Der Entscheidung ist zuzustimmen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss eine Kündigung zwar nicht die Worte „kündigen“ oder „Kündigung“ enthalten. Sie muss jedoch klar und zweifelsfrei ausgesprochen werden, um den Anforderungen an die Bestimmtheit zu genügen.
Dies war hier nicht der Fall; allein schon deshalb, weil der Vertreter angekündigt hatte, weiter im Bestandsgeschäft tätig zu sein, und er mit dem Unternehmer klären wollte, wie seine Tätigkeit künftig im Einzelnen aussehen sollte.
Teilweise ist die Entscheidung so ausgelegt worden, dass hierdurch die Stellung des Handelsvertreters gestärkt sei. Im Einzelnen wird aus ihr abgeleitet, dass ein Vertreter keine Neuakquise mehr schulde, sondern sich auf die Bearbeitung von Bestandskunden beschränken könne. Auch sei die Umsetzung eines solchen Entschlusses kein wichtiger Kündigungsgrund.
Unternehmer kann Schadensersatz verlangen
Diese Einschätzung ist rechtlich nicht haltbar. Die Ankündigung eines Handelsvertreters, kein Neugeschäft mehr für den Unternehmer zu vermitteln, stellt eine Weigerung dar, der ihm obliegenden Pflicht nachzukommen, sich um die Vermittlung und den Abschluss von Geschäften zu bemühen.
Eine derartige Pflichtverletzung berechtigt den Unternehmer nach Paragraf 280 Absatz eins BGB, wegen der ihm entgehenden Neuabschlüsse Schadensersatz zu verlangen.
Darüber hinaus kann der Unternehmer die darin liegende Weigerung des Vertreters, der ihm Kraft zwingenden Rechts obliegenden Bemühungspflicht nach Paragraf 86 Absatz eins HGB nachzukommen, jedenfalls nach einer Abmahnung zum Anlass nehmen, den Vertretervertrag aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen.
Neuakquise darf nicht eingestellt werden
Denn es handelt sich um die Nichterfüllung der dem Handelsvertreter vertretervertraglich obliegenden Hauptpflicht. Die Kündigung wegen der Verletzung der Bemühungspflicht schließt den Ausgleichsanspruch gemäß Paragraf 89 b Absatz drei Nummer zwei HGB aus, weil sie wegen eines schuldhaften Verhaltens erfolgt.
Vertreter sollten die Entscheidung daher keinesfalls zum Anlass nehmen, die Neuakquise einzustellen und sich auf die Betreuung von Bestandskunden zu konzentrieren.
Unternehmer lernen aus der Entscheidung, dass ein Vertretervertrag erst endet, wenn er zweifelsfrei gekündigt worden ist oder der Vertrag einvernehmlich aufgehoben wird.
Autor ist Rechtsanwalt Jürgen Evers, Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht.
Foto: Evers Rechtsanwälte für Vertriebsrecht
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