Andreas Steinert, Amundi: „ESG ist ein Game Changer“

Amundi Deutschland hat Anfang des Jahres eine Kooperation mit dem Bonusprogramm der Lufthansa Miles & More gestartet. Cash. sprach darüber mit Dr. Andreas Steinert, Head of Third Party Distributors und Mitglied der Geschäftsführung, Amundi Deutschland.

Dr. Andreas Steinert, Amundi Asset Management: „Pro Mitgliedsnummer können Anleger bis zu 50.000 Meilen pro Jahr generieren, aus rechtlichen Gründen allerdings nur bei Lufthansa in Deutschland, nicht in Österreich oder in der Schweiz.“

Anfang des Jahres haben Sie die Kooperation mit Miles & More gestartet. Wie ist die Resonanz der Kunden beziehungsweise Anleger bislang?
Steinert: Für uns ist es eine sehr wichtige Kooperation, weil wir zum einen natürlich eine emotionale Nähe zu der Zielgruppe herstellen, die wir ansprechen wollen und zum anderen auch einen Markentransfer von Lufthansa Miles & More zu Amundi realisieren. Zudem ist es für uns auch eine Kommunikationsplattform in Richtung von Entscheidern in der Wirtschaft, die überdurchschnittlich stark im Miles & More-Programm vertreten sind. Und es hat auch einen gewissen Einfluss auf unsere Topline, weil wir zusätzliche Nettomittelzuflüsse generieren.

In welchem Umfang ist das bereits geschehen?
Steinert: Es dauert natürlich eine gewisse Zeit, bis die Zielgruppe von einem solchen Angebot Kenntnis erlangt und bis es sich in der Breite etabliert hat. Aber wir sind auf einem guten Weg.

Was heißt das in Zahlen ausgedrückt?
Steinert: Wir haben bereits heute mehrere Millionen von Meilen für unsere grünen Produkte gebucht.

Zuletzt haben Sie den Amundi Ethik Fonds, ein sehr nachhaltig orientiertes Produkt in den Verkaufs-Fokus genommen. Wie verträgt sich das mit der Miles-&-More-Kooperation, die Luftfahrt gilt schließlich nicht als Musterknabe in Sachen Ökologie?
Steinert: Vorweg gesagt, der Fonds zeigt als defensiver Mischfonds, der mit strikten Ausschlusskriterien arbeitet, eine ausgezeichnete Performance. Aber zu Ihrer Frage. Es ist richtig, der Luftverkehr trägt einen gewissen Beitrag zur globalen CO2-Belastung. Statistisch liegt der Wert bei ungefähr zwei Prozent. Dennoch ist eine solche Zusammenarbeit kein Widerspruch. Trotz Klimawandel werden wir uns nicht zurück in Richtung Steinzeit entwickeln. Wir müssen den Kunden vielmehr eine Möglichkeit geben, ihr Verhalten anzupassen und möglicherweise den notwendigen CO2-Verbrauch oder -Footprint, den sie generieren, zu kompensieren. Mit unseren nachhaltigen Produkten, mit denen Sie Rendite erwirtschaften und gleichzeitig einen positiven Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in der Gesellschaft leisten können, erreichen Sie genau diese Ziele. Und solche Konzepte zur Kompensation werden eher nachgefragt als rein altruistische Modelle. Bei einem großen Versicherer habe ich mal die Einführung eines reinen CO2-Kompensationsmodells bei Kfz-Versicherungen begleitet. Die Resonanz der Kunden ging gegen null. Auch in der Luftfahrt erfüllen die Kompensationsprogramme noch nicht die Erwartungen. Dieser Altruismus ist nur für einen kleinen Anteil von Menschen interessant. Der Charme unseres Angebots liegt in der Kombination von Rendite und Kompensation.

Können Kunden lediglich den Amundi Ethik Fonds im Rahmen der Kooperation zeichnen und auch nur über Amundi?
Steinert: Nein, ganz und gar nicht. Sie haben die Möglichkeit, jeden Amundi Fonds über jede Bank in Deutschland zu kaufen. Im Rahmen der Miles & More Kooperation kann sich der Kunde anschließend über eine Bankenschnittstelle/API-Schnittstelle auf der Website von Miles & More die Meilengutschrift durch das Auslesen der Transaktionsinformation automatisch gutschreiben lassen. Alternative können Sie in der Miles & More „App“ die Funktion „Fotogutschrift“ anwählen und Ihre Kaufabrechnung des Amundi- Fonds direkt abfotografieren. Das funktioniert zeitnah. Das gilt sowohl für passive Geldmarktfonds als auch über aktiv gemanagte Fonds. Bei Letzteren ist die Meilenvergütung etwas höher.

Wie hoch ist denn überhaupt das auf diese Weise erzielbare Meilenvolumen?
Steinert: Pro Mitgliedsnummer können Sie bis zu 50.000 Meilen pro Jahr generieren, aus rechtlichen Gründen allerdings nur bei Lufthansa in Deutschland, nicht in Österreich oder in der Schweiz. Bei aktiven Fonds ist das Verhältnis zurzeit eins zu zwei, also zwei Euro ergeben eine Meile. Für passive Fonds liegt der Wert bei eins zu zehn, also zehn Euro ergeben eine Meile.

Ich habe gelesen, dass man den Fonds mindestens drei Monate halten muss, um die Gutschrift der Meilen zu kassieren. Ist das nicht recht kurzfristig?
Steinert: Wir haben uns ein wenig daran orientiert, wie es andere Partner machen. Aber in der Tat gehen wir davon aus, dass die Kunden diese Fonds länger halten. Insbesondere, wenn ein Kunde die Fonds über die Bank kauft und einen Ausgabeaufschlag gezahlt hat, dürfte er oder sie schon Interesse haben, diese auch über einen gewissen Zeitraum zu halten und nicht gleich wieder zu verkaufen.

Halten Sie Ausschau nach weiteren Kooperationspartnern, etwa der Deutschen Bahn?
Steinert: Generell sind natürlich auch andere Partner denkbar, aber unser Fokus liegt natürlich bei Finanzpartnern bzw. –vertrieben. Und es ist kein Geheimnis, gute Partnerschaften bedürfen Zeit. Nur wenn wir durch einen regelmäßigen, offenen Austausch unsere Partner wirklich gut kennen, können wir auch langfristig eine Partnerschaft mit ihm eingehen. Diese basiert dann auf dem notwendigen gegenseitigen Verständnis und vielleicht noch wichtiger dem notwendigen Vertrauen. Zudem ist mir in unseren Partnerschaften immer auch der gemeinsam zu entwickelnde Marketingfokus wichtig. Erst wenn dies alles gut zusammenpasst, dann gelingt es uns, stabiles Neugeschäft zu generieren. Deshalb ist der langfristige Partneraufbau unser Hauptfokus. Dieser Partneraufbau findet sowohl bei stationären als auch digitalen Vertrieben statt.

Hilft dabei das Thema ESG oder ist es eher hinderlich?
Steinert: ESG beziehungsweise Nachhaltigkeit ist ein echter Game Changer im Fondsmarkt. Es ist eine Disruption, die dazu führt, dass alle Vertriebspartner, Banken, Versicherungen, Pools ihre Ladenregale mit ökologischen und nachhaltigen Investments neu bestücken. Genau das passiert gerade und führt dazu, dass Amundi mit seiner langen Historie in diesem Bereich enorm stark nachgefragt wird. Eine solche Veränderung ist natürlich ein Phänomen, das nicht so regelmäßig stattfindet. Aber wir haben ganz gute Karten, weil wir verschiedene Trümpfe in der Hand halten, angefangen mit dem schon erwähnten Amundi Ethik Fonds bis hin zum Global Ecology ESG, der seit 1990 am Markt und über eine Milliarde groß ist. Dadurch brauchen wir nicht zu erklären, dass wir glaubwürdig sind. Wir springen auch nicht auf einen Trend auf, denn es ist ein fundamentaler Umbruch der Industrie.

Wie dramatisch ist dieser Umbruch für die Branche oder sehen Sie ihn nicht so dramatisch, also dramatisch immer im positiven Sinne?
Steinert: Ich glaube, es ist ein Tsunami, der auf uns zukommt und der in der Tat die gesamte Fondspalette verändern wird. Im aktiven Fondsmanagement werden wir als Basis für die Umsetzung der ESG Kriterien einen Best-in-Class-Ansatz sehen, der sich mit wenigen Ausnahmen über die gesamte Fondswelt verbreiten wird – sofern es technisch nicht unmöglich ist. Und wir werden zumindest zwei weitere Ebenen sehen. Zum einen eine High-Conviction-Ebene mit Ausschlusskriterien, wie sie beim Ethik Fonds oder dem Global Ecology ESG Anwendung finden. Zum anderen wird es eine Ebene geben, das Impact Investing, bei der sich die gesellschaftliche oder ökologische Wirkung en détail nachweisen lässt, beispielsweise wie viel CO2 etc. eingespart wurde, welche positive soziale Wirkung der Fonds erzielt.

Das Gespräch führte Frank O. Milewski, Cash.

Foto: Anna Mutter

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