Die Pandemie hat die Bedeutung von Gesundheit und Hygiene stark in den Fokus gerückt. Eine Verbraucherstudie hat ergeben, dass 34 Prozent der Verbraucher mehr Körperpflegeprodukte kaufen, während die Financial Times berichtet, dass sich die Verkaufszahlen von Handdesinfektionsmittel in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA und China im Zeitraum von Januar bis August im Vorjahresvergleich mindestens verfünffacht haben. Der er- höhte Verbrauch von Desinfektions- und Hygieneprodukten ist ein Teil unseres Alltags geworden, was zur Fortsetzung dieses Trends beitragen dürfte.
Die Lockdowns haben sich außerdem auf den Wunsch nach Gesundheit und Wohlbefinden ausgewirkt. In einer Zeit, in der die Menschen vielleicht nicht ins Fitnessstudio gehen oder Teamsportarten betreiben können, konzentrieren sie sich eher darauf, auf sich zu achten, und bewegen sich weniger. Deswegen erfreuen sich Heimfitnessgeräte, Sportzubehör und Nahrungsergänzungsmittel höherer Beliebtheit. Die Verkäufe von Fahrradergometern des Unternehmens Peloton zum Beispiel stiegen letztes Jahr um 172 Prozent
Rettender Strohhalm Internet
Während des Lockdowns hat sich das Internet für die Menschen als rettender Strohhalm erwiesen. Es hat nicht nur die Arbeit von zu Hause aus erleichtert, sondern es den Verbrauchern auch ermöglicht, ihre Lebensmitteleinkaufsgewohnheiten anzupassen und so die Beschränkungen einzuhalten. Onlinekäufe von Lebensmitteln verringern das Ansteckungsrisiko, da dadurch persönliche Kontakte minimiert werden, was dazu führte, dass bei Online-Lieferdiensten für Lebensmittel ein Nachfrageanstieg zu verzeichnen war, sowohl bei Supermärkten als auch bei Takeaways.
Ein Viertel der Konsumenten gab an, seit Beginn der Lockdowns häufiger Online-Bestellungen bei Supermärkten aufzugeben. Der Anstieg war in Asien am höchsten: Dort machen Online-Bestellungen inzwischen 4 Prozent der Gesamtausgaben im Lebensmitteleinzelhandel aus. Dass diese Lösung bequem ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Da in diesem Bereich noch sehr viel Potenzial besteht, gehen wir davon aus, dass dieser Trend sich zum Teil als beständig erweisen wird.
Comeback von Branchen
Das Fortschreiten der Impfkampagnen wird mit der schrittweisen Wiederaufnahme der Wirtschaftsaktivität einhergehen, sodass mehrere Branchen, in denen 2020 kaum Nachfrage bestand, wieder anlaufen werden. Das Gastgewerbe zum Beispiel blickt auf ein sehr schwieriges Jahr zurück. Die Wirtschaftsleistung des britischen Gastgewerbes sank im April 2020 im Vergleich zu Februar 2020 um 92 Prozent, was von der Schwere und Plötzlichkeit dieses Einbruchs zeugt.
Sobald der Normalbetrieb wieder anfängt, erwarten wir, dass die Menschen wieder in Bars und Restaurants strömen, vor allem wenn das Wetter im Frühling und Sommer besser wird. Auch Hilfen der Regierungen dürften diese Erholung teilweise unterstützen. Bei Urlaubsaktivitäten könnte es etwas länger dauern, bis sie wieder anlaufen, aber auch in diesem Bereich hat sich Nachfrage angestaut, was sich auf die Hotelbranche, die Fluggesellschaften und die Tourismusdienstleister auswirkt.
Dickeres Sparschwein
Ein großer Teil dieser neuerlichen Wirtschaftsaktivität wird von dem Kapital gestützt werden, das die Verbraucher im Laufe von 2020 angesammelt haben. Die privaten Ersparnisse sind insgesamt gestiegen, ebenso wie das Nettovermögen. Die aufgestaute Nachfrage könnte sich durch eine Konsumwelle in die Wirtschaft entladen, sobald die Lockdowns wieder aufgehoben sind und die Menschen sich sicher genug fühlen, um in konventionelle Geschäfte zurückzukehren. Unseren Erwartungen zufolge dürften sich starke Marken, die erheblich auf analoge Läden setzen, unter diesen Umständen gut entwickeln, ebenso wie spezialisierte Einzelhändler in den Bereichen Schönheit und Sport. Unbeschwertes Verhalten könnte ein Comeback erleben.
Folgen für Anleger
Diese Beobachtungen stellen unserer Meinung nach überzeugende Anlagethemen für 2021 dar. Daher sind wir optimistisch, was die Entwicklung von Unternehmen angeht, die diesen Trends entsprechen. Es gibt auch Themen, beispielsweise Grundnahrungsmittel, denen gegenüber wir 2021 vorsichtiger eingestellt sind, da sie in Ungnade fallen könnten. Die Bruttomargen könnten 2021 aufgrund der höheren Materialkosten und der Wiederaufnahme von Werbeaktivitäten im Einzelhandel sinken, worauf wir mit einem begrenzten Engagement in diesem Sektor reagieren würden. Im Konsumsektor allgemein profitieren große und vertrauenswürdige Marken tendenziell von Unsicherheitsphasen.
Aus diesem Grund sind wir in Bezug auf kleinere Marken im Moment eher pessimistisch. Branchen und Unternehmen, die in den Bereichen Wohnmöbel und Dekoration tätig sind, werden an Relevanz verlieren, sobald der Lockdown aufgehoben wird, da wir den Trend zum „Cocooning“ als vorübergehendes Phänomen betrachten. Nach Regionen betrachtet sind wir zurückhaltend, was Unternehmen mit Engagement im Schwellenmarktkonsumsektor außerhalb von Asien betrifft. Schwellenmärkte wie Lateinamerika, Indien und Afrika (mit Ausnahme von China) haben erheblich unter der Pandemie gelitten und die Konsumaus- gaben werden einige Zeit brauchen, um sich zu erholen.
Die Folgen der Covid-19-Pandemie werden noch einige Zeit spürbar sein. Die Turbulenzen waren so stark, dass es naiv wäre, davon auszugehen, dass wir automatisch in alte Verhaltensweisen zurückfallen werden. Einige Aspekte des Alltags werden sich wohl eher dauerhaft verändert haben. Um sich aus Anlegersicht erfolgreich im Konsumsektor zurechtzufinden, wird es erforderlich sein, sachkundig zwischen neuen Gewohnheiten, die potenziell beständig sein könnten, und alten Gewohnheiten, in die die Menschen zurückfallen werden, unterscheiden zu können.
Die Autoren: Pascal Menges, Client Portfolio Manager Global Equities, und Ingrid Nouhaud, Sector Analyst, Global Equities, Lombard Odier Investment Managers