Die Grundfähigkeitsversicherung gehört zu den aktuellen Hoffnungsträgern der deutschen Lebensversicherungsbranche. Laut der aktuellen Assekurata-Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien messen ihr knapp 80 Prozent der befragten Anbieter positive oder sehr positive Wachstumserwartungen für 2021 bei. Negative Aussagen beziehungsweise Skepsis sucht man in diesem Produktsegement aktuell vergeblich. Um bestehende Chancen im Neugeschäft zu nutzen und sich mit einem individellen Angebot im Markt zu positionieren, überarbeiten derzeit viele Lebensversicherer ihre bestehenden Grundfähigkeitstarife oder führen neue ein. „Als Folge davon sind die Tarifstrukturen und Versicherungsbedingungen am Markt sehr unterschiedlich“, kommentiert Arndt von Eicken, Managing-Analyst bei Assekurata.
Leistungsauslöser häufig unklar definiert
Eine Grundfähigkeitsversicherung dient der finanziellen Absicherung bei Verlust bestimmter Fähigkeiten. Sie leistet, wenn der Versicherte infolge einer Krankheit oder eines schweren Unfalls körperlich so eingeschränkt ist, dass er eine fundamentale Fähigkeit verliert. „Die reine Anzahl an versicherten Fähigkeiten ist aber noch kein Qualitätsmerkmal“, kommentiert von Eicken. Vielmehr komme es darauf an, dass die Auslöser, die zu einer Leistung des Versicherers führen, in den Bedingungen eindeutig, nachvollziehbar und praktikabel definiert seien.
Zur Verdeutlichung führt Philip Wenzel, Geschäftsführer von Biometrie Expertenservice und Spezialist für die Absicherung biometrischer Risiken, das Beispiel der Tastaturbedienung als Nachweis für den Handgebrauch an. „Eine Tastatur ist so konzipiert, dass sie mit allen zehn Fingern bedient werden kann. Ein Versicherer könnte für den Leistungsnachweis aber womöglich vorsehen, dass ein Kunde innerhalb von zehn Minuten weniger als fünf Wörter tippen kann. Die Anforderung an den Leistungsauslöser wäre für den Kunden dann unrealistisch hoch.“
Dies führe spätestens im Leistungsfall zu Irritationen, glaubt Wenzel. Aus Sicht der Experten wird man dem Profil einer Grundfähigkeits-versicherung ohnehin nicht gerecht, wenn man sie nur als bezahlbare, leistungsschwächere, Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung einordnet.
GFV-Versicherung – kein Bezug zum Beruf
„Ihrem Wesen nach hat die Grundfähigkeitsversicherung überhaupt keinen Bezug zum Beruf, sondern sieht dann eine monatliche Rentenzahlung vor, wenn bestimmte Alltagsfähigkeiten eingeschränkt sind“, klärt von Eicken auf. Damit könne sie auch Kosten auffangen, wenn ein Versicherter nicht im Arbeitsumfeld, sondern in der Freizeit gesundheitlich eingeschränkt sei.
Zehn Hauptprüfpunkte mit 50 Detailkriterien
Bei ihren Recherchen haben die Analysten festgestellt, dass sich bei den Bedingungen am Markt noch kein Standard etabliert hat und der Leistungssumfang nur schwierig einzustufen ist. Auch in den Prospektunterlagen seinen häufig pauschale Schlagwörter zu finden. Die suggerierten einen universellen Versicherungsschutz, ließen aber keinen Rückschluss auf die eigentliche Qualität zu.
Daher hat Assekurata zusammen mit dem Biometrie Expertenservice eine neue Tarifanalyse entwickelt, die Grundfähigkeitsversicherungen auf ihr spezifisches Absicherungsprofil testet und die versicherungstechnischen Leistungsmerkmale aus Kundensicht untersucht.
„Wir orientieren uns dabei an den fünf Sinnen des Menschen und an seinen Fundamentalfähigkeiten, die auf Beweglichkeit, Ausdauer sowie der Kraft der Hände, Arme und des Bewegungsapparates fußen“, stellt Wenzel heraus.
In dem detaillierten Prüf- und Bewertungsverfahren untersuchen die Analysten Grundfähigkeitspolicen anhand von über 50 Detailkriterien, die den folgenden zehn Hauptkriterien zugeordnet werden: Verlust der Grundfähigkeit, Leistungsauslöser, Leistungsbewertung, Ausschlüsse und Wiedereinschlüsse, Wechseloption, Allgemeine Bestimmungen, Leistungsarten, Zahlungshilfen, Besonderheiten und Erweiterungen, Transparenz.
Im Rahmen des neuen Bewertungsverfahrens erhalten Kunden und Vermittler eine Expertenenschätzung darüber, welche Grundfähigkeitsangebote hochwertig und frei von Fallstricken sind.
Erster Tarif ausgezeichnet
Als erstes Unternehmen stellte sich die Volkswohl Bund-Tochter Dortmunder Lebensversicherung AG dem Bewertungsverfahren. Der neu aufgelegter Grundfähigkeitstarif „Plan D –Die 3“ erhielt von Assekura die Note sehr gut (1,4).
Diese Tarifvariante zeichnet sich besonders durch den Baustein „Die Arbeit“ aus. Hierbei werd eine echte Möglichkeit zur Arbeitskraftabsicherung geschaffen, falls der Versicherte nicht mehr mindestens drei Stunden am Tag arbeiten könne, betont Analyst von Eicken.
Die Variante„Die 2“ ist bedingungseitig größtenteils identisch. Allerdings ist der Baustein „Die Arbeit “, ebenso wie die Erkrankungen Schwere Depression und Schizophrenie, nicht versicherbar. Insgesamt erhält diese Tarifvariante die Note gut (1,7). Laut Assekurata befinden sich weitere Tarife in der Prüfung.
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