Der Goldpreis steigt in der Tendenz seit Mitte 2018. Auslöser waren vor allem die Umkehr zu einer expansiveren Fed-Zinspolitik und daraus resultierende deutlich sinkende US-Renditen. Der aktuelle Goldpreis kann vollständig durch seine fundamentalen Treiber 10-jährige US-Renditen, US-Inflation sowie Devisenkurs des US-$ erklärt werden und zeigt kein kurzfristiges Korrekturrisiko, so Dr. Klaus Bauknecht von der IKB Deutsche Industriebank.
Denn um die aktuelle Entwicklung des Goldpreises zu stoppen bzw. eine Abwärtskorrektur einzuleiten, wäre ein deutlicher Anstieg der US-Renditen in Verbindung einer dynamischeren US-Konjunktur erforderlich. Falls sich die US-Konjunktur 2020 überraschend deutlich eintrübt und die Fed die Zinsen bereits in diesem Jahr senkt, könnte der Goldpreis die Marke von 1.700 US-$ pro Unze erreichen. Das Risiko eines nennenswerten Goldpreisverfalls kann als deutlich geringer eingeschätzt werden. Dynamik seit Mitte 2018 – ein anhaltender Aufwärtstrend?
Hohe Schuldenquoten, niedrige Zinsen und eine schwächelnde Konjunktur stellen den Werterhalt des Geldes und die Stabilität des aktuellen Finanzsystems infrage. Die anhaltende Krisenpolitik der Notenbanken und die daraus folgende Zinspolitik verstärken Ängste vor einer schleichenden Entwertung des Vermögens. Dies gilt insbesondere für die Euro-Zone, in der Geldmarktsätze und risikofreie Renditen schon seit Jahren niedriger ausfallen als die Inflationsrate und zudem sogar negativ notieren. Auch in den USA sind risikofreie Anleihen im Vergleich zur dortigen Inflationsrate alles andere als eine werterhaltende Anlage. Seit der Finanzkrise hat Gold deshalb an Attraktivität gewonnen, und sein Preis konnte zuletzt weiter zulegen.
Steigender Goldpreis von Mai bis August 2019
Die meisten Prognostiker erwarteten Anfang 2019 einen eher stabilen Goldpreis. Es dominierte die Erwartung, dass sich die globale Konjunktur belebt, die Fed die Zinsen weiter anheben wird und die Unsicherheit über den globalen Handel bzw. die US-Handelspolitik endet. In solch einem Kontext hätte die Sorge über den Werterhalt von Vermögen eine untergeordnete Rolle gespielt. Doch es kam anders: Die Fed hat die Zinsen gesenkt, und die Finanzmärkte haben aufgegeben, eine perspektivische Normalisierung des Zinsniveaus zu erwarten.
Dies gilt in den USA wie in der Euro-Zone. So sind 10-jährige US-Renditen seit Anfang des Jahres 2019 von über 2,7 % auf unter 1,5 % im September 2019 gefallen; Bundrenditen sanken von 0,3 % auf unter -0,6 %. In der Folge ist der Goldpreis von Mai bis August 2019 um rund 200 US-$ auf 1.500 US-$ pro Unze gestiegen.
Seit September 2019 hat sich das Bild etwas stabilisiert. US-Renditen konnten auf 1,8 % zulegen, aber weitere deutliche Senkungen des US-Leitzins werden für 2020 als eher unwahrscheinlich angesehen. Auch der Goldpreisanstieg hatte Ende vergangenen Jahres an Dynamik verloren. Die geopolitischen Entwicklungen haben ihn jedoch zu Jahresanfang 2020 erneut deutlich nach oben bewegt.
Zwar ist mit der Entspannung des USA-Iran-Streits auch der Goldpreis wieder etwas gesunken; er bleibt jedoch selbst nach einer Korrektur weiterhin auf hohem Niveau, und der seit Mitte des Jahres 2018 geltende Aufwertungstrend scheint weiter intakt zu sein. Wie ist das aktuelle Niveau des Goldpreises aus fundamental Sicht einzuschätzen, und wie stellt sich der Ausblick bzw. das Risikoprofil für 2020 dar?
Seite zwei: Fundamentale Treiber des US-$-Goldpreises: 2019 war ein normales Jahr, …