Assetmanager profitieren vom Zinsumfeld, Zahlungsdienstleister vom digitalen Wandel

Ein Kommentar von René Kerkhoff, Analyst für die Sektoren Technologie, Automotive und Retail sowie  Fondsmanager des DJE – Mittelstand & Innovation, und Moritz Rehmann, Fondsmanager des GAMAX Junior sowie Analyst u.a. für die Sektoren Financial Services und Versicherungen bei der DJE Kapital AG

René Kerkhoff, DJE

Bei Investitionen in den Finanzsektor denkt man häufig zuerst an Banken. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld wachsen die Bäume für diese nicht in den Himmel. Doch es gibt auch Finanzunternehmen, die wachstumsstark sind  und teilweise sogar deutlich von niedrigen Zinsen profitieren.

Assetmanager können Niedrigzinsumfeld nutzen

Das Anlageuniversum der Assetmanager lässt sich am einfachsten nach den zu investierenden Anlageklassen aufteilen. Hier sind zwei Geschäftsmodelle hervorzuheben: Bei ersterem wird in Aktien bzw. Anleihen von an der Börse gehandelten Papieren investiert. In die zweite Kategorie fallen die Assetmanager, die in illiquide oder „Alternative Assets“ investieren. Gemein ist beiden, dass sie von den aktuell in vielen Regionen präsenten extremen Negativzinsen begünstigt werden, da der Druck auf der Suche nach Alternativen mit zunehmender Dauer des Problems zunimmt. Dies gilt nicht zuletzt, da die in vielen Modellen verwendeten Durchschnittszinssätze nachlaufend über mehrjährige Zeitintervalle gebildet werden und sich ein niedriger Zinssatz so erst langsam in das Portfolio oder die, wie in der Versicherungswirtschaft, dagegen stehende Abzinsung der Verbindlichkeit einschleicht. Entsprechend hoch ist mittlerweile die Nachfrage nach Produkten, die den unter Ertragsdruck stehenden Anlegern Abhilfe versprechen.

Rekordverdächtige Mittelzuflüsse für Anbieter von Alternative Assets

Der Anlagenotstand zeigt sich im Segment der Alternative Assetmanager mit starken Marktteilnehmern in den USA und der Schweiz sowie zuletzt auch mit einem weiteren aus Nordeuropa besonders ausgeprägt in Form von rekordverdächtigen Nettomittelzuflüssen. Der US-Marktführer konnte in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 150 Milliarden US-Dollar Kapital einsammeln. Gerade im Vergleich zu den bislang in diesem Segment verwalteten Mitteln (USA: ca. 4,7 Billionen) ist dies mehr als signifikant. Die Kehrseite der Medaille ist der Druck, mit dem diese Gelder investiert werden müssen. Dies ist in einem auf illiquide Investments fokussierten Markt umso anspruchsvoller. Im Zuge dieses Anlagedrucks sinkt auch die zukünftig zu erwartende Rendite – von historisch rund 10 Prozent auf zukünftig eher 6 Prozent –, wenngleich sie relativ zur Rendite der regulären Zinsmärkte weiter sehr attraktiv bleibt.

Für den Verwalter der Gelder ist vor allem die Laufzeit der Produkte attraktiv: Mit einem planbaren Zeitrahmen von etwa zehn Jahren ergibt sich so ein prognostizierbarer Ertragsstrom aus Gebühren mit ergänzenden performanceabhängigen Komponenten. Ferner gibt es einen Trend gerade im Segment der geschlossenen Immobilienfonds, die klassische Laufzeitkomponente gegen ein unbegrenztes Konzept zu tauschen. Dies würde mit der Laufzeitverlängerung und höheren Anteilen wiederkehrender Erträge die Produkte für den Verwalter noch attraktiver machen.

Bislang ist das Anlageuniversum der Alternatives primär institutionellen Investoren zugänglich. Im US-Markt wird jedoch gerade daran gearbeitet auch Produkte auf den Markt zu bringen, die es einer breiteren Investorengemeinde ermöglichen würden zu investieren. Unterstrichen wird das sehr gute Momentum des Sektors auch durch den jüngst erfolgten, sehr erfolgreichen Börsengang eines Hauses aus dem Private Equity-Segment in Nordeuropa. Das Umfeld des „Anlagenotstands“ durch die geringen Zinsen wird auf absehbare Zeit bestehen bleiben, entsprechend positiv sind die Perspektiven für das Segment der Alternative Assetmanager.

Aktien und Anleihen: zwei Trends treiben Assetmanager

Das Segment der Assetmanager für an Märkten gehandelte Aktien und Anleihen wird primär von zwei Themenkomplexen dominiert. Zum einen vom Trend zu Produkten mit passivem Ansatz und niedrigen Kosten. Dieses Segment der ETF-Anbieter wuchs damit überproportional und allein im US-Markt in den letzten neun Jahren mit einer jährlichen Wachstumsrate von nahezu 18 Prozent. Hier hat aber längst ein harter Preiskampf begonnen. Er hat gerade bei gängigen unterliegenden Indizes wie dem S&P 500 dazu geführt, dass Fonds mit einer Gebühr von null Basispunkten zu haben sind. Gewinne werden hier mit den gehaltenen Aktienbeständen auf anderem Weg erzielt. Insofern ist der Margendruck bei Standardprodukten deutlich spürbar – und dem muss mit mehr Innovation begegnet werden, etwa mit Smart-Beta-Produkten.

Der zweite wichtige Themenkomplex ist die erwartete Wachstumsdynamik in Asien in den kommenden Jahren. Dort sollen sich die verwalteten Vermögen laut Prognosen von PWC auf 29,6 Billionen nahezu verdoppeln. Skaleneffekte, regionaler Fokus und Innovation sind für die Assetmanager in diesem Segment der Schlüssel zum Erfolg. Gerade die hohe Relevanz der Skaleneffekte führt hier auch zu aktiver Konsolidierung, besonders im noch relativ fragmentierten europäischen Markt. Strukturell ist der Markt für die langfristigen Gewinner jedoch durch die zu erwartenden Marktwachstumsraten hoch attraktiv.

Zahlungsdienstleister weiter auf Gewinnerseite

Aus der Welt des bargeldlosen Bezahlens sind Zahlungsdienstleister bzw. Payment Service Provider (PSP) nicht mehr wegzudenken: Zahlungsdienstleister nehmen die elektronischen Zahlungstransaktionen zwischen Händlern und Kunden entgegen, authentifizieren diese und wickeln die Transaktion ab. Da sich der PSP mit diversen Zahlungs- und Kartennetzwerken sowie Acquiring-Banken verbinden kann, wird der Händler bei der Verwaltung von Transaktionen unabhängiger von Finanzinstitutionen und kann Transaktionen transparenter abwickeln. Die wesentlichen Vorteile des Händlers ergeben sich allerdings aus den verschiedensten Betrugspräventionsmaßnahmen der Zahlungsdienstleister. Sie schützen den Händler und den Kunden vor betrügerischen Transaktionen und übernehmen im Regelfall das komplette Risiko sowie die Haftung bei der Abwicklung. Diese Vorteile ermöglichen einen gewissen Vertrauensbonus bei den Verbrauchern und erhöhen die Akzeptanz bargeldloser Transaktionen sowohl im stationären Handel als auch beim Onlineshopping.

Moritz Rehmann, DJE

Geschäft boomt, Treiber sind die Schwellenländer

Um Händler vertikal im kompletten Zahlungsvorgang zu unterstützen, bieten viele  Zahlungsdienstleister außerdem zusätzliche Softwarelösungen an. Diese können helfen, die kompletten Zahlungsströme aufzuzeichnen und zu analysieren. Den größten Anteil verdient ein Zahlungsdienstleister allerdings an den Transaktionen: Die Gebühren werden zwar relativ strikt reguliert, gestalten sich aber je nach Zahlungsmethode, Käufer oder Produkttypus unterschiedlich. Gepaart mit hohen strukturellen Wachstumsraten durch den Trend hin zum bargeldlosen Bezahlen, können Zahlungsdienstleister so relativ hohe Margen erreichen.

Das Geschäft boomt. Verbraucher zahlen weltweit immer weniger mit Bargeld, wodurch die Volumina von Karten- und Onlinezahlungen rasant steigen. Die Unternehmensberatung McKinsey prognostiziert, dass die Transaktionsvolumina im Zahlungsverkehr weltweit von zuletzt knapp 1,9 Billionen US-Dollar jährlich auf gut 2,9 Billionen US-Dollar im Jahr 2022 nach oben schnellen werden. Ein Wachstumstreiber sind hier die Schwellenländer, in denen immer mehr Verbraucher Zugang zu Bank- und elektronischen Zahlungsdienstleistungen erhalten.

Deutschland hat noch Aufholpotenzial bei bargeldlosem Bezahlen

Obwohl schon heute die Hälfte der deutschen Kunden bargeldlos bezahlt, sind sie im internationalen Vergleich immer noch Bargeldliebhaber. Bei der Anzahl bargeldloser Zahlungen liegt Deutschland mit 212 Transaktionen jährlich pro Kopf im europäischen Vergleich auf Rang 15. Es gibt also noch viel Luft nach oben. Zum Vergleich: In Norwegen ist die Anzahl bargeldloser Zahlungen mehr als doppelt so hoch und liegt bei rund 545 Zahlungen pro Kopf pro Jahr. In den USA sind die Kreditkartenumsätze pro Kopf im Schnitt sogar mehr als siebenmal so hoch wie die in Deutschland.

Allerdings sieht man auch hierzulande einen deutlichen Trend hin zum bargeldlosen Bezahlen. Laut dem Branchenverband Bitkom wären 44 Prozent der Deutschen bereit, gänzlich auf Bargeld zu verzichten. Dieser Trend ist auch vom Erfolg des Mobile Payments in Deutschland getrieben. Mobile Payment ist in den letzten Jahren gut angelaufen und immer mehr Händler bieten kontaktloses Bezahlen an.

Fazit: Konsolidierung im Zahlungssektor bietet Investitionsmöglichkeiten

Im Jahr 2019 setzte sich der Trend zur Konsolidierung aufgrund des wachsenden Wettbewerbs im Zahlungs- oder Payment-Sektor fort und ermöglichte somit allein in den USA Übernahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. An den Banken ging die neue Entwicklung der Zahlungsdienstleistungsbranche bislang allerdings vorbei. Sie können die innovative und hochgradig technische Entwicklung nicht mehr für sich abbilden und räumen das Feld für die großen Tech-Konzerne. Diese interessieren sich immer mehr für den digitalen Zahlungsverkehr und investieren hohe Summen in Forschung und Entwicklung, um vom wachsenden Kuchen ein Stück abzubekommen. Der strukturelle Trend hin zu mehr bargeldlosem Bezahlen bietet für Anleger also interessante Investitionsmöglichkeiten in zukunftsträchtige Aktien der renditestarken und digital vernetzt wirtschaftenden Zahlungsdienstleister.

Fotos: DJE

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