Anpassung der Kriterien des EZB-Kaufprogramms notwendig

Die seit geraumer Zeit in der Eurozone vorherrschenden niedrigen Zinsen haben nach Meinung von Karsten Junius, Chefökonom der Bank J. Safra Sarasin, zunehmend dramatische Auswirkungen auf den Anleihemarkt und erfordert ein Umdenken beim Kaufprogramm der EZB.

Karsten Junius, Bank J. Safra Sarasin.
Karsten Junius, Bank J. Safra Sarasin.

Die Rendite von 10-jährigen deutschen Bundesanleihen ist inzwischen auf null Prozent gefallen und ein zunehmendes Volumen an Anleihen im Euroraum rentiert nun unterhalb des Einlagensatzes der EZB. Damit entsprechen viele Anleihen nicht mehr den Kriterien des Kaufprogrammes der EZB. Gemäß J. Safra Sarasin Research werden die Zentralbanken bereits im Oktober 2016 Schwierigkeiten haben, kaufbare irische Anleihen zu finden.

Grenzen des Kaufprogramms

Im November 2016 findet das Programm bei deutschen und im Februar 2016 bei portugiesischen Anleihen seine Grenze. Daher müssen die Kriterien des EZB-Kaufprogrammes schon bald angepasst werden. Am effektivsten wäre es, einfach Käufe von Anleihen mit Renditen unterhalb des Einlagensatzes zu erlauben. Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Obergrenze der Emittentenlimite für gewisse Anleihen erhöht wird.

Der jüngste Zinsrückgang im Euroraum hat eine bedeutsame Konsequenz: Er reduziert das Volumen an Anleihen, die im Rahmen des EZB-Kaufprogrammes von den Zentralbanken erworben werden können. Schließlich dürfen Notenbanken nur solche Anleihen kaufen, deren Rendite oberhalb des Einlagensatzes von minus 0,4 Prozent liegt. Vor allem für deutsche Bundesanleihen ist dies ein einschneidendes Kriterium.

Eine andere Grenze ist, nicht mehr als 33 Prozent der ausstehenden Anleihen eines Emittenten zu kaufen. Diese Auflage wirkt besonders in Portugal und Irland einschneidend. In diesen beiden Ländern besitzen die europäischen Notenbanken nämlich schon aus einem früheren Kaufprogramm ein großes Volumen an Anleihen. J. Safra Sarasin Research hat daher simuliert, wie die Kaufkriterien verändert werden könnten, sodass das EZB-Programm bis zum geplanten Ende im März 2017 oder darüber hinaus durchgeführt werden kann.

Weitere Absenkung des Einlagensatzes nicht sinnvoll

Um es klar zu sagen – eine erneute Absenkung des Einlagensatzes halten wir nicht für sinnvoll. Besser wäre es, Käufe von Anleihen mit Renditen unterhalb des Einlagensatzes von minus 0,4 Prozent zu erlauben. Sicherlich, ein gutes Geschäft wäre das für die EZB und die nationalen Zentralbanken nicht. Aber darum geht es bei diesen Operationen auch nicht. Nicht der finanzielle Erfolg der EZB ist primär, sondern ob es ihr gelingt, das Wachstum und die Inflationsentwicklung im Euroraum wiederzubeleben.

Emittentenlimite erhöhen als weitere Möglichkeit

Eine weitere Möglichkeit wäre es, die Emittentenlimite von 33 auf 50 Prozent für gewisse Anleihenarten zu erhöhen. Geeignet wären dabei ältere Anleihen, die keine sogenannten „collectiv action clauses“ aufweisen. Bei diesen Anleihen hätten die EZB oder die nationalen europäischen Zentralbanken selbst dann keine Sperrminorität, wenn sie einen großen Anteil der ausstehenden Anleihen halten. Sie würden im Falle einer Umschuldung sich daher nicht vorwerfen lassen müssen, monetäre Staatsfinanzierung zu betreiben oder eine ökonomisch gebotene Schuldenrestrukturierung zu verhindern.

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Zu erwarten sind Anpassungen der Kaufkriterien schon sehr bald – am besten auf dem nächsten EZB-Treffen im Juli 2016. Was allerdings unsicher bleibt, ist, wie schnell sich dann auch ihr ökonomischer Erfolg einstellt. Bislang bleibt die Inflationsrate in Euroland jedenfalls noch im negativen Bereich.

Foto: Bank J. Safra Sarasin

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