Arndt: Ich würde es zusätzlich noch von einem übergeordneten Standpunkt aus betrachten. Die plötzliche Veränderung der Lebenssituation infolge der Corona-Pandemie hat den Menschen bewusst gemacht, wie wichtig eigentlich Sparen beziehungsweise die Bildung einer Rücklage ist.
Zusätzlich wurde das Bewusstsein geschärft, dass auch die Flexibilität einer Vorsorgelösung ganz entscheidend ist; beispielweise wenn man bei unerwarteten Ereignissen Liquidität benötigt oder im Gegenteil dazu niedrige Kurse zum Nachinvestieren nutzen möchte. Diese Erkenntnis ist sicherlich während des Lockdowns, in dem sämtliche Aktivitäten sehr eingeschränkt waren, vielen bewusst geworden.
Insofern hat dieses veränderte Verhalten bei Kunden und Beratern während der Corona-Zeit bei uns als Anbieter von kostengünstigen, transparenten und flexiblen Produkten zu einer enormen Nachfrage geführt. Mit einer Steigerung des Neugeschäfts um 30 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des erfolgreichen Vorjahres ziehen wir eine sehr positive Halbjahresbilanz.
Herr Kaplan, gab es bei Ihnen ein Corona-Downside?
Kaplan: Nein, und das, obwohl wir ein sehr aktienlastiges Haus sind. Selbst zum Höhepunkt der Krise hatten wir kaum Nettomittelabflüsse gehabt, im Gegenteil, wir hatten teilweise sogar sehr substanzielle Nettomittelzuflüsse, noch bevor wir die Talsohle der Börsen erreicht hatten.
Insbesondere unsere Sonderstellung als Spezialist für Kapitalanlagen mit nachhaltigem Fokus hat uns in unserem Handeln bestätigt. Das zeigen auch einige nachhaltige Indizes, die in dieser Krise noch sehr gut abgeschnitten haben. Wir haben weder Banken noch Öl- und Gasversorger in den Portfolios, die massive Kursrückgänge erlitten haben.
In der Summe sind wir deshalb wirklich sehr, sehr gut durch die Krise gekommen und haben bei den Assets under Management bereits wieder Vorkrisenniveaus erreicht. Und auch bei unseren Assets sind wir in der Betrachtung seit Jahresbeginn zu etwa 95 Prozent in positivem Terrain.
Herr Schrobback, Herr Engel, wenn man die Umfragen sieht, Wohneigentum steht derzeit ganz hoch im Kurs. Ist das Thema ein Selbstläufer aus Ihrer Sicht?
Schrobback: Wir sind schon seit Jahren Verfechter der vermieteten Wohnimmobilie als maßgeblichen Baustein zur Altersvorsorge. Ein Selbstläufer war und ist diese Anlageform allerdings nie. Ich kann die Erfahrungen und Schilderungen meiner Vorredner zu großen Teilen bestätigen.
Die Corona-Pandemie hat vielen Anlegern und Käufern in sehr kurzer Zeit sehr deutlich gemacht, wie unfassbar schnell eine vermeintlich wirtschaftli-che Sicherheit ins Wanken geraten kann. Innerhalb kürzester Zeit haben sich Aktiendepots und Fondsguthaben halbiert. Fast über Nacht wurde unser öffentliches und wirtschaftliche Leben zum Stillstand gebracht.
Beratungsgespräche konnten nicht mehr durchgeführt werden, Kundenbesuche wurden unmöglich und die Angst vor eventueller Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit in Verbindung mit den Kontakt- und Reiserestriktionen der Regierung haben bei uns zu einem kompletten Vertriebs-Stopp in den Monaten April und Mai geführt. Trotz, vergleichsweise schneller Anpassung unserer digitalen Prozesse hinsichtlich Beratung und Besichtigungen, konnten in der ersten Zeit auch schwieriger Notartermine durchgeführt werden, was die Abwicklung bereits vorbereiteter An,- und Verkäufe verzögert beziehungsweise teilweise unmöglich gemacht hat.
Mittlerweile nehme ich allerdings Signale wahr, die uns im Juli vermutlich einen der stärksten Unternehmensumsätze der Firmenhistorie bescheren könnten. Es hat fast den Anschein viele hätten nur auf die ersten Lockerungen gewartet, um endlich die Themen Vorsorge und Vermögensaufbau, Herr Arndt hatte es bereits erwähnt, anzugehen.
Das hat offensichtlich die klassische vermietete Wohnimmobilie als inflationsgeschützte und krisensichere Anlageklasse mit rentenunabhängigem Passiveinkommen in den Fokus der Menschen gerückt. Nicht zuletzt sind wir in der Assetklasse „Wohnen“ in einer sehr robusten und wenig konjunktursensitiven Anlageform zu Hause.
Engel: Ich empfinde die Situation als neuen Auftrieb, also auf jeden Fall positiv. Viele Menschen hatten während Corona mehr Zeit, über Investments nachzudenken. Auch wir konnten seit Beginn der Pandemie Rekordumsätze verzeichnen.
Es ist aber vermutlich nicht alles der Krisensituation geschuldet, sondern hat auch sicherlich viel damit zu tun, dass Kunden bereits zu Beginn des Jahres gut beraten wurden. Kauft man eine Immobilie, ist dies ein Investment, das man in aller Regel nicht allzu oft in seinem Leben tätigt. Deshalb benötigt man ein wenig mehr Bedenkzeit, um sich darauf einzulassen.
Schließlich sind meist mehrere Beratungs-Steps erforderlich. Blickt man auf den Markt insgesamt, dürfte der bezahlbare Wohnraum mit Mieten zwischen sieben und neun Euro weniger als Luxus wahrgenommen werden, sondern mehr als Investment in die eigene Altersvorsorge. Grundsätzlich sehe ich wie gesagt eine Aufbruchsstimmung, nicht nur für den Immobilienbereich, sondern vor allem beim Thema Digitalisierung, mit der die Immobilienbranche bislang recht wenig am Hut hatte.
Bislang waren wir diesbezüglich zu konservativ aufgestellt. Corona hat uns hier aber einen enormen Schub verliehen. Auch die Webinare, die wir halten, wenn wir ein Produkt vorstellen oder auch die Abschlussgespräche, die über Videochat realisiert werden, waren sehr hilfreich für unsere Branche. Darauf können wir, darauf müssen wir aufbauen.