Durch die sprunghaft anziehende Teuerungsrate machen sich auch viele Bond-Investoren um ihre Assets ernste Gedanken. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die höhere Inflation kein Strohfeuer ist. Zum Glück gibt es Möglichkeiten, um das Risiko zu reduzieren. Gastkommentar von Charles Zerah, Carmignac
Nach dem Absturz der Zinssätze in der ersten Hälfte 2016 haben wir die Risiken unseres Portfolios erheblich reduziert. So haben wir unsere allgemeine modifizierte Duration durch das Eingehen von Short-Positionen gegenüber US- und deutschen Zinspapieren verringert, unser Engagement in Staatsanleihen europäischer Peripheriestaaten reduziert und unsere Barmittel und Barmitteläquivalente aufgestockt. Jüngst hat sich die starke Korrektur der Zinsen für US-Staatsanleihen seit Mitte 2016 durch den Wahlsieg Donald Trumps noch intensiviert. Hinzu kommt die Unsicherheit über die Umsetzung seiner Wahlversprechen. Deswegen waren wir in der Lage, durch unserer Positionen mit kurzer Duration gegenüber US-Zinsen einige taktische Gewinne mitzunehmen.
In Kontinentaleuropa zeichnet sich langsam aber sicher eine Wachstumsrückkehr ab, was sich in einer steigenden Inflation – zum Teil durch höhere Rohstoffpreise bedingt –, niedrigeren Arbeitslosenzahlen und einem verbesserten Geschäftsklima widerspiegelt. Unserer Ansicht nach kann der allgemeine Preisanstieg nicht als kurzfristiger Nebeneffekt der gestiegenen Ölpreise abgetan werden, sondern deutet auf eine breiter angelegte, nachhaltigere Entwicklung hin. Daher sind wir der Meinung, dass die Zinsen auf deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ohne die Bedenken hinsichtlich der politischen Risiken in Europa deutlich höher wären. Ein Blick über die aktuellen politischen Risiken in Europa hinaus deutet darauf hin, dass Anleger in ihren Portfolios ein eingeschränktes Niveau an modifizierter Duration in den wichtigsten Industrieländern halten sollten; nichtsdestotrotz gibt es auch weiterhin Chancen an den internationalen Anleihemärkten.
Wo sollten Anleiheanleger investieren?
So scheinen Anleihen aus Schwellenländern nach wie vor interessante Chancen zu bieten, was auf die Stabilisierung des chinesischen Makroumfelds, den Anstieg bei Rohstoffpreisen, sich verbessernde Leistungsbilanzsalden einiger Schwellenländer und zunehmend attraktive Renditen gegenüber Industrieländern zurückzuführen ist. Dennoch ist Selektivität in einem weiterhin volatilen Umfeld entscheidend. Die Überprüfung der Risiken und Chancen eines jeden Landes ist von höchster Bedeutung, um die besten Wachstumsstories in einem heterogenen Umfeld zu identifizieren.
Wir sind zudem überzeugt, dass Rohstoff exportierende Länder weiterhin attraktive Risikoprämien gegenüber den verarbeitenden Schwellenländern bieten. Ein typischer Fall ist Brasilien, unsere größte Position im Bereich Schwellenländeranleihen. Dort fiel die Inflation von beinahe 11 Prozent im Januar 2016 auf unter 5 Prozent im Februar 2017, was es der Zentralbank ermöglichte, einen aggressiven Zinssenkungszyklus einzuleiten, widergespiegelt durch die zweimalige Absenkung des Selic-Leitzinses um jeweils 75 Basispunkte seit Anfang des Jahres. Im Bereich Anleihen halten wir an unserem Engagement in nachrangigen Schuldtiteln europäischer Banken und CLOs fest – wenn auch in geringerem Maße aufgrund enger Kredit-Spreads.
Europäische Banken sind einer der wenigen Sektoren im globalen Anleihenbereich mit mehrjähriger Prognosesicherheit, was den kontinuierlichen Schuldenabbau betrifft. Konkret haben wir nachrangige Schuldtitel von Banken identifiziert, die sowohl in absoluten Zahlen als auch gegenüber High-Yield-Anleihen aus Industrieländern attraktive Renditen versprechen. Auch gewisse Wandelanleihen machen trotz der scheinbaren Abkühlung des breiteren Marktes einen vielversprechenden Eindruck.
Anleger sollten in Bezug auf die Anleihemärkte einen uneingeschränkten Ansatz verfolgen, um sich auf höhere Renditen in den wichtigsten Industriestaaten einzustellen und gleichzeitig von langfristigen Überzeugungen von sehr speziellen Anlageklassen profitieren zu können.