tun müssen. Ihre grundsätzlich optimistische Zukunftssicht verführe sie nicht etwa zu Sorglosigkeit, erklären die Wissenschaftler, sondern gehe mit einer durchaus „planerisch-rationalen“ (83 Prozent) und „sozial engagierten Lebenshaltung“ (84 Prozent) einher. „Damit widerspricht die Studie eindeutig der vorherrschenden öffentlichen Meinung und gängigen Klischees“, so Experte Hurrelmann. „Die junge Generation in Deutschland ist zur Vorsorge bereit.“

Neun von zehn Befragte halten zusätzliche Altersvorsorge für notwendig

Zudem kommt die Studie zu dem Schluss, dass junge Leute durchaus sparsam seien. Demnach sparen 55 Prozent der Befragten regelmäßig, weitere 30 Prozent unregelmäßig. Das sind etwas mehr als vor drei Jahren. 89 Prozent aller befragten Jugendlichen halten grundsätzlich auch eine zusätzliche Altersvorsorge für notwendig, um sich vor Altersarmut zu schützen. „Es hat sich bei ihnen herumgesprochen: Nach heutigem Stand werden sie bei Eintritt in ihren Ruhestand weniger als 40 Prozent ihres Bruttolohnes erhalten und davon nicht leben können. Doch sie sind sich unsicher, wie sie in Zeiten der Finanz- und Eurokrise und unberechenbarer Zukunftschancen ihre Alterssicherung bewerkstelligen können“, kommentiert Experte Hurrelmann.

Für ein Lebensereignis in 40 Jahren zu sparen, fällt Befragten schwer

Nur noch 63 Prozent von denen, die aktiv sparen, legen ihr Geld für die zusätzliche Absicherung im Alter zur Seite. Stattdessen investieren sie mehr in Ausbildung und Studium, um sich fit zu machen für den Arbeitsmarkt. Sie sparen auch mehr für Urlaub und Reisen. „Die Jugendlichen fühlen sich überfordert, Geld für ein Lebensereignis zurückzulegen, das erst in 40 Jahren eintreten wird. Eine durchaus verständliche Reaktion, die der Gesetzgeber bei der Rentenreform im Jahr 2001 nicht berücksichtigt hat“, sagt der Studienleiter.

Betriebliche Altersvorsorge oder Riester-Rente erklären? Lieber nicht…

Die finanziellen Kenntnisse der Jugendlichen ließen jedoch zu wünschen übrig, heißt es. Nur knapp die Hälfte der Befragten stuft sich bei finanziellen Themen als kompetent ein. Begriffe wie „betriebliche Altersvorsorge“ oder „Riesterrente“ zu erklären, wagt nur eine Minderheit (38 Prozent beziehungsweise 31 Prozent). Das Verständnis dieser Begriffe sei aber für die Ergänzungen zur Gesetzlichen Rentenversicherung von zentraler Bedeutung, sagen die Studienmacher.

Daher sei es nicht verwunderlich, dass die jungen Leute nach dem Staat rufen: 82 Prozent der Befragten trauen ihm zu, auch in Zukunft für eine gute gesetzliche Rente zu sorgen. Von den Nicht-Sparern meinen 53 Prozent, dass für die Altersvorsorge der Staat zuständig ist. Bei der letzten Untersuchung waren es lediglich 42 Prozent. „Am liebsten wäre es ihnen, wenn der Staat eine grundsätzliche Absicherung für ihre spätere Altersversorgung garantieren würde, damit sie in Krisenzeiten nicht alle Entscheidungen auf eigenes Risiko fällen müssen“, so Hurrelmann.

Finanzkenntnisse von Frauen verbessern

Wie schon die erste Studie des Versorgungswerks mache die Befragung deutlich, wie unzureichend die Finanzkompetenz der jungen Generation sei. „Der Gesetzgeber hat jungen Menschen eine große Verantwortung für die Zukunftsvorsorge auferlegt, aber versäumt, ihnen das Wissen und die Kenntnisse dazu zu vermitteln“, kritisiert Hurrelmann. Besonders verbesserungswürdig sind für ihn die Kenntnisse junger Frauen. Sie würden zwar mehr sparen als die jungen Männer, jedoch zu geringeren Anteilen für die Altersvorsorge. Bessere schulische Bildung sei deshalb nach Einschätzung der Autoren dringend erforderlich.

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Seite zwei: Betriebliche Altersversorgung steigt in der Gunst

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