Schließt ein Kunde einen Depotvertrag mit einer Direktbank unter Ausschluss von Beratungsverpflichtungen, liegt die Verantwortung bei ihm. Gibt eine solche Bank Empfehlungen ab, müssen diese transparent und richtig sein – eine Verpflichtung zu einer umfassenden und vollständigen Anlageberatung ergibt sich daraus allerdings nicht, wie ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt.
Das geht aus einem am 2. November 2010 bekanntgegebenen rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts München (Az: 111 C 24503/09) hervor. In dem verhandelten Fall war ein Ehepaar Inhaber eines „Direkt Anlage Depots“ bei einer Direktbank. In den Vertragsbedingungen war vereinbart, dass die Bank ihre gesetzlichen Nachfrage- und Informationspflichten zu erfüllen habe, sie sonst aber nur die Aufträge des Kunden ausführe, weder Empfehlungen gebe noch eine Anlageberatung biete.
Im Juni 2008 übersandte die Bank ein als „Werbemitteilung“ bezeichnetes Schreiben, in dem für verschiedene Finanzprodukte geworben wurde, unter anderem auch für die „Lehman Brothers 4×6 % Deutschland Garant Anleihe“. Das Ehepaar erteilte darauf hin den Auftrag zur Zeichnung der genannten Anleihe zu einem Wert von 1.000 Euro. Kurze Zeit später musste Lehman Brothers Insolvenz anmelden. Das Finanzprodukt war seither praktisch wertlos.
Das Ehepaar forderte nun von ihrer Bank das Geld zurück. Diese sei ihren Beratungspflichten nicht nachgekommen. Sie habe nicht aufgeklärt, dass kein Schutz über einen Einlagensicherungsfonds bestehe, dass der Verkauf von Lehmann-Zertifikaten in Frankreich und Amerika verboten und deren finanzielle Lage angespannt gewesen sei. Die Gebührengestaltung, die Provisionsrückvergütung und die Gewinnbeteiligung seien nicht transparent gemacht worden.
Die Klage wurde vom Amtsgericht München abgewiesen, da zwischen den Parteien kein Beratungsvertrag geschlossen worden sei. Trotzdem ist die Bank nicht von allen Pflichten im Hinblick auf die Beratung ihrer Kunden befreit.
Es verbleibe bei den spezialgesetzlich ausdrücklich normierten Pflichten. Die Direktbank habe die allgemeine Verpflichtung, Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Kunden zu nehmen. Werbe die Bank – eigentlich entgegen ihres Vertrages – mit ihrem Namen für Finanzprodukte, müsse die Werbung inhaltlich richtig und nicht irreführend sein. Risiken des Finanzprodukts dürften nicht beschönigt, Spezialkenntnisse darüber nicht verschwiegen werden. Eine umfassende Beratung über die Palette der Finanzprodukte sei allerdings nicht geschuldet. Im verhandelten Fall sei die Bank diesen Pflichten nachgekommen. Der umfangreiche Prospekt zu den Wertpapieren entspräche dem Wertpapierprospektgesetz, urteilte das Gericht. (ks)
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