Herr Löschmann, Sie sind bei Amundi Deutschland für den Bereich der institutionellen Kunden zuständig. Wie hat sich ihr Job in den letzten Monaten verändert?
Löschmann: Mit Blick auf die Märkte agieren wir seit geraumer Zeit in einem sehr herausfordernden Umfeld. Das gestiegene Zinsniveau, geopolitische Veränderungen und die Inflation haben dazu geführt, dass viele Investoren ihre strategische Asset-Allokation überdacht bzw. neu berechnet haben. Dies hat durchaus zu größeren Umallokationen geführt, von denen wir durchaus profitiert haben. Grundsätzlich führen wir schon seit Jahren einen sehr engen Austausch mit unseren Kunden, sodass wir ihren Bedarf und ihre Herausforderungen gut kennen. In diesem Zusammenhang hat sich der Job für mich und mein Team in den letzten Monaten nicht verändert. Wir agieren als vertrauensvoller Partner und Lösungsanbieter.
Was ist in der Zusammenarbeit mit den Kunden wichtiger geworden?
Löschmann: Die steigende Komplexität bei regulatorischen Fragestellungen und deren Umsetzung führt dazu, dass wir mit unseren Kunden neuerdings auch über Lösungen sprechen, die sie auf der technologischen sowie auf der Management-Seite entlasten. Unser ganzheitlicher Ansatz ist darauf ausgelegt, unseren Kunden eine Vielzahl von Lösungen anbieten zu können, um Sie auf unterschiedlichen Ebenen zu unterstützen, zu entlasten oder gewisse Bereiche ganz auszulagern. Unser Team aus erfahrenen Spezialisten stützt sich dabei auf unsere hochmoderne Infrastruktur und das Know-how unserer Experten von Amundi Technology. Darüber hinaus steht insbesondere die Frage, wie man ESG-Kriterien in den Portfolios umsetzen und insgesamt zu einem klimaneutralen Portfolio gelangen kann, aktuell im Vordergrund. Und nicht zuletzt werden Fragestellungen aus den geopolitischen Verwerfungen immer wichtiger.
Dies geht aber über den klassischen Vertrieb von Produkten hinaus. Wie unterstützen Sie ihre Kunden konkret?
Löschmann: Das stimmt, aber institutioneller Vertrieb hat sehr wenig mit klassischem Produktvertrieb zu tun. Wie ich es bereits dargelegt habe, arbeiten wir gemeinsam mit unseren Kunden an Lösungen für spezifische Fragestellungen. Daher sind wir hier „tiefer“ eingebunden. Wie wir dies im Einzelnen für unsere Kunden darstellen können, erläutere ich gerne am Beispiel der aktuell sehr präsenten geopolitischen Fragestellungen. Als Team profitieren wir im Austausch mit unseren Kunden davon, dass wir seit einem Jahr mit Anna Rosenberg eine ausgewiesene Expertin für den Bereich Geopolitik beim Amundi Investment Institute beschäftigt haben. Dies hat unser internes Verständnis für das Thema erhöht und ihre Expertise im Bereich Geopolitik fließt in unsere makroökonomische Ausrichtung ein. Zudem hat das Team unseres Investment Instituts ein Modell entwickelt, das die Volatilität der Geopolitik durch Daten veranschaulicht.
Sie betreuen auch eine Reihe an Pensionskassen? Welche Fragestellungen stehen für diese Kundengruppe aktuell im Vordergrund?
Löschmann: Pensionskassen sind ja nur eine von verschiedenen Kundengruppen im Bereich der Altersvorsorge. Ich antworte daher mal allgemein zum Thema: Mit allen Anlegern haben sie gemein, dass sie mit der sehr schnellen Änderung nun für das Neugeschäft „leichter“ wieder auskömmliche Renditen zum Erreichen der individuellen Mindestverzinsungen darstellen können. In diesem Zusammenhang ist zunächst wieder das Direktgeschäft zu nennen. Dabei stehen Fragen zur Effizienzverbesserung der Altbestände, sowie das Begleiten der Portfolios zu ESG oder Net Zero im Fokus. Bei den festverzinslichen Anlagen sehen wir vermehrt Nachfragen nach Buy and Maintain Lösungen – sprich sogenannte Laufzeit-Portfolios. Sie sind immer dann gefragt, wenn es darum geht, über einen gewissen Zeitraum Planungssicherheit zu bekommen. 2023 sind die risikoarmen Assets wieder mehr in Mode gekommen. Der 2022 ausgerufene Trend „Bonds are back“ hat anderen Anlageklassen in den zurückliegenden Monaten das Leben schwerer gemacht, wenngleich der Trend hin zu Alternatives wie Private Equity, Private-Debt-Strukturen, Erneuerbaren Energien oder Infrastrukturinvestments noch weiterhin intakt ist, wenn auch mit weniger Risiko Appetit. Darüber hinaus sehen wir eine deutliche Zunahme an Gesprächsbedarf bei Defined contribution in Lebenszyklusmodellen.
Lassen Sie uns hier gerne weiter ausholen, da es ja ein Thema ist, was aktuell wirklich intensiv besprochen wird.
Löschmann: Gerne. Wir führen nicht erst seit gestern Gespräche mit Unternehmen, die ihre Pensionszusagen neu ausrichten wollen. Alte Leistungszusagen im Pensionsbereich werden für neue Mitarbeiter geschlossen und neu konzipierte, beitragsorientierte Pensionslösungen angeboten. Unternehmen reduzieren hierdurch ihre bilanziellen Risiken und bieten gleichzeitig attraktive Modelle für ihre Belegschaft. Hier unterstützt Amundi bei der Suche nach der optimalen Kapitalanlagelösung im Rahmen eines Lebenszyklusmodells. Aspekte wie Risikobudget, Renditeaussichten und die Ausgestaltung der Pensionszusagen spielen eine entscheidende Rolle bei der Ableitung der stets individuellen Investmentlösung.
Valérie Baudson, CEO der Amundi-Gruppe, hat in einem Interview darauf hingewiesen, dass Sie stark vom Trend im Bereich der Geldmarktprodukte profitieren. Trifft dies auch auf den deutschen Markt zu?
Löschmann: Das gestiegene Zinsniveau hat auch im deutschen Markt zu einer starken Nachfrage nach Geldmarktfonds geführt. Als größter Anbieter in Europa profitieren wir in diesem Bereich von unserer umfangreichen Produktpalette und der Größe unsere Fonds. Letzteres ermöglicht es Kunden, taggleich ihre Liquidität bei uns anzulegen bzw. abzurufen. Und daher trifft es zu, dass auch wir von diesem Trend stark profitieren. So konnten wir sowohl unser verwaltetes Vermögen in Deutschland deutlich steigern als auch vermehrt Neukunden im Segment der Geldmarktfonds gewinnen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, des Zinsniveaus, der Auswirkungen der Energiekrise etc. Welches sind die Themen, die in ihrem Bereich den Jahresendspurt beeinflussen?
Löschmann: Für Unternehmen ist Liquidität immer ein großes Thema, gerade zum Jahresende. Daneben sehen wir in allen Kundengruppen aufgrund der attraktiven Rendite eine starke Nachfrage nach Buy-and-Maintain-Lösungen sowohl im Investment-Grade-Fixed-Income als auch im Hochzins-Bereich. Im Fokus steht bei uns aber ganz klar das Thema betriebliche Altersvorsoge. Hier haben wir im Rahmen von Lebenszyklusstrategien schon einige Mandate erfolgreich aufgesetzt und wollen hier auch in Zukunft weiter wachsen. Dabei profitieren unsere Kunden von einer kosteneffizienten Strategie, die sich einfach und flexibel umsetzen lässt.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.