AOK: Beitragszahlern droht milliardenschwerer Irrweg

Massive Kritik äußert der Verwaltungsrat der AOK NORDWEST an der aktuellen Gesundheitspolitik von Bundesgesundheitsminister Spahn und den Plänen der großen Koalition, die Beitragszahler immer stärker zu belasten.

AOK-Verwaltungsrat kritisiert Pläne der Politik: Beitragszahlern droht milliardenschwerer Irrweg

„Das Ziel ist so einfach wie durchschaubar. Das deutsche Gesundheitswesen soll weiter verstaatlicht und immer mehr Kosten auf die Gesetzliche Krankenversicherung verlagert werden. Diese finanziellen Mehrbelastungen müssen wie so oft von den Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Rentnern bezahlt werden. Das lehnen wir kategorisch ab“, erklärten heute die beiden alternierenden Verwaltungsratsvorsitzenden Georg Keppeler (Versichertenvertreter) und Johannes Heß (Arbeitgebervertreter).

Beispiel MDK-Reformgesetz

Aktuelles Beispiel ist das ‚MDK-Reformgesetz‘. „Unter dem Vorwand, die Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes zu stärken, werden etablierte Prüfmechanismen der Krankenkassen ausgehebelt und die soziale Selbstverwaltung weiter geschwächt“, sagt Georg Keppeler.

Der Referentenentwurf sieht unter anderem eine Neuregelung der Krankenhausprüfungen vor. Danach darf in Zukunft nur noch eine bestimmte Quote der Krankenhausabrechnungen durch den Medizinischen Dienst (MDK) geprüft werden. Im Jahr 2020 liegt diese Quote je Quartal bei nur bis zu zehn Prozent der bei der Krankenkasse eingegangenen Rechnungen.

„Hier werden etablierte Prüfmechanismen von der Politik willkürlich ausgehebelt, die den Beitragszahler teuer zu stehen kommen. Wer bei der heutigen Fehlerquote von über 50 Prozent der geprüften Rechnungen die Prüfungen drastisch reduziert, handelt grob fahrlässig“, sagt Johannes Heß.

„Unfassbar“

Diese Neuregelung kann die Beitragszahler, also Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitgeber, bundesweit über eine Milliarde Euro kosten. „Das MDK-Reformgesetz ist ein weiterer Schritt hin zu einer Verstaatlichung des deutschen Gesundheitswesens. Dieser Irrweg muss schnellstens wieder verlassen werden“, so Heß.

Dass der Bundestag die Krankenkassen per Gesetz gezwungen habe, unberechtigte Rechnungen von Krankenhäusern zu bezahlen, ist nach Heß‘ Worten ebenso unfassbar.

„Das hat den Beitragszahlern hunderte Millionen Euro gekostet. Offensichtlich will Spahn die Kritiker, die den Finger in die Wunde legen, mundtot machen und die Vertreter der Beitragszahler aus ihren Funktionen drängen“, so Heß.

Soziale Selbstverwaltung wird weiter geschwächt

Weiter sehen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Spahn im MDK-Reformgesetz vor, dass die Mitglieder aus den Selbstverwaltungsorganen der Kranken- und Pflegekassen künftig aus den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste ausgeschlossen werden.

„Das ist ein weiterer Angriff auf die Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft, der unbedingt verhindert werden muss. Gerade die soziale Selbstverwaltung hat bewiesen, dass sie ein Garant für eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung ist“, so Keppeler.

Der Referentenentwurf sieht vor, künftig an die Stelle der Selbstverwaltungsvertreter Patienten- und Betroffenenvertreter sowie Vertreter von Berufsgruppen aus Gesundheitswesen und Pflege zu setzen.

Fachliche Unabhängigkeit ist gelebte Praxis

„Hier sehen wir die Gefahr, dass Interessen von Leistungserbringern oder Partikularinteressen entscheidenden Einfluss in den Entscheidungsgremien des MDK finden“, so Keppeler. Die Einbindung dieser Gruppen sei bereits jetzt umfänglich über entsprechende Beiräte sichergestellt.

Außerdem hob Keppeler hervor, dass die fachliche Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste schon gesetzlich festgeschrieben und gelebte Praxis sei.

„Hier soll der Bock zum Gärtner gemacht werden“, bringt Heß die Pläne auf den Punkt. Nach seiner Meinung könne es nicht sein, dass künftig die, die Leistungen oder Gelder aus den Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Beitragszahler erhalten, auch noch selbst über die Notwendigkeit von Leistungen entscheiden oder gar bei Rechnungsprüfungen mitwirken sollen. „Kein privates Unternehmen würde von seinem Lieferanten dessen eigene Rechnung prüfen lassen“, so Heß.

 

 

Foto: obs/AOK NordWest/AOK/hfr

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