Die Assekuranz arbeitet verstärkt an Lösungen, die nicht so umfassend absichern wie eine klassische BU, dafür aber preislich günstiger sind. Können die Absatzerwartungen der Gesellschaften mit der tatsächlichen Resonanz im Vertrieb Schritt halten?
Es macht wenig Sinn, alle Produkte zur Arbeitskraftsicherung nur an der BU zu messen. Wenn Sie ein Auto kaufen, vergleichen Sie auch nicht ständig mit Luxusautos, die weit außerhalb Ihres Budgets liegen. Die BU ist für mindestens 50 Prozent der Erwerbstätigen unerreichbar geworden, da müssen andere Lösungen her, sonst verliert die Branche eine ihrer Kernkompetenzen.
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An neue Produkte muss sich der Markt noch gewöhnen, denn immerhin waren wir über 20 Jahre ein reines „BU-Land!“. Man braucht daher Stehvermögen und darf keine unrealistischen Erwartungen hegen. Die Chance, die Arbeitskraft überhaupt zu versichern, wird am Ende für den Schub sorgen.
Laut Ihrer Studie zur Überschussbeteiligung in der BU ist es in der Vergangenheit bereits zu Absenkungen der Überschusssätze zum Nachteil der Kunden gekommen. Wie müsste der Markt gegensteuern, um eine finanzielle Schieflage zu verhindern?
Eine Schieflage sehen wir nicht für den gesamten Markt, aber einzelne Anbieter werden zunehmend Probleme haben, die Überschüsse aufrecht zu erhalten. Das LVRG verschärft die Situation noch einmal. Es klingt zunächst kundenorientiert, wenn man 90 Prozent der Risikogewinne ausschütten muss, tatsächlich aber fehlt jetzt auch ein Puffer. Somit müssen auch Verluste schneller mit den Kunden geteilt werden.
Geeignete Gegenmaßnahmen wären die Rückkehr zu einer einfachen und stabilen Tarifierung und Verzicht auf Umsatzturbos zulasten einer sorgfältigen Risikoprüfung. Das wird aber nicht ohne Weiteres so kommen. Bleibt zu hoffen, dass die Anbieter genug Weitblick haben und nicht schon in der Etablierungsphase anderer Produkte einen vergleichbar ruinösen Wettbewerb betreiben.
Interview: Lorenz Klein
Foto: Franke und Bornberg