Einige Seiten, viele Paragrafen und eine ganze Reihe von Klauseln – obwohl mündliche Jobzusagen bereits bindend sein können, werden vor allem die sogenannten notwendigen Bestandteile des Arbeitsvertrags in der Praxis meist schriftlich geschlossen. Angesichts der Vielzahl an Gesetzen, Vorschriften, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und Richtlinien verwundert es nicht, dass bei Millionen von Arbeitsverträgen, die in der Bundesreplik aktuell bestehen, die wenigsten vollständig oder frei von Mängeln sind. Insbesondere, wenn Personalverantwortliche Muster aus dem Internet downloaden, kann die ein oder andere unwirksame Klausel enthalten sein. Denn in der Regel passen sich vorgefertigte Standarddokumente nicht der dynamischen Wandlung des Arbeitsrechts an oder tragen dem gestalterischen Spielraum, den der Gesetzgeber einräumt, Rechnung. Schließlich können Vertragsinhalte grundsätzlich frei zwischen den Parteien verhandelt werden – sofern bestimmte gesetzlich klar definierte Vorgaben eingehalten werden. Ab August 2022 kommen, so will es zumindest die sogenannte Arbeitsbedingungenrichtlinie (EU 2019/1152), neue Pflichtangaben hinzu. Ein erster Gesetzesentwurf, der die EU-Richtlinie in nationales Recht überträgt, sieht weitreichende Änderungen vor, sonst drohen Sanktionen.
Bereits jetzt gibt es verpflichtende Inhalte in Arbeitsverträgen. Laut Paragraf 2 des Nachweisgesetzes gehören dazu neben Name und Adresse der beschäftigten Person auch Name und Adresse des Unternehmens – inklusive Benennung der Geschäftsleitung. Zudem gilt es den Beginn des Arbeitsverhältnisses, den Arbeitsort und, wenn zutreffend, auch eine Information auf wechselnde Tätigkeitsorte anzugeben. Eine Jobbeschreibung sowie ein allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gehören genauso ins Dokument wie Unterschriften der beiden Vertragsparteien. Zudem benötigen die einzelnen Klauseln auch Details zu Vertragsdauer, Arbeitszeiten, Entgelt, Sonderzuwendungen, Kündigungsfristen und Urlaubsanspruch. Unabhängig von diesen Basics erlaubt es der Gesetzgeber, in Sachen Gestaltung auf die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten im Unternehmen Rücksicht zu nehmen. Innerhalb der Grenzen des Arbeitsschutzrechts gilt grundsätzlich die Vertragsfreiheit. Konkret bedeutet das: Sofern beispielsweise bei der Erstellung Gleichbehandlungsgrundsatz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und AGB-Recht berücksichtigt werden, bestimmen beide Parteien nicht nur über den Inhalt, sondern auch über den Abschluss als solches. Insbesondere bei komplexen Vertragsinhalten lohnt es sich im Einzelfall jedoch, juristischen Beistand zu suchen. Eigene Formulierungen etwa zu Arbeitsunfähigkeit, Geheimhaltung oder Nebentätigkeiten halten im Streitfall nicht immer vor Gericht stand – vor allem wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen.
In der Praxis wird oft nicht jede einzelne Klausel im Detail besprochen. Vielmehr kommen einseitig vom Unternehmen erstellte, vorformulierte Muster zum Einsatz. Seit 2002 werden diese wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) behandelt und unterliegen daher einer strengen Inhaltskontrolle durch Arbeitsgerichte. Trotzdem finden sich in manchen Verträgen noch immer unwirksame Klauseln. Laut Paragraf 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind Bestimmungen in AGB dann unzulässig, wenn sie die gesetzlichen Rechte von Arbeitnehmenden einschränken und zu unangemessenen Benachteiligungen führen. Entsprechend gilt es in diesem Zusammenhang auch auf überraschende, unklare oder missverständliche Klauseln zu verzichten. Dazu gehören etwa Regelungen, die Mitarbeiter gegenüber Kollegen zum Stillschweigen über ihr Gehalt verpflichten sollen (LAG Mecklenburg- Vorpommern, Az. 2 Sa 183/09). Ist die Rede von einer unbestimmten Anzahl von „Überstunden“ (BAG, Az. 5 AZR 517/09) oder sogar „erforderlichen Überstunden“ (LAG Düsseldorf, Az. 9 Sa 1958/07), die nicht gesondert vergütet, sondern vollständig mit dem monatlichen Festgehalt abgegolten werden, ist die Klausel unwirksam. Gleiches gilt für sogenannte Versetzungsklauseln, die beispielsweise dem Arbeitgeber erlauben, dem Arbeitnehmer eine minderwertige Tätigkeit zuzuweisen. Enthalten Verträge Regelungen, die Angestellten beispielsweise besondere Verfallsfristen für das schriftliche Einreichen von Urlaubsanträgen auferlegen, gelten diese ebenfalls als rechtswidrig. Gerichte mussten in der Vergangenheit auch schon über übertrieben hohe Vertragsstrafen bei Pflichtverletzungen, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte im Zusammenhang mit Sonderzahlungen oder sogar Schwangerschaftsverbote für erwerbstätige Frauen urteilen und sind zum Schluss gekommen, dass sie gegen geltendes Arbeitsrecht verstoßen. Dadurch werden die entsprechenden Teile des Vertrags außer Kraft gesetzt.
Ergänzung bestehender Nachweispflichten
Mit der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtline der EU (2019/1152) kommen weitere gesetzlich vorgeschriebene Bestandteile von Beschäftigungsverträgen hinzu. Allem voran geht es dabei um transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen.
Konkret regelt die europäische Richtline neben den Pflichten zur Unterrichtung über Jobkonditionen auch die Mindestanforderungen an Arbeitsverträge. Ab August 2022 müssen die Vorgaben in nationales Recht übergehen. Ein erster Gesetzesentwurf sieht weitreichende Neuerungen bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen vor, wobei sich bei der deutschen Version im Wesentlichen alles um die Ergänzung bestehender Nachweispflichten dreht. Sollte das Gesetz in dieser Form in Kraft treten, reicht es künftig nicht mehr, vertraglich eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden anzugeben. Es müssen genaue Schichtzeiten genannt werden, wie viel Geld für Überstunden gezahlt wird und ob Überstunden überhaupt angeordnet werden dürfen. Für Unternehmen bedeutet das: Die Verträge mit ihren Mitarbeitenden gestalten sich künftig noch umfangreicher. Neben vereinbarten Ruhepausen gilt es etwa auch die Dauer der Probezeit anzugeben. Außerdem müssen alle Jobvereinbarung, die nach dem 31. Juli aufgenommen werden, auch Kündigungsmodalitäten sowie die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes inklusive Fälligkeit und Art der Auszahlung beinhalten. Wichtig dabei: Die vorgesehenen Gesetzesänderungen haben nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Gestaltung neuer Verträge – also alle Beschäftigungsvereinbarungen, die ab 1. August 2022 geschlossen werden.
Im aktuellen Entwurf räumt der Gesetzgeber Lohnempfängern in bestehenden Arbeitsverhältnissen das Recht auf Offenlegung ein. Innerhalb von sieben Tagen müssen Unternehmen dann detailliert Auskunft über besonders wichtige Informationen wie beispielsweise Dauer der Probezeit oder Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts geben. Binnen eines Monats folgen dann in einer Niederschrift die restlichen wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses. Tun Unternehmen das nicht, drohen Strafen. Bereits in der EU-Richtline ist festgeschrieben, dass alle Mitgliedsländer bei der Umsetzung in nationales Recht einen wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionsmechanismus integrieren müssen. Entsprechend definiert der deutsche Gesetzesentwurf, dass Unternehmen ordnungswidrig handeln, wenn die Vertragsbedingungen nicht richtig, rechtzeitig, vollständig oder in der vorgeschriebenen Weise niedergelegt werden. Ein solcher Verstoß kann dann mit einer Geldstrafe von bis zu 2.000 Euro einhergehen.
Autor Paul-Benjamin Gashon ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG.