Am Tropf

Foto: Panthermedia
„Das Gesundheitssystem benötigt immer höhere Finanzspritzen um auf die Beine zu kommen.“

Die Gesetzliche Krankenversicherung trägt sich schon lange nicht mehr. Und auch die Finanzierung der Pflege steht auf tönernen Füßen. Die Zukunft der Gesundheit und Pflegeversicherung ist eine der größten Herausforderungen für unser Gesundheitssystem. Und viel zu wichtig, um sie allein dem Staat zu überlassen.

Die GKV gerät 2024 wieder in schweres Fahrwasser“, warnte in der Pressemitteilung des AOK-Bundesverbandes am 12. Oktober 2023 der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Jens Martin Hoyer. Und listete dann auf, was auf der Ausgabenseite auf die gesetzlichen Krankenversicherer zukommen wird. Die Ausgabendynamik nehme weiter an Fahrt auf und liege auf einem Rekordniveau. „Die Honorarabschlüsse bei den Ärzten sowie Ausgabenschübe im Krankenhausbereich werden kräftig zu Buche schlagen. Das kann die gute Einnahmenentwicklung nicht mehr ausgleichen, warnt Hoyer. Damit die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht noch weiter aufgehe und weitere kräftige Beitragsanpassungen drohen, müsse die Regierung endlich handeln und die lang angekündigten nachhaltigen Lösungen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen angehen.

„Nachdem die Beitragszahlenden zuletzt immer mehr die Zeche zahlen mussten, ohne dass die Gesundheitsversorgung besser geworden wäre, ist vorausschauendes Handeln gefordert“, so Hoyer. Der Warnruf des stellvertretenden AOK-Bundesverbandsvorsitzenden zeigt, wie sehr die finanzielle Sicherheit der Gesetzlichen Krankenversicherung auf tönernen Füßen steht. Und dass, trotz weiter steigender finanzieller Zuflüsse. Nach aktuellen Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) liegt der Anstieg der Beitragsbelastung in der GKV zwischen 2004 und 2024 bei 3,3 Prozent pro Jahr. Die Analyse macht transparent, dass die Beitragsbelastung in der GKV steigt, selbst wenn der Beitragssatz konstant bleibt, beziehungsweise nur wenig angehoben werden. „Die GKV profitiert regelmäßig von der Zunahme der beitragspflichtigen Einkünfte und der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze“, kritisiert Frank Wild, Leiter der WIP. Nach Aussage von Wild ist der GKV-Höchstbeitrag von 2014 bis 224 von 591 auf 844 Euro gestiegen, ein Plus von 42,7 Prozent. „Auch im nächsten Jahr werden inflationsbedingte Tariflohnsteigerungen zu höheren Beitragseinnahmen in der GKV führen“, sagt Wild. Die damit einhergehende Mehrbelastung werde von den GKV-Versicherten oft nicht wahrgenommen, so der WIP-Leiter. 

Die Diskussionen über die Beitragsstabilität und Finanzlöcher in der GKV spiegelt sich auch in der großen Studie der Continentale Versicherung aus September 2023 wider. Zwar hatte der Versicherer hier vorrangig den Fokus auf das Thema „Absicherung der Arbeitskraft“ gelegt. Gleichwohl war die Zufriedenheit der gesetzlich Krankenversicherten mit dem Gesundheitssystem ein Teilaspekt der neuen Studie. Aufhorchen lässt hier, dass die Zufriedenheit der GKV-Versicherten seit dem bisherigen Höchststand im Coronajahr 2021 kontinuierlich abnimmt. Besonders stark zeigt sich dies in einer wachsenden Unzufriedenheit mit dem Preis. Das dürfte an der finanziell zunehmend angespannten Lage vieler privater Haushalte liegen und sicherlich auch durch die aktuellen Debatten um das Gesundheitswesen getrieben sein, vermuten die Studienautoren. Mit den Leistungen des Gesundheitswesens hingegen zeigt sich die Mehrheit der GKV-Versicherten weiterhin überwiegend zufrieden. Aktuell schätzen 59 Prozent der gesetzlich Versicherten die Leistungen und 50 Prozent den Preis positiv ein. 2021 waren noch 78 Prozent, die die Leistungen besonders schätzten. Und 77 Prozent zeigten sich mit dem Preis sehr zufrieden oder zufrieden. Unter den privat Krankenversicherten sind dagegen 81 Prozent mit der Leistung zufrieden. 

Der weitere Rückgang der Zufriedenheit bei den GKV-Versicherten wird auch in den zunehmend skeptischen Zukunftserwartungen sichtbar: So glauben inzwischen 84 Prozent der GKV-Versicherten, dass eine gute medizinische Versorgung über den Kassenbeitrag hinaus viel Geld kostet oder zukünftig kosten wird. Der überwiegende Teil der Versicherten (81 Prozent) sieht zudem private Zusatzversicherungen bereits heute oder in Zukunft als erforderlich an, um sich eine gute medizinische Versorgung zu sichern. Lediglich neun Prozent vertreten die Auffassung, dass eine gute medizinische Versorgung auch in Zukunft noch ohne zusätzliche private Absicherung möglich ist. Der negative Ausblick auf die Entwicklung im Gesundheitswesen zieht sich durch alle Bevölkerungsgruppen. Die Bevölkerung ahnt, dass die GKV ohne die Finanzspritzen des Staates bereits Schlagseite hätte. 

Zum gesamten EXKLUSIV Hallesche, von dem dieser Artikel Bestandteil ist, finden Sie hier.

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