Andre Meissner von Canada Life: „Altersvorsorge ist ein Marathon“

Foto: Cash.
Andre Meissner, Head of Sales und Vertriebsdirektor bei Canada Life

Wie steht es mit dem Wissen der Menschen um ihre finanzielle Absicherung im Alter? Warum braucht es Aktien und Sachwerte statt des Sparbuches? Andre Meissner, Head of Sales und Vertriebsdirektor, Canada Life Assurance Europe, lieferte auf einer Veranstaltung über die Vorzüge des schwedischen Rentensystems einen Ausblick auf die nicht gerade rosigen Aussichten der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland. Es geht nicht ohne Börsenpower.

Welche Rolle spielen fondsgebundene Rentenversicherungen heute, welche in der Zukunft? Die Frage stand im Mittelpunkt des Vortrags von Andre Meissner, Head of Sales und Vertriebsdirektor, Canada Life Assurance Europe.

Doch kein Ausblick ohne Rückblick: Vor 25 Jahren stand die Zukunft des sogenannten Generationenvertrages im Mittelpunkt der Rentendebatte in der Bundesrepublik. Dabei ging es um die Frage nach Zukunftstauglichkeit des Rentensystems. 1987 habe sich kaum ein Jugendlicher mit der Rententhematik beschäftigt, so Meissner. 1997 war es dann bereits das emotionale Thema. Und rangierte laut der Shell-Studie zum Thema Zukunftschancen auf Platz Eins vor der Arbeitslosigkeit und Umweltverschmutzung.

„Insofern wäre meine Hoffnung gewesen, dass die damalige Generation, die heute eigentlich in der Rolle derer ist, die 18 bis 29-jährigen als Eltern begleiten, dass sie den Erkenntnisgewinn aus den vergangenen 25 Jahren umgesetzt haben, um die Renten generationenfest zu machen“, sagt der Vertriebschef von Canada Life Deutschland auf einer Veranstaltung des Versicherers in Stockholm. Doch das Gegenteil ist laut Meissner der Fall.

Eine aktuelle Civey Umfrage im Auftrag von Canada Life zeigt laut Meissner, dass 25,1 Prozent der Befragten heute mit einer Rentenlücke von über 1.500 Euro rechnen. Und weitere 24 Prozent mit einer Rentenlücke zwischen 1.000 bis 1.500 Euro. Wenn die Hälfte der Befragten einen derartigen Bedarf habe, sei das für den Vertrieb und die Versicherer als Produktgeber erst einmal eine gute Botschaft. Das Problem sei allerdings, dass es beim Thema Finanzbildung deutliche Defizite gebe.

Meissner, selbst Vater zweier Kinder in den 20er Jahren, sieht in der Generation Z deutliche Wissenslücken beim Thema Absicherung und Altersvorsorge. „Es passiert immer noch zu wenig“. Richtig wäre, früh zu starten, rentierlich zu sparen. „Bei langen Laufzeiten von drei oder vier Jahrzehnten und einem vernünftigen Zins kommt schon einiges zusammen. Zehn oder 20 Jahre zu warten, bedeute letztlich, dass man dann das drei- oder vierfache von dem Zahlen müsse, was man sich leisten könne“, sagte Meissner.

Der schöne Schein der drei Säulen

Das wunderschöne Bild mit den drei Säulen in der deutschen Altersvorsorge ist laut Meissner nur schöner Schein. Bei vielen ist die gesetzliche Rente die Hauptsäule oder zu einem überwiegenden Teil. Fakt sei, dass derzeit etwa 112 Milliarden benötigt werden, um das deutsche Rentensystem am Leben zu halten. Das würden die Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium belegen.

„Das umlagefinanzierte System, das laut Norbert Blüm sicher ist und worauf 90 Prozent aller Menschen ihre Altersvorsorge gründen, ist nur mit diesem Betrag am Leben zu halten“, so der Vertriebsexperte. Und selbst wenn man 100 Milliarden zusätzlich hineinschießen würde – der zusätzlich Kapitalpuffer würde nicht reichen. „Bei einer vierprozentigen Verzinsung brächte das gerade einmal vier Milliarden. Benötigt werden aber 112 Milliarden“, so Meissner.

Betriebsrente ist kein Selbstläufer

Die Not lindern könnte die betriebliche Altersvorsorge. Die sei politisch gewünscht. Derzeit gibt es rund 18,5 Millionen Verträge. Und es gibt eine wachsende Zahl von Arbeitgebern, die die Betriebsrente für die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern als Instrument einsetzen. Laut Meissner dominiert im Markt die arbeitgeberfinanzierte bAV. „Es wird bezuschusst. Und dennoch ist die Nachfrage überschaubar. Es ist nicht so, dass Mitarbeiter morgen aufwachen und eine bAV abschließen. Trotz einer Rentenlücke von 1.500 Euro und mehr investieren die Menschen nicht in eine Rentenversicherung“, kritisiert der Experte.

Dabei sei die Rentenlücke bereits groß. „Und die Rentenlücke meiner Kinder werden meine Urenkel bezahlen müssen.“ Bedenklich sei zudem, dass bei der Diskussion um die Rentenlücke von 112 Milliarden Euro die steuerfinanzierte Beamtenversorgung nicht einmal mit einkalkuliert sei. „Ein Staat, der seit Jahrzehnten von den demografischen Problemen weiß, lässt die Menschen sehenden Auges in die Rentenkrise laufen.“

Und selbst wenn der von Bundesfinanzminister Christian Lindner Meissner forcierte Staatsfonds zu Aktienrente käme – bestehen in Branche scheinbar Zweifel, ob das Kapital auf der politischen Ebene nicht Begehrlichkeiten wecken würde. Schließlich sei auch immer wieder darüber gesprochen worden, die Altersrückstellungen der privaten Krankenversicherung zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung heranzuziehen, sagte Meissner.

Sparen bedeutet am Ende Verzicht

Damit Altersvorsorge stattfinde, braucht es nach Ansicht des Experten Meissner vor allem auch die Einsicht in die Notwendigkeit. Das wäre der erste Schritt hierfür. Allerdings scheint die Branche sich nicht der Illusion hinzugeben, dass die Erkenntnis hierfür in ausreichendem Maße vorhanden ist. „Wir müssen nicht auf die Selbsterkenntnis der Kunden warten. Wir brauchen qualifizierte Beratung“, sagt Meißner.

Zwar würden auch ChatGPT, Influencer oder Youtuber durchaus Tipps und Ratschläge zum Thema Altersvorsorge liefern: Doch die aktuelle Civey-Umfrage, die Canada Life auf der Pressereise in Auszügen veröffentlichte, zeigt, dass diejenigen, die sie benötigen, kaum Wert darauf legen. Immerhin 52,2 Prozent der 18- bis 29-Jährigen sagen in der Umfrage, dass sie eine Beratung nicht benötigen. Über alle Altersklasse hinweg seien es nur 42,2 Prozent gewesen. „Doch übernehmen Influencer oder Youtuber die Haftung dafür, dass ich etwas tue oder nicht tue? Der Berater hingegen muss für das, was er berät, im Zweifelsfall geradestehen“, sagte Meissner.

Keine Aktienkultur und keine Finanzbildung

Deutschland ist ein Land der Sparer. Mit besonders viel Geld auf Sparkonten. Rund 2,7 Billionen Euro sind es laut Canada Life Recherchen. „Die Deutschen sparen zwar sehr viel. Doch tendenziell optimierungsfähig“, so Meissner. Verblüffend ist, dass die Menschen trotz der Strafzinsen das Geld auf den Sparkonten lagern. „Das Bedürfnis nach Sicherheit in der Geldanlage ist sehr hoch. Das ist schon typisch deutsch. Weil wir es eben nicht gelernt haben. Immerhin 55 Prozent wollen, wenn sie an private Altersvorsorge denken, Sicherheit statt Rendite. Lediglich 12,3 Prozent wollen hingegen die Rendite“, sagte Meissner. „Wir haben keine Aktienkultur, wir haben keine Finanzbildung“, lautet die Kritik.

Natürlich können man darüber diskutieren, ob die fondsgebundene Rentenversicherung das Non-plus-ultra in der Ansparphase sei. „Wir haben die Kostendiskussion, wir haben die Diskussion über die Flexibilität. Darüber können wir gerne diskutieren, ob nicht smart Investments in der Ansparphase die bessere Lösung sind. Doch die Menschen haben nicht gelernt, mit Geld umzugehen. Und nun entsteht da ein Depot – auf einem sehr flexiblen Konto – mit 40.000 oder 50.000 Euro.“ Vorsorge-Experten wie Meißner sehen hier die Gefahr, dass das Geld für kurzfristigen Konsum zweckentfremdet würde.

Der Vorteil der Fondspolice liegt in den steuerlichen Vorteilen. „In der bAV gibt es massive steuerliche Vorteile.“ Gewinne in der Altersvorsorge – insbesondere, wenn ich mit dem aktiven Depot arbeite – können auf den Verrentungszeitpunkt verschoben werden.

Dass, was über alle steht, ist die Absicherung des biometrischen Risikos. Die Absicherung der Langlebigkeit – das können nur die Versicherer. „Ich weiß nicht, ob ich 75, 80, 90 oder vielleicht sogar 100 Jahre alt werde. „Keiner wird jetzt aber sagen, ich möchte nur 80 werden, weil mein Finanzplan jetzt ausläuft.“

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer 65-jährigen Frau, dass sie 85 wird? Die liegt bei 60 Prozent. Dass sie 90 wird, liegt bei 35 bis 40 Prozent. Wir haben eine ganz große Diskussion mit den Verbraucherzentralen, die sagen, eine fondsgebundene Rentenversicherung lohnt sich nicht, weil man so und so alt werden müsse, um das eingezahlte Geld herauszubekommen. „Wir sind kein Sparkonto, wir sind eine Versicherung. Und wenn der Kunde 100 wird, der bekommt immer noch seine Rente. Wir können Langlebigkeit. Unser Job ist es, am Ende zu garantieren, dass bis zum Ende das Lebens Geld vorhanden ist.“ Das kann kein Sparkonto, das kann kein Fondssparplan. Das können nur wir als Versicherer. Am Ende sei Versicherung nichts anderes als Mathematik und Statistik. Und beides können wir. Das ist unser Job.

Altersvorsorge ist Marathon

Altersvorsorge sei ein Marathon, sagte Meissner. „Das ist keine Stadionrunde, sondern ganz viele.“ Natürlich bringt das Altersvorsorge im Börsenmantel durchaus unterschiedliche Ergebnisse. „Weil die Börsen unterschiedlich performen. Aber es ist besser so, als nichts getan zu haben.“
Der Vorteil vieler Fondspolicen sei, dass sie sich aufgrund der mittlerweile vorhandenen Flexibilität im Laufe der Jahrzehnte sehr gut an die sich ändernden Einstellungen anpassen ließen. Nachhaltigkeit oder variable Garantien: „Wir sehen, dass sich im Laufe des Lebens die Einstellungen zwischen den 20. und 65. Lebensjahr verändern.“ Es brauche die Option, seine Entscheidungen hier in zehn oder auch 20 Jahren verändern zu können. „Das ist die Idee der flexiblen Fondspolice“, sagte Meissner.

Notwendigkeit der Beratung

Gleichzeitig zeigte er sich überzeugt, dass der Ur-Impuls für die Notwendigkeit für die Altersvorsorge allerdings weiterhin von extern kommen wird. „Dafür braucht es Beratung.“ Um die Lücken in der Altersvorsorge zu schließen, brauchte es Aktien. „Das geht nur mit Sachwertanlagen“, zeigte sich Meißner überzeugt. Anders sei die Lücke nicht zu schließen.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
1 Kommentar
Inline Feedbacks
View all comments