Indiens Großeinkauf könnte nun sogar für weitere Impulse sorgen: „Die Nachricht zeigt, dass die Zentralbanken der Schwellenländer auch bei den derzeit hohen Preisen bereit sind, Gold zu akkumulieren, um ihre Devisenreserven zu diversifizieren“, erläutert Weinberg. Allerdings hat der 200-Tonnen-Deal zwischen Indien und dem IWF dem Commerzbank-Analysten zufolge keine Auswirkung auf die jährliche Verkaufsobergrenze von 400 Tonnen, die im dritten Zentralbankgoldabkommen vereinbart ist.
Der Währungsfonds plant, insgesamt Goldreserven über 403 Tonnen zu verkaufen. Es ist, so Weinberg, wahrscheinlich, dass Notenbanken in den kommenden Monaten vor allem auf Käuferseite agieren, was dem Goldpreis weiter Auftrieb geben würde. Dass die Goldreserven der wichtigen Schwellenländer bislang eher bescheiden ausfallen, gebe Spielraum für Spekulationen über weitere Reservekäufe von Zentralbanken. Als heißer Kandidat für eine weitere große Transaktion mit dem IWF wird China gehandelt.
Interesse von Notenbanken facht Investmentnachfrage an
Schon Indiens Zukauf lockte wieder Finanzanleger in den Markt, die Gold zuletzt die kalte Schulter gezeigt hatten. So stiegen beispielsweise die Bestände des SPDR Gold Trust, dem Marktführer unter den ETFs im Gold-Segment, letzten Dienstag erstmals seit vier Wochen wieder um 4,9 auf 1.108,4 Tonnen. Damit hält der Fonds mittlerweile die sechstgrößten Goldreserven weltweit – mehr als die Zentralbanken von China, Russland, Japan, der Schweiz oder die EZB.
Allerdings entfällt knapp 70 Prozent der Gesamtnachfrage im Goldmarkt auf die Schmuckindustrie, weitere 13 Prozent macht der Elektronikbereich aus. Beide Segmente leiden in diesem Jahr unter dem globalen Abschwung. Die Importe von Indien, die normalerweise zwischen 400 und 800 Tonnen Gold pro Jahr betragen und damit fast ein Viertel der weltweiten Schmucknachfrage ausmachen, könnten sich in diesem Jahr halbieren. Doch solange Finanzinvestoren die Nachfragelücke füllen, bleibt der Preis trotzdem hoch.
„Die Investmentnachfrage nach Gold ist enorm“, zitiert Bloomberg Christoph Eibl, den Gründer des Schweizer Vermögensverwalters Tiberius. Die US-Finanznachrichten-Agentur hat 23 Analysten befragt, 17 von ihnen gingen davon aus, dass der Goldpreis in dieser Woche weiter steigen wird.
Damit rechnen auch Dr. Dora Borbély und ihr Rohstoff-Research-Team von der Frankfurter Dekabank: „Sowohl die reichliche Liquidität an den Geldmärkten als auch die Inflation sind Themen, die noch eine Weile vorherrschen werden und einen Nährboden für hohe Goldpreise darstellen. Zudem ist die Angst um das Währungssystem eine weitere ‚Story‘ für die Goldmärkte.“
Die Deka-Experten hoben ihre Goldpreisprognose deutlich an und rechnen nun auf Sicht von drei Monaten mit 1.200 US-Dollar. Für das kommende Jahr sehen sie den Preis, durch Gewinnmitnahmen etwas gedrückt, bei 1.150 US-Dollar.
Jim Rogers: Der Goldpreis kann noch viel, viel höher steigen
Borbély geht allerdings davon aus, dass sich beim Gold eine Spekulationsblase abzeichnet. Eine der Hauptursachen für den Höhenflug sei der Rekordoptimismus der nicht-kommerziellen Händler, deren Netto-Long-Positionen zuletzt mit über 240.000 Kontrakten ein so hohes Niveau wie noch nie erreicht haben.
US-Star-Investor Jim Rogers, der 1999 die große Rohstoffrally vorhersagte, will von einer Blase dagegen nichts wissen: „Das inflationsbereinigte Rekordhoch des Goldpreises aus dem Jahr 1980 rechtfertigt ein Niveau von mehr als 2.000 Dollar“, sagte er aktuell in einem Interview auf Bloomberg TV. Er vermute, dass sich der Goldpreis in diesem Bullenmarkt auf absehbare Zeit auf über 2.000 Dollar bewegt. Der Goldpreis könne sogar noch viel, viel höher steigen.
Trotzdem sollten sich Privatanleger darüber im Klaren sein, dass es sich wie bei allen Rohstoffinvestments um eine vergleichsweise volatile Assetklasse handelt, die in der Regel nur als Depot-Beimischung empfohlen wird. Als Argument gegen Gold-Investments wird zudem oft in Feld geführt, dass es keine Zinserträge abwirft – eine Eigenschaft, die vielen Vertretern der kreditgetriebenen Zinswirtschaft hochgradig suspekt erscheint.
Letztlich bleibt Gold immer ein Stück weit eine Wette gegen das Kettenbriefsystem der weltweiten Finanzströme, das heißt gegen die Bubble Economy und ihr ungedecktes Papiergeld.