KWAG-Anwalt Gieschen: „Keine Klageflut durch BGH-Urteil“

Der BGH hat entschieden, dass Anleger auf Prospektangaben ihrer Berater vertrauen können. Inzwischen liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Anlegeranwalt Jens-Peter Gieschen erklärt im Interview, was die Entscheidung für die Vermittlerpraxis bedeutet.

justizia

Wie vergangene Woche berichtet, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil (Az: III ZR 249/09) beschlossen, dass Vermittler geschlossener Fonds sich künftig nicht mehr darauf berufen können, dass Anleger die Risiken einer Beteiligung durch Studium der Emissionsprospekte selbst recherchieren müssen.

In der Vergangenheit wurde das Ignorieren des Prospekts durch den Anleger von verschiedenen Gerichten als grob fahrlässig bewertet. Das hatte bedeutet, dass die dreijährige Verjährungsfrist, in der Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen können, mit Übergabe des Prospekts ausgelöst wurde.  Bei langfristigen Investments wie geschlossenen Fonds ein erheblicher Nachteil für Anleger.

Der BGH hat diese Rechtsprechung mit seinem jüngsten Urteil kassiert. In der inzwischen veröffentlichten schriftlichen Urteilsbegründung wird deutlich: Entscheidend ist, was der Berater im Gespräch sagt, nicht was im Prospekt steht. Es stellt somit keine grobe Fahrlässigkeit dar, wenn der Anleger auf die Erklärungen des Beraters vertraut und diese Angaben nicht nochmals anhand des Verkaufsprospektes überprüft. Die Verjährungsfrist beginnt demzufolge erst dann, wenn der Anleger erkennt, dass die Angaben des Beraters mit denen des Prospekts nicht übereinstimmen.

Rechtsanwältin Dr. Petra Brockmann, Partnerin der Kanzlei Hahn, die das Urteil für einen Anleger erstritten hat, misst der richterlichen Entscheidung höchste Bedeutung bei. Zahlreiche Gerichte hätten die Klagen von geschädigten Anlegern bisher wegen angeblicher Verjährung abgewiesen. Das könne künftig nicht mehr geschehen.

Was bedeutet die neue Rechtsprechung für die Vermittlerpraxis? Droht nun eine Klagewelle?

Seite 2: KWAG-Anwalt Gieschen im Interview

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