Altersvorsoge reloaded: „Jeder der pfiffig ist, macht sich das zunutze“

Kommen wir zur Fokusgruppe Private Altersvorsorge. Letztes Jahr im Juli lagen die Vorschläge auf dem Tisch. Jetzt endlich gab es die Meldung, das Altersvorsorgedepot kommt. Ist das jetzt der große Wurf in der privaten Altersvorsorge, aus Ihrer Sicht?

Härtl: Aus unserer Sicht ist es zwar nicht der große Wurf, muss es aber auch nicht sein. Jeder Schritt in die richtige Richtung zählt. Der Vorteil bei diesem Produkt – Erträge in der Ansparphase werden nicht besteuert – darf nicht unterschätzt werden.

Krahnenfeld: Wir können das Altersvorsorgedepot, das auch alles aufgegriffen hat, was die Wirtschaftsweisen angemahnt haben, nur begrüßen. Allerdings wird das Zeitfenster zur Umsetzung schnell kleiner. Denn im nächsen Jahr haben wir die Bundestagswahl, was bedeutet, dass der Gesetzentwurf jetzt kommen muss. Und spätestens bis Dezember muss der parlamentarische Weg eingeschlagen sein, damit es noch in dieser Legislaturperiode kommt. Aber es ist der absolut richrige Schritt in die richtige Richtung, insbesondere weil die Leibrente nicht verpflichtend ist – auch wenn es daztu unterschiedliche Meinungen gibt.

Buchholz: Man hat jetzt auch im Versicherungsbereich in der Basisrente die Möglichkeit, sich mit einer 100-prozentigen Aktienquote eine Altersvorsorge aufzubauen, die gefördert ist. Und man kann sowohl im Versicherungsmantel ungefördert als auch in dem Depot direkt entscheiden: Möchte ich eine Leibrente oder in Versicherungslösungen, wie wir es anbieten, kann man auch Auszahlpläne vereinbaren und hat dann eben Ähnliches. In Wirklichkeit würde ich das auch nicht als schwarz oder weiß sehen, sondern eher wieder als positives Signal, dass man sich mit Aktien und Sachwerten auseinandersetzt.

Stenger: Ich glaube auch, dass sich die Erwerbsbiografien deutlich verändern werden. Es gibt nicht mehr das eine Datum des Renteneintritts, sondern es wird sehr viel flexibler und individueller werden. Wir werden ein Ausfransen beim Renteneintrittsalter bekommen.

Nonner: Ja, allerdings sehe ich das auch hinsichtlich des Berufsstarts. Einige junge Leute sagen sich, so viel Freizeit und so wenig Verpflichtungen wie jetzt habe ich nie wieder. Und vielleicht ist dann auch noch ein bisschen Kapital von den Großeltern oder Eltern da. Ein halbes Jahr um die Welt zu reisen, muss man sich auch leisten können. Da kann auch der 25 Euro Sparplan, wenn er bereits im Kleinkindalter begonnen wird, sehr helfen. Auch dieser Teil des Vermögensaufbaus „von Geburt an“ ist noch viel zu wenig in den Köpfen.

Buchholz: Es ist auch entscheidend, wie hoch diese Förderung ausfallen wird. Schließlich sprechen wir hier über den Riesterersatz. Es kursiert die Summe von 3.000 Euro, die gefördert werden. Das heißt, es wird für Besserverdienende zumindest ohnehin nicht ausreichen, ausschließlich dies zu tun. Insofern sehe ich das auch nicht als Konkurrenz, dass das auch über einen Fondssparplan direkt möglich ist. Es ist eher für den Berater eine Chance, breit diversifiziert beraten zu können und damit seine Qualität nach außen zu stellen und etwas Besseres für die Kunden zu erreichen.

Nonner: Was ich ganz spannend finde, ist auch, wie mit Garantien umgegangen wird. Das ist ja auch ein systemisches Problem bei Riester, wo beispielsweise CPPI-Modelle nicht mehr funktionieren, weil sich die Marktgegebenheiten ungünstig verändert haben. Der Deutsche liebt Garantien, aber dass diese in der Regel genau das abschöpfen, was man an Zusatzrendite erzielt, ist in vielen Köpfen gar nicht verankert. Nach dem Motto: wer nicht wagt, der nicht gewinnt, muss für den Sicherheitsgedanken ein neues Bewußtsein entwickelt werden.

Stenger: Die Garantierücknahme steht wortwörtlich im Fokusgruppenbericht drin, um renditesteigernd zu agieren, mit Sicherungskonzepten wie Lebenszyklus, Anlauf-, Ablaufmanagement. Es wird empfohlen, eher solche Konstellationen zu schalten, als die Rendite fressende Garantie als Sicherung, beizubehalten.

Wie nachteilig ist es, dass das Altersvorsorgedepot keine lebenslange Verrentung vorsieht – ein Fakt, der durchaus kontrovers im Markt diskutiert wird?

Stenger: Ich beantworte die Frage meistens mit 41K. Da gibt es eine Pflicht der Entnahme ab einem gewissen Alter, weil die Menschen sonst nicht rangehen. Hier in Deutschland ist es die Steuerregelung, die sich darum kümmert, dass man überhaupt das verbraucht für das, was man einmal angespart hat. Wenn einer diszipliniert durchgehalten hat, warum sollte er dann mit 67 sagen: „So, jetzt werfe ich die Disziplin über Bord, und jetzt verprasse ich alles.“? Dass das passiert, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Krahnenfeld: Das sehe ich genauso. Warum sollte jemand, der die Zeit und Disziplin aufgebracht hat, auf einmal fundamental anders agieren?Buchholz: Ich finde vor allem gut, dass er selbst entscheiden kann, wie er handelt. Schließlich betrachtet ein 25-Jähriger das Thema aus einer komplett anderen Warte als ein 65- oder 70-Jähriger. Keiner weiß zum Glück, was das Leben an positiven und negativen Dingen bringt. Demzufolge sollten die Produkte gewisse Optionen bieten, damit man sich auf diese Situation einstellen kann. Wenn die Möglichkeit einer Verrentung besteht, einer klassischen sicheren, also nicht mehr schwankenden Rente, und ich brauche das nun mal dann mit einem gewissen Anteil, dann ist das eine schöne Sache. Und wenn ich es nicht brauche, dann mache ich einen Auszahlplan. Das kann ich ja miteinander kombinieren.

Nonner: Genau. Das Wahlrecht macht es spannend, dass man wirklich die Option hat, selber zu entscheiden. Wir alle wissen, was ein Auszahlplan ist. Aber es ist auch wichtig, dass man mit Zinsrechnung umgehen kann. Daran scheitert es dann oft schon wieder. Um Überraschungen und Unzufriedenheit zu vermeiden, ist wichtig zu verstehen, dass ich mir aus meinem Kapitalstock regelmäßig etwas entnehmen kann. Aber auch welche Auswirkungen Marktschwankungen nach oben und nach unten haben können. Das erfordert sicherlich auch ein gewisses Abstraktionsvermögen, aber die Wahlmöglichkeit zu haben ist in meinen Augen erst mal das Wichtige. Und je mehr Kapital man aufgebaut hat, umso wichtiger und besser ist es, verschiedenen Optionen zu haben, weil man ja nicht zwangsläufig auf den Verbrauch des Kapitals angewiesen ist.

Härtl: Wahrscheinlich wäre die lebenslange Verrentung ein weiterer, die Attraktivität des Produkts erhöhende Komponente. Aber es bleibt – wie oben schon erwähnt – der steuerliche Pluspunkt.

Digitale Rentenübersicht: Hoffnungsträger für den Vertrieb?

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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