Artikel-9-Immobilienfonds bisher nur für institutionelle Investoren

Foto: Florian Sonntag
Hannah Dellemann, Intreal: „Die ESG-Regulierung entwickelt sich kontinuierlich weiter."

Seit rund 18 Monaten werden Fonds, die strenge Nachhaltigkeitsanforderungen nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung erfüllen, nach deutschem Recht aufgelegt. Bislang gibt es an Immobilienfonds nur Angebote für institutionelle Investoren, nicht für Privatanleger. Drei Beispiele.

Das Angebot differenziert sich indes aus, es gibt die sogenannten „Impact-Fonds“ im Bereich Wohnen, Logistik, Büro und Gesundheitsimmobilien. Der Fokus liegt dabei auf dem Neubau. Aufgrund der aktuellen Marktsituation mit hohen Baukosten und Zinsen stehen die Immobilienanlage-Produkte zunehmend im Wettbewerb mit alternativen Investmentmöglichkeiten. Das hemmt auch die Neuauflage von Impact-Fonds. Der große Run auf Artikel-9-Fonds hat bisher noch nicht eingesetzt, dennoch wird erwartet, dass die Nachfrage aufseiten institutioneller Investoren steigen wird.

Dies sind die Kernergebnisse einer Online-Pressekonferenz mit Vertretern von Intreal, Catella Residential Investment Management, Hauck Aufhäuser Lampe und DLE Group AG, teilnahmen.

„Risiken aus der nicht abgeschlossenen Gesetzgebung“

„Ein Artikel-9-Fonds leistet per definitionem einen positiven Beitrag zu einem Umwelt- oder sozialen Ziel, ohne andere Nachhaltigkeitsziele zu beeinträchtigen“, erläuterte Hannah Dellemann, Teamleiterin ESG bei der Service-KVG Intreal, die einen Marktüberblick gab. „Die ESG-Regulierung entwickelt sich kontinuierlich weiter. Mit Jahresbeginn 2023 sind zu den zwei bereits gültigen Umweltzielen ‚Klimaschutz‘ und ‚Anpassung an den Klimawandel‘ vier weitere Ziele hinzugekommen. Diese sind ‚Schutz von Wasser und Meeren‘, ‚Kreislaufwirtschaft‘, ‚Reduzierung der Umweltverschmutzung‘ und ‚Schutz der Biodiversität‘. Nur für das Ziel des ‚wesentlichen Beitrags zur Kreislaufwirtschaft‘ wird es jedoch technische Kriterien für Immobilien geben; diese sind in den finalen Entwürfen bekannt, jedoch noch nicht rechtsgültig.“

Zum Markt sagt die ESG-Expertin: „Artikel-9-Fonds sind immer noch nicht sehr zahlreich. Im Immobilien-Publikumsfonds-Segment gibt es immer noch gar keine Vehikel. Im Segment der offenen Immobilien-Spezialfonds sind mir bislang zehn Fonds bekannt. Davon entfallen fünf auf die Nutzungsart Wohnen, drei auf Büro, einer auf Logistik und einer auf Gesundheitsimmobilien. Ich gehe davon aus, dass es künftig mehr Impact-Fonds geben wird. Aber die Krise mit Zinswende und steigenden Baukosten sorgt für eine gedämpfte Neuauflagetätigkeit. Außerdem gibt es Risiken, die aus der nicht abgeschlossenen Gesetzgebung resultieren. Die Angst, dass Fonds deswegen von Artikel-9 auf Artikel-8 zurückgestuft werden könnten, ist verbreitet. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass es im Immobiliensektor so weit kommt.“

Catella: Zwei Milliarden Euro für „energiepositive“ Wohntürme

Catella Residential Investment Management verwaltet zwei Impact-Fonds gemäß Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR), wobei sich einer der Fonds ausschließlich auf „energiepositive“ und nahezu CO2-neutrale Wohnprojekte in französischen Städten konzentriert. „Mit dem Catella Elithis Energy Positive Fund bieten wir institutionellen Investoren ein nachhaltiges Anlagevehikel, das den auch in Frankreich so dringend benötigten Wohnraum für Menschen mit mittleren Einkommen und zu Mieten unterhalb des Marktdurchschnitts bereitstellt“, sagte Michael Fink, Managing Director bei Catella Residential Investment Management. „Der unter anderem durch PV-Paneele und Windturbinen erzeugte Öko-Strom übersteigt den Verbrauch des Gebäudes. Der Überschuss wird in das Stromnetz eingeleitet und rückvergütet, sodass die Mieterinnen und Mieter von niedrigen Neben- und Stromkosten profitieren.“

Gemeinsam mit dem strategischen Partner Elithis, einem französischen Entwickler für nachhaltige Gebäudetechnik und Immobilien, will Catella Residential Investment Management bis 2030 insgesamt 100 energiepositive Wohntürme in ganz Europa, beginnend mit dem französischen Markt, mit einem Investitionsvolumen von zwei Milliarden Euro auf den Weg bringen. „Mit ihrem bioklimatischen Design übertreffen die Wohntürme bereits bei Fertigstellung das Net-Carbon-Zero-Klimaziel der EU und das bei marktüblichen Baukosten. Die Gebäude sind darüber hinaus anpassungsfähig an neue Nutzungen und damit langfristig resilient“, so Fink.

Catella hat bereits die ersten fünf Elithis-Objekte für den Fonds erworben. Die Projekte in Dijon und Saint-Etienne stehen bereits kurz vor der Fertigstellung, die Neubauvorhaben in Mulhouse, Brest und Le Havre wurden kürzlich angekauft. Das Investitionsvolumen dieser drei Entwicklungen summiert sich auf rund 60 Millionen Euro und sie umfassen circa 225 Wohnungen. Der Fonds hat eine Laufzeit von zwölf Jahren und soll eine Zielrendite zwischen vier und sechs Prozent (IRR) haben. Das Zielvolumen liegt bei circa 500 Millionen Euro. Die Mindestanlagesumme beträgt 25 Millionen Euro.

Hauck Aufhäuser Lampe plant geschlossenen Spezial-AIF

Das Real Estate Investment Management der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe (HAL REIM) kooperiert mit der EUREF AG bei der Strukturierung, Finanzierung, Vermarktung und dem späteren Management des EUREF-Campus Düsseldorf. Zu diesem Zweck plant HAL REIM, mit dem „HAL EUREF 1“ einen Spezial-AIF für institutionelle Investoren aufzulegen, der die Kriterien in allen drei Bereichen der ESG-Regulierung und damit auch die Anforderungen an einen Artikel-9-Fonds gemäß Offenlegungsverordnung erfüllt.

„Als Nachhaltigkeits- und Innovationscampus konzipiert, bietet der EUREF Campus Düsseldorf 65.000 Quadratmeter vermietbare Fläche für Unternehmen, Startups, Institutionen und wissenschaftlichen Einrichtungen mit Fokus auf die Energie- und Mobilitätswende“, sagte Patrick Brinker, Head of Real Estate Investment Management bei Hauck Aufhäuser Lampe. „Das flexible Nutzungskonzept ermöglicht Flächengrößen zwischen 300 und 10.000 Quadratmetern für klassische Büros, Co-Working-Spaces, Labore oder Showrooms. Insgesamt bietet der Campus Platz für rund 3.500 Beschäftigte. Mit Schneider Electric, wilo, Spie und Klüh Service Management gibt es bereits vier Ankermieter, die zum Teil auch an der Umsetzung des Energiekonzeptes beteiligt sind“, so Brinker weiter.

Ziel sei es, von Beginn an eine CO2-neutrale Energieversorgung zu gewährleisten. Dafür sorgen ein Solarglasdach, Energiefassaden, die thermische Nutzung des angrenzenden Baggersees sowie von Second-Life-Batterie-Speichern, eine Großwärmepumpe und die Einbindung in ein lokales Kompetenznetz umweltschonender Energieerzeuger.

„Der ‚HAL EUREF 1‘ hat ein Zielvolumen von rund 350 Millionen Euro. Der Anlagehorizont des geschlossenen Spezial-AIF beträgt 13 Jahre und die avisierte Ausschüttungsrendite liegt bei 4,5 bis 5,5 Prozent pro Jahr. Während der Ankaufsphase durchläuft der EUREF-Campus Düsseldorf unter anderem eine Sustainable Due Diligence und eine CREEM-Analyse. Letztere ergab das Ausbleiben eines Stranding Points, was die Nachhaltigkeit des beeindruckenden Projektes untermauert“, ergänzte Brinker. Die Grundsteinlegung für den EUREF Campus Düsseldorf erfolgte im Oktober 2022. Der bereits voll vermietete Bauabschnitt 1 wird im Jahr 2023 fertiggestellt und Ende 2025 folgt planmäßig Bauabschnitt 2.

Neubau- und Revitalisierungsvorhaben bei DLE

Mit dem DLE Sustainable Senior Fund gibt die DLE Capital AG, in Person ihres CEO Tim Schymik, den Anlegern die Möglichkeit, diversifiziert und klimagerecht nach den Zielen des Pariser Klimaabkommens in modernen Wohnraum zu investieren. Der Fonds hat ein Zielvolumen von 500 Millionen Euro Eigenkapital und soll eine Gesamtrendite von vier bis sechs Prozent erwirtschaften.

Dabei strebt der DLE Sustainable Senior Fund die Finanzierung sowohl von Neubau- als auch von Revitalisierungsvorhaben an. „Während die Realisierung von Neubauprojekten der Ausweitung des Wohnungsangebotes in der jeweiligen Region dient, ist die Renovierung und technische Ertüchtigung von Bestandsgebäuden der wichtigste Hebel zur Senkung der Treibhausgasemissionen“, sagt Alexander Fröse, COO der DLE Group AG. Geplant seien Investitionen in Projekte, die nach Standards errichtet werden und somit im Einklang mit dem 2015 vereinbarten 1,5-Grad-Ziel stehen.

„Die Dekarbonisierung des Immobiliensektors spielt eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der nationalen und globalen Klimaziele“, sagt Fröse. „Zudem macht die Kombination aus Energieeffizienz und regenerativen Energien Gebäude immun gegen CO2-Preisaufschläge und steigende Kosten für fossile Brennstoffe. Wir haben es hier mit einer klassischen Win-Win-Situation zu tun: Energieeffiziente Gebäude haben Potenzial für Marktpreisaufschläge und höhere Mieten, während die Mieter von niedrigen Betriebskosten profitieren.“ Die Nachfrage nach Wohnraum werde darüber hinaus langfristig hoch bleiben, da das Angebot knapp und teilweise sehr unattraktiv sei.

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